Was ist die Seele des Menschen?
WAS IST DIE SEELE DES MENSCHEN? Diese Frage beantwortet in einem nachtodlichen Zwiegespräch mit dem Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817), der Weltweisheit und Arzneikunde Doktor, lebzeitig bis 1803 Professor für ökonomische Wissenschaften an der Universität Marburg/Lahn, dort auch Lehrbeauftragter für operative Augenheilkunde an der Medizinischen Fakultät; davor bis 1787 Professor für angewandte Ökonomik – mit Einschluss der Tiermedizin – an der Universität Heidelberg und vorher seit 1778 in gleicher Bestellung an der Kameral Hohen Schule zu Kaiserslautern, ehedem Gründungsmitglied der Geschlossenen Lesegesellschaft zu Elberfeld, dort auch Arzt für Allgemeinmedizin, Geburtshilfe, Augenheilkunde und seit 1775 behördlich bestellter Brunnenarzt sowie Lehrender in Physiologie; der Kurpfälzischen Ökonomischen Gesellschaft in Heidelberg, der Königlichen Sozietät der Wissenschaften in Frankfurt/Oder, der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft in Mannheim, der Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste in Kassel der Leipziger ökonomischen Sozietät sowie auch seit 1781 bis zum Verbot sämtlicher Geheimgesellschaften im kurpfälzisch-bayrischen Herrschaftsgebiet durch Erlass aus München vom 22. Juni 1784 der erlauchten Zu Köln am Rhein an einem Maientag zur Gedächtnishülfe sogleich in Stichworten aufgeschrieben. Hernächst dank des Beistandes von Engel Siona geflissentlich in schlüssigen Zusammenhang, jambischen Vers und in paarige Reime gebracht und schlussendlich, durchdrungen von der Wichtigkeit der Botschaft, diese gemeinen Nutzens zu Gut ins Internet gestellt, alle Leser dabei gÖttlicher getreuer Obhut und beständigen englischen Schutzes angelegentlichst empfehlend Tubrav Immergern ₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪ Markus-Gilde, Siegen © 2012 Markus-Gilde, Postfach 10 04 33, 57004 Siegen (Deutschland). http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling —— info@jung-stilling-gesellschaft.de |
Gang zur Zentralbücherei in Köln
Spätmorgens gegen Ende Mai
Schritt ich in Köln zur Bücherei,
Die liegt dem Neumarkt vis-à-vis;
Ich wollte leihen mir allhie
Ein Buch, das einst Karl Dalberg1 schrieb
Und lesenswert bis heute blieb.
Gefahr zu meiden durch Verkehr,
Ging ich die Unterführung her,
Die ganz den Neumarkt hier durchmisst,
Zur U-Bahn auch der Zugang ist.
Es war halb zwölf am Vormittag
Und viel Betrieb hier untertag.
Beständig kommen Züge an,
Aus denen flugs entquellen dann
Meist Frauen, die in grossen Scharen
Hierher nach Köln zum Einkauf fahren.
Geschäfte es dort unten gibt,
Kioske auch, die sehr beliebt.
So herrscht um diese Zeit meist Enge,
Gewimmel, Zulauf und Gedränge.
Jung-Stilling zeigt sich
Jetzt kam grad von der U-Bahn her
Entgegen mir ein halbes Heer.
Drum hielt ich mich weit rechts am Rand,
Dass mich nicht umstösst ein Passant.
Da fällt mir auf, wie aus der Menge
Ein Herr ragt hoch um Meterlänge!
Er tritt zu mir in einem Sprung:
Ganz ohne Zweifel Hofrat Jung!2
Die Leute nehmen offenbar
Jung-Stilling dinghaft gar nicht wahr:
Kein einziger sich daran kehrt,
Dass jäh er aus der Reihe schert.
“Mein Stilling-Freunnd3, ich grüsse euch!”,
Sprach er gepresst und voll Gekeuch:
“Verzeiht: den Atem ich verlor,
Als schritt die Treppe ich empor.
Vermutlich lief ich viel zu schnell,
Was meide sonst ich prinzipiell.
Indes ich euch noch treffen wollte:
Nur deshalb ich mich so sehr trollte.”
Verbraucht ein Geist Energie?
“Herr Hofrat4 Jung, ich danke ihnen,
Dass sie heut morgen mir erschienen.
Sie sind ja hier in Geist-Gestalt,
Sonst wären sie doch aufgeprallt
Als eben schnellten sie mit Schwung
Zu mir hierher in einem Sprung.
Warum sind ausser Atem sie?
Verbraucht ein Geist denn Energie?” —
(1) Herr Tubrav: wie ein Geist sich zeigt,
Was eigen ihm, wozu er neigt;
Ob so im Körper, wie er war
Den Menschen bietet er sich dar;
Ob ganz in Himmels-Licht verklärt
Die Welt ihn sieht jetzt und erfährt;
Ob diesem er und jenem nicht
Zu gleicher Zeit kommt zu Gesicht;
Ob der ihn hört, doch der ihn sieht
Samt allem, was sonst noch geschieht,
Hängt ab von seinem Wollen nicht:
Es darin ihm an Macht gebricht.
Allein der HErr nur ordnet an,
Wie sich ein Geist hier zeigen kann.5
Dass ich bin ganz im Körper jetzt,
In Staunen hat selbst mich versetzt.”
Was ist der Ursprung der Seele?
“Herr Hofrat: eine Frage gleich
Zu diesem wichtigen Bereich!
In ihren Schriften sie verhehlen
Durchweg den Ursprung unsrer Seelen.
Entsteht die Seele aus dem Samen,
Wenn Paare drum zusammenkamen?
Spriesst Seele wie ein Keimling auf?
Ist Zeugung gleichsam Stapellauf?” —
“Lest nach in einer Mussestunde,
Was schrieb ich in der ‘Geister-Kunde’
Im Paragraphen achtzig hier:
Erklärt sehr vieles findet ihr.6
Seele entsteht nicht durch Zeugung
Zunächst einmal ist es Humbug
Was hängten manche überklug
Als ‘Seelen-Spross’ der Zeugung an:
Darüber ich nur lachen kann!
Wie sollte je das Fleisch erschaffen
Den Geist, zu dem doch Welten klaffen?
Wie können von den Eltern-Seelen
Denn Teile, Stücke sich wohl schälen,
Aus denen fängt zu leben an
Flugs eine neue Seele dann?
Man denkt wohl in Analogie
An Elemente der Chemie,
Die irgend sich zusammenfinden
Und nach Gesetzen fest verbinden.
Es leuchtet wohl dem Dümmsten ein,
Dass hier dies keineswegs kann sein.
GOtt erschafft jede Seele
Der Wahrheit es entspricht exakt,
Dass GOtt in einem Schöpfungs-Akt
In Liebe ohne Parallele
Erschuf frei jede Menschen-Seele.”7
Herkunft der Seelen aus der Ewigkeit
“Verzeihen sie, wenn ich jetzt spreche
Und jählings sie hier unterbreche!
Sie sagten, GOtt geschaffen habe
Die Seelen einst als Liebes-Gabe.
Wo sind die Seelen jener dann,
Die heut zu leben fangen an?” –
“Mein lieber Stillings-Freund: die Zeit
Für GOtt ist gleich der Ewigkeit.
Denn völlig anfangslos ist ER
Und hat ein Ende nimmermehr.
Auch ändert niemals sich SEin Sein.
ER zeit=los deshalb ist allein.8
Die Ewigkeit lässt den Vergleich
Mit Zeit nicht zu, weil der Bereich
Der Dauer hier entscheidend ist:
Beharrn im Dasein: eine Frist.
Um auszudrücken es genauer:
Die Körperwelt hat eine Dauer;
Doch GOtt schliesst jede Dauer aus,
Drum wird die Ewigkeit daraus.
Wenn Zeiten nun von GOtt wir sagen,
Bezieht sich dies ganz ohne Fragen
Auf Dinge bloss aus SEiner Hand,
Die ER in Zeit und Raum umspannt.9
Die Seele mithin GOtt gibt ein
Auf dass im Körper sie erschein
Aus SEinem Sein, das zeit=los ist
In Raum und Zeit für eine Frist”10 –
“Ist Seele zeit- und körperlos?
Wann trifft sie ein im Mutterschoss?
Ich fürders gern von ihnen wüsste,
Wie Seele man beschreiben müsste.”
Wesensmerkmal des Leibes
Gern will ich euch zu diesen Fragen
Zur Antwort Grundlegendes sagen.
Der Leib hat in Milliarden Jahren
Die jetzige Gestalt erfahren.
Er ist, wie alle Kreatur,
Vollauf im Zeit-Takt der Natur.11
Der Mensch muss schlafen, trinken, essen,
Ist unterworfen den Prozessen
Des Stoffaustauschs, der Energie:
Physik erklärt dies und Chemie.
Wesensmerkmal der Seele
Die Seele kommt aus GOttes Hand:
Ihr Anfang daher ist bekannt.
Sie ist nicht zeit=los, end=los doch,
Das heisst: in aller Zukunft noch.
Es ist somit der Seele Zeit
Von Null bis plus unendlich weit.
Substanzbegriff
Zunächst ein wenig Kniffelei
Als Antwort, was die Seele sei.
Was in sich, für sich hat ein Sein,
Drum eigenständig ihm allein,
Was ist, besteht bloss für sich ganz,
Das nennt gemeinhin man ‘Substanz’.
Substanz ist Seele solcherlei.
Als Eigenschaften zählt man bei:
Lebendig, ohne Stofflichkeit,
Als Wesen – Sein – im Geisteskleid;
In einen Körper eingespannt,12
Doch ohne Leib auch von Bestand.13
Die Seele Urgrund ist des Lebens:
Sein Anlass, Anfang auch beinebens.
Schichten der Seele
Auch Tiere eine Seele haben
Und drum lebendig sich gehaben.14
Vitale Seele nennt man sie,
Des Lebens Grund, Entelechie.15
Im Zweck ist dahin sie verpflichtet,
Dass sie den Organismus richtet:
Sie lenkt und steuert, sie bestellt,
Dass wächst er, mehrt sich und erhält.16
Wie klar, Herr Tubrav, ich bekunde
In meinem Werk zur Geister-Kunde,
Ist eine zweite Seelen-Stufe
Geschaffen bloss zu dem Behufe,
Dass riecht man, schmeckt; auch fühlt und hört
Nebst dem, was Sinnen zugehört.
Genau so wie als Menschen wir,
Hat Sinnen-Seele auch das Tier,
Wiewohl man Unterschiede findet
In dem, wie sinnlich es empfindet.17
Vitale Seele tat ich dar,
Auch Sinnen-Seele ward euch klar.
Die dritte Schichtung schliesst sich an,
Die nur für Menschen GOtt ersann:
Die Geistes-Seele nennt man sie,
Vernunft durch sie uns GOtt verlieh.18
Das Denken, Streben, GOtt-Erkennen,
Mit Namen Dinge auch benennen,19
Bewusstsein, dass wir Menschen sind,
Dass jeder sich als Selbst empfind;
Dass Handeln lenkbar ist durch Wille,
Kurzum: des Geistes reiche Fülle
Funktion der Geistes-Seele bleibt:
Uns Ähnlichkeit mit GOtt verleiht.20
Vitale Seele im Erbgang bestimmt
Ich sagte eingangs, dass das Fleisch
Dem Geiste nie kann werden gleich;
Drum Zeugung es nicht schaffen könne,
Dass eine Seele draus entrönne.
Nun möchte ich doch nicht bestreiten,
Dass Ei und Same schon bereiten
Vitale Seele: sind Regie
Für Lebens-Gang, Entelechie.
Des Körpers Bau, Gestalt und Form,
Die bio-chemisch strenge Norm
Liegt in den Genen als Substanzen
Bei Menschen, Tieren wie auch Pflanzen.
Aminosäuren in den Samen
Bestimmen hier den Lebens-Rahmen.
Weil GOtt lässt dieses so gedeihn,
Muss heilig uns schon Leben sein,
Das bildet sich nach SEinem Rufe
Auf dieser untren Seelen-Stufe.
Auch die Sinnen-Seele ist erblich bedingt
Wenn nun im Erbgang wird bestimmt
Gestalt und Form, die jemand nimmt,
Dann auch die Sinnen-Seele muss
Geprägt sein schon im Habitus.
Organisch ist dies oft bedingt:
Das Werkzeug hier die Sinne zwingt.
Wer taub ist oder blind geboren,
Dem sind Gehör, Gesicht verloren.
Doch wie Freund Lavater tat dar,21
Beziehung gibt es offenbar
Auch zwischen Körperbau und Art,
Wie sinnlich etwas man gewahrt.
Beim Kind kann oft man früh schon sehen,
Wie Menschen-Typen so entstehen.
Allein, es wirkt hier freier Wille,
Nicht zwingend ein Natur-Gedrille!
Singularität und Individualität des Menschen
Dass wir sind GOttes Ebenbild:
Für uns Vernunft und Wille gilt,
Dass stehn wir in besondrem Glanze
Erhaben über Tier und Pflanze,
Weil uns es möglich ist zu beten:
Mit GOtt so ins Gespräch zu treten;
Dass gar wir angenommen sind
Von GOtt einjeder als SEin Kind
Ist doch, mein Stillings-Freund, mitnichten
Funktion der untren Seelen-Schichten!
Hier zeigt sich vielmehr licht und tief,
Wie GOtt den einzlnen zu SIch rief.
Wann entsteht der einzelne Mensch?
Nun wollt, Herr Tubrav, wissen ihr,
Wann GOtt die Seele etablier.
Belastet ist mit Schwierigkeit
Die Antwort deshalb, weil in Zeit
Ein Akt von GOtt zu rechnen ist,
Doch GOtt sich ewig ja bemisst!
Ich habe vorhin euch vermehrt
Ja über Zeit schon aufgeklärt.
Als Arzt zwei Zeichen lasset mich
Erwähnen hier nun sonderlich.
Beweglichkeit zunächst; das meint:
Der Embryo – das Kind, das keimt –
Vermag von selbst sich zu bewegen,
Kann Körperteile, Glieder regen.
Sodann die Fähigkeit zum Leben,
Sich andren Menschen hinzugeben
Als Möglichkeit am Anbeginne
Zu nutzen das System der Sinne.
Die beiden Fakten Einblick werfen
Auf den Entwicklungs-Stand der Nerven.
Vom Leib zum Kopf nun Reize streichen,
Gehirn kann Muskeln auch erreichen.
Empfindung ist bereits nun da,
Bewegung willentlich geschah.22
Dies man als Punkt erkennen sollte,
Da Geistes-Seele sich entrollte.”
Embryo ist bereits Person
“Sie öffnen ja, Herr Hofrat Jung,
Grad Tor und Tür der Abtreibung!
Ich sehe hier die Konsequenzen.
Es fallen nunmehr alle Grenzen
Zum Schutz des Menschen aufgerichtet:
Das Leben wird noch mehr vernichtet!” –
“Mein Stillings-Freund: ein neues Thema
Macht ihr aus meinem Seelen-Schema!
Wenn wir darüber reden wollten,
Viel Zeit wir dazu haben sollten.
Für heute bloss ganz kurz daher
Ich eure Achtsamkeit begehr.
Vitaler Seele eignet schon
Ein Wert als Vor-Form der Person.
Die Würde eines Fötus steigt
Im Grad, wie sich Entwicklung zeigt.
Ihn gilt es daher stets zu schützen
Und alles tun, um ihm zu nützen.
Güterabwägung ist notwendig
Doch, Tubrav, wäre es nicht gut,
Den Wert zu sehen absolut:
Zu tun, als ob von der Natur
Dem Fötus wären Rechte nur!
Nicht bloss dem ungebornen Kind:
Auch andren Menschen Werte sind;
Dazu auch Gruppen von Personen
Besondre Rechte innewohnen.
Sobald nun Rechte sind verzwickt,
Ein Anspruch drum erzeugt Konflikt,
Gilt stets es sauber abzuwägen,
Wo wohl die grössren Rechte lägen.
Das Recht des Fötus auf sein Leben
Darf nie man zum Axiom erheben;
Wie umgekehrt die Pflicht besteht
Auf seinen Schutz, soweit es geht.
Recht des Ungeborenen steigt mit Wachstum
Verhältnisgleich zum Wachstum steigt
Das Recht, das sich am Fötus zeigt.
Ist Geistes-Seele ihm gegeben,
So hat er voll nun Teil am Leben.
Er nimmt jetzt ein die Position
Wie jede lebende Person.
Konflikt, ob Mutter oder Kind
Im Grenzfall zu erhalten sind
Zu lösen ist, als wären sie
Erwachsen beide vis-à-vis.
Erinnern will ich euch daran,
Wie kam deswegen ich in Bann.23
Jung-Stilling verspricht Hilfe bei der Niederschrift
Ich hoffe, Tubrav, ihr versteht,
Wenn nunmehr ich von dannen tret.
Gesprochen haben wir heut lang;
Es ist mir daher um euch bang.
Kann euch es im Gedächtnis bleiben?
Könnt gar ihr es auch niederschreiben?” –
“Herr Hofrat Jung! Mir ist zumut,
Als ob heut mein Gedächtnis ruht.
Sie sprachen eben ja so schwer;
Sehr Wichtiges auch zwischenher.
Ich fürchte, dass ein Zehntteil bloss
Berichten kann ich fehlerlos.” –
“So viel ist, Tubrav, euch entglitten?
Nun gut: ich will Siona24 bitten,
Dass sie beim Niederschreiben nützt,
Euch auch beim Reimen unterstützt.
Es sollte heute jeder Christ,
Vor allem auch der Pietist25,
In diesen Fragen sehen klar,
Erkennen, was bloss Trug, was wahr;
Sich hüten auch, blindlings zu johlen
Auf Kirchentagen gar Parolen.”27
Jung-Stilling entschwindet; die Zeit blieb stehen
Jung-Stilling reichte mir die Hand,
Umarmte kurz mich und verschwand
Zurück in jene Menschen-Schar;
Sogleich dort eingetaucht er war.
Ich schaute auf die Armbanduhr:
Halb elf war es noch immer nur!
Obgleich wir lang uns unterhielten,
Die Uhren ihren Stand behielten:
Die Zeit sprang nicht, stand still, blieb stehen;
Ich sollte wohl auch hieraus sehen,
Dass Zeit, gebunden an die Erde,
Bei Geistgestalten nichtig werde.
Karge Notizen in der Zentralbücherei
Kaum war ich in der Bücherei,
Da holte ich ein Blatt herbei.
Zu Protokoll alsbald ich nahm
Soviel mir ins Gedächtnis kam
Von dem, was Stilling eben sprach,
Dass nütze es mir für danach,
Wenn ganz ich wiedergeben wollte,
Was Stilling alles mir entrollte.
Ich brauchte keinen zweiten Bogen:
Dahin fast alles und entflogen!
Enttäuscht – voll Wut auch über mich –
Schob weg das Blatt ich ärgerlich.
Engel Siona veranlasst Fertigstellung
Zwei Wochen später es geschah,
Dass drängte mich Geist Siona24
Die Niederschrift hervorzuholen
Damit er, wie ihm ward befohlen,
Was fehlt bei mir, ergänzen könne
Und mit dem Reimen auch begönne.
So habe ich in einer Nacht
Das alles zu Papier gebracht.
Die Verse standen rasch in Reih,
Da Stillings Engel mir stand bei.
Hier liest man nun, was Hofrat Jung,
Legt nah uns zur Beherzigung.
Bald bracht ich den Bericht komplett
Zum Download auch ins Internet,
Damit sich alle Stillings-Treuen
An dieser Botschaft recht erfreuen.
Das herkömmliche Lästergespei wird erwartet
Doch jene, die sich regen auf,
Zerbersten schier in Wut-Geschnauf,
Weil ihr beschränkter, karger Geist
Allein um das, was irdisch kreist:
Beschimpfen Siona als Meister
Verdammter, böser Lügengeister,
Die nennen Tubrav frech Kumpan
Des Teufels: diesem untertan:
Die tuen selbst sich bestens gut,
Wenn richten ganz sie Zorn und Wut
Mit voller Kraft geflissentlich
Flugs auf ihr selbstbewusstes Ich.
Auch sollten sie sich regen auf
Ob dessen, was derzeit zu Hauf
An Üblem, Frechen, Hass-Erguss
Nebst Sex und Crime im Überdruss
Durch Medien stündlich wird verbreitet:
Dem Teufel so der Weg bereitet.
Doch sie zu schelten liegt ganz fern
Dem Sinn von Tubrav Immergern,
Der fest auf ihre Einsicht baut,
Dem Sieg der Wahrheit auch vertraut.
Anmerkungen, Hinweise und Quellen
* Grafschaft Leisenburg = bei Jung-Stilling das ehemalige Fürstentum Nassau-Siegen (mit der Hauptstadt Siegen); – durch Erbfolge ab 1743 Teil der Nassau-Oranischen Lande (mit Regierungssitz in Dillenburg, heute Stadt im Bundesland Hessen); – im Zuge der territorialen Neuordnung Deutschlands durch den Wiener Kongress ab 1815 Bezirk in der preussischen Provinz Westfalen (mit der Provinzhauptstadt Münster); – nach dem Zweiten Weltkrieg von 1946 an bis heute Bestandteil im Kreis Siegen-Wittgenstein des Regierungsbezirks Arnsberg im Bundesland Nordrhein-Westfalen in der Bundesrepublik Deutschland (mit der Landeshauptstadt Düsseldorf). – Über 70 Prozent der Kreisfläche sind Wälder; Siegen-Wittgenstein steht damit an der Spitze der Bewaldungsdichte in Deutschland.
Salen = bei Jung-Stilling die ehemalige fürstliche Residenzstadt Siegen, heute Universitätsstadt mit etwa 110’000 Bewohnern, am Oberlauf der Sieg (dort 240 Meter über dem Meeresspiegel) gelegen. Die Sieg ist ein 155,2 Kilometer langer, rechter Nebenfluss des Rheins. – Die nächst grösseren Städte von Siegen sind, in der Luftlinie gemessen, im Norden Hagen (83 Kilometer), im Südosten Frankfurt am Main (125 Kilometer), im Südwesten Koblenz (105 Kilometer) und im Westen Köln (93 Kilometer).
Siehe Karl Friedrich Schenck: Statistik des vormaligen Fürstenthums Siegen. Siegen (Vorländer) 1820, Reprint Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1981 sowie Theodor Kraus: Das Siegerland. Ein Industriegebiet im Rheinischen Schiefergebirge, 2. Aufl. Bad Godesberg (Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung) 1969 (Standardwerk mit vielen Karten, Übersichten und Rückblenden auf den Entwicklungsverlauf; leider auch in der Zweitauflage ohne Register).
Im wirtschaftsgeschichtlich bemerkenswerten Siegerland ist der hochintelligente und vielseitig begabte Jung-Stilling (siehe Anmerkung 2) geboren, herangewachsen und hat auch seine ersten beruflichen Erfahrungen als Köhlergehilfe, Schneider, Knopfmacher, Vermessungs-Assistent, Landarbeiter, Schulmeister und Privatlehrer gesammelt.
1 Gemeint sind die trotz widriger Zeitumstände damals in vier Auflagen erschienenen “Betrachtungen über das Universum”. – Karl Theodor Reichsfreiherr von Dalberg (1744–1817) war Erzkanzler und Primas von Deutschland, Kurfürst von Mainz, Bischof von Konstanz und Regensburg, Fürst-Primas des Rheinbundes und Grossherzog von Frankfurt; siehe Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 24, S. 703 ff. (verfasst von Karl Georg Bockenheimer) sowie ausführlicher August Krämer: Karl Theodor von Dalberg, vormaliger Grossherzog von Frankfurt, Fürst-Primas und Erzbischof, 2. Aufl. Gotha (Becker) 1818. – Siehe auch bei den “Nachtodlichen Belehrungen zu Persönlichkeiten” die Datei “Dalberg und Stilling” unter der Adresse <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling>
Bischof von Dalberg nahm gemäss Artikel 4 der Rheinbunds-Akte vom 12. Juli 1806 den Titel “Fürst-Primas” (Prince-Primat) an. – Jung-Stilling schätzte den hoch gebildeten, weit gereisten und toleranten Karl Theodor von Dalberg ausserordentlich und widmete ihm seine 1787 erschienene Schrift: “Blicke in die Geheimnisse der Natur=Weisheit.”
Siehe auch die Literaturzusammenstellung der Schriften Dalbergs sowie über ihn bei Manfred Brandl: Die deutschen katholischen Theologen der Neuzeit, Bd. 2: Aufklärung. Salzburg (Neugebauer) 1978, S. 37 f. sowie Hans-Bernd Spies: Johann Heinrich Jung-Stilling und Carl von Dalberg, in: Siegerland, Bd. 76 (1999), S. 125 ff. und auch Jacques Fabry: Kosmologie und Pneumatologie bei Jung-Stiling. Der “theosophische Versuch” und die “Blicke in die Geheimnisse der Naturweisheit.” Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft2006
2 Geheimer Hofrat Professor Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817), der Weltweisheit (Philosophie [Universität Heidelberg, ehrenhalber 1786]) und Arzneikunde (Medizin [Universität Strassburg, Promotion 1772]) Doktor. Dieser wurde in der letzten Zeit wiederholt auf Erden gesehen.
Siehe zum Wiedereintritt Verstorbener in diese Welt Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde, in einer Natur= Vernunft= und Bibelmäsigen (so) Beantwortung der Frage: Was von Ahnungen, Gesichten und Geistererscheinungen geglaubt und nicht geglaubt werden müße (so, also mit Eszett). Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1808 (Reprint Leipzig [Zentralantiquariat der DDR] 1987), S. 220 ff. – Dieses Werk von Jung-Stilling wurde seit seinem Erstdruck in vielen Ausgaben veröffentlicht und auch ins Englische, Schwedische, Französische und Niederländische übersetzt; siehe die Zusammenstellung bei Klaus Pfeifer: Jung-Stilling-Bibliographie Siegen (J. G. Herder-Bibliothek) 1993 (Schriften der J. G. Herder-Bibliothek Siegerland, Bd. 28).
Vgl. zu diesem Themenkreis auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Geister, Gespenster und Hades. Wahre und falsche Ansichten, hrsg. und eingel. von Gerhard Merk. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1993 (Jung-Stilling-Studien, Bd. 2). sowie Martin Landmann: Ahnungen, Visionen und Geistererscheinungen nach Jung-Stilling. Eine ausdeutende Untersuchung. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, als Download-File unter der Adresse <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling> abrufbar.
Siehe die entsprechenden Erlebnis-Berichte (soweit diese im Druck erschienen bzw. veröffentlicht sind) bei – Treugott Stillingsfreund: Erscheinungen im Siegerland. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1987, S. 12 (zu Siegen, wo Jung-Stilling als junger Mann bei dortigen Unterbehörden mehrfach zu tun hatte), S. 18 (zu Frankfurt am Main, wo Jung-Stilling zu Lebzeiten öfters weilte und dort Augenkranke operierte), S. 34 (zu Marburg an der Lahn, wo Jung-Stilling von 1787 bis 1803 als Lehrer für Ökonomik wirkte, daneben aber auch ophthalmologische Lehrveranstaltungen an der medizinischen Fakultät abhielt), S. 41 (zu Hilchenbach-Müsen im Kreis Siegen-Wittgenstein; Jung-Stilling besuchte in Hilchenbach die Lateinschule), S. 48 (im Zentrum der Stadt Siegen), S. 88 (zu Rom in recht verzweifelter und äusserst beschämender Lage).
Weitere Nachrichten finden sich bei – Gotthold Untermschloß: Begegnungen mit Johann Heinrich Jung-Stilling. Siegen (Kalliope Verlag) 1988, S. 9 (zu Wuppertal, wo Jung-Stilling zu Lebzeiten sieben Jahre als Arzt, Geburtshelfer und Augenarzt praktizierte), S. 16 (zu Heidelberg, allwo Jung-Stilling von 1784 bis 1787 als Professor an der Universität lehrte, und wo er später noch einmal von 1803 bis 1806 wohnte), S. 22 (zu Braunschweig, wo Jung-Stilling zu seiner Zeit hienieden 1801 weilte und mehrere Augen-Operationen vornahm), S. 31 (zu Lausanne am Genfer See), S. 40 (zu Salzburg), S. 50 (zu Lahr), S. 56 (zu Burgdorf im Kanton Bern, wo Jung-Stilling auf drei Reisen Starblinde operierte), S. 79 (zu Mannheim, wo Jung-Stilling zu seiner irdischen Zeit den regierenden Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern, den Statthalter der Kurpfalz Franz Albert von Oberndorff und einige einflussreiche Hofbeamte persönlich kannte, und wo er Mitglied der [literarischen] “Teutschen Gesellschaft” war), S. 90 (im Herzen von Wien), S. 101 (zu Stuttgart, wo Jung-Stilling zu Lebzeiten 1801 und 1802 Augenkranke operierte und zahlreiche Freunde hatte), S. 113 (zu Hamburg), S. 125 (im Alten Botanischen Garten zu München) sowie bei – Glaubrecht Andersieg: Allerhand vom Siegerland. Siegen (Höpner Verlag) 1989, S. 41 (auf einem Wanderweg im Siegerland), S. 188 (zu Neunkirchen/Siegerland).
Erscheinungs-Berichte sind fernerhin aufgezeichnet bei – Christlieb Himmelfroh: Jung-Stilling belehrt. Kirchhundem (AK-Verlag) 1991, S 11 (zu Siegen), S. 75 (zu Kreuztal-Krombach am Grabe von Jung-Stillings Patenonkel, dem fürstlich-oranischen Oberbergmeister Johann Heinrich Jung [1711–1786], der prägend auf ihn einwirkte), S. 100 (an einem Autobahn-Rastplatz), S. 117 (zu Berlin), S. 134 (zu Essen), S. 146 (zu Wien) und S. 158 (zu Marburg an der Lahn) sowie bei – Haltaus Unverzagt: Hat Jung-Stilling Recht? Protokolle nachtodlicher Belehrungen. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1993 (Jung-Stilling-Schriften, Bd. 2), S. 7 (im Hochgebirge), S. 47 (zu Leipzig, wo Jung-Stilling zu Lebzeiten 1803 und 1804 auf Operationsreisen weilte), S. 91 (im Schnellzug).
Weitere veröffentlichte Niederschriften von neueren Gesprächen mit Jung-Stilling kann man unter anderem lesen bei – Gotthold Untermschloß: Von Leistung, Mühe und Entgelt in dieser unsrer Arbeitswelt. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1993, bei Frommherz Siegmann: Das Herzstück richtiger Wirtschaftslehre. Eine nachtodliche Unterweisung von Johann Heinrich Jung-Stilling. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1994, bei Glaubrecht Andersieg: Vom Sinn des Leides. Eine nachtodliche Belehrung von Johann Heinrich Jung-Stilling. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995 (Erscheinung im Zug von Basel nach Frankfurt am Main).
Schliesslich sei hingewiesen auf – Treugott Stillingsfreund: Zur Verschuldung der Entwicklungsländer. Ein Gespräch zwischen Johann Heinrich Jung-Stilling und Treugott Stillingsfreund vom Frühjahr 1987, 2. Aufl. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995 (Begegnung im Zug von Köln nach Trier; Broschüre, nicht im Buchhandel; als Download-File unter der Adresse <http://www.uni-siegen.de/~merk> abrufbar), – Freimund Biederwacker: Springflut der Lügengeister? Illic (Siona-Verlag 1991 (an der Autobahn nahe Siegen; Broschüre, nicht im Buchhandel) Treugott Stillingsfreund: Teuflisches Wirken heute. Zur Definition der Ungüter. Zwei nachtodliche Gespräche mit Hofrat Johann Heinrich Jung-Stilling. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995 (Zusammentreffen in Olpe/Biggesee und in der Altstadt von Bern; Broschüre, nicht im Buchhandel) sowie – Frommherz Siegmann: Von der Liebe der Stadt Siegen zu Jung-Stilling. Illic (Siona-Verlag) o.J. [1991] (nächst der Kirche Sankt Nikolai in Siegen; Broschüre, nicht im Buchhandel; als Download-File bei der Adresse <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling> abrufbar).
Neuerdings erschien aus der Feder von Freimund Biederwacker: Vom folgenschweren Autowahn. Protokoll einer nachtodlichen Belehrung von Johann Heinrich Jung-Stilling. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1996. Dieses Protokoll (sowie einige weitere Erscheinungs-Berichte) sind auch als Download-Files abrufbar unter der Adresse http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling
3 Stillings-Freund meint zunächst – Gönner und Förderer von Jung-Stilling und später dann – Verehrer oder – zumindest dem Autor gegenüber wohlwollender Leser der Schriften von Jung-Stilling. Der Begriff wurde in diesen beiden Bedeutungen von ihm selbst eingeführt, und schliesst in jedem Falle auch die weibliche Form ein. – Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte. Vollständige Ausgabe, mit Anmerkungen hrsg. von Gustav Adolf Benrath, 3. Aufl. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 1992, S. 213, S. 441, S. 513, S. 566.
Stillings-Freunde leben und lebten nicht nur im deutschen Sprachraum, sondern in aller Welt; siehe beispielsweise Maarten van Rhijn: Jung Stilling en Nederland, in: Nederlands Archief voor Kerkgeschiedenis, Bd. 45 (1963), S. 228 ff.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch “Stillings-Feinde”, siehe ebendort S. 316 sowie die Jung-Stilling von Grund auf verkennende, mit einer grossen Menge sachlicher Irrtümer und falscher Werturteile durchsetze Studie von Hans R. G. Günther: Jung-Stilling. Ein Beitrag zur Psychologie des Pietismus, 2. Aufl. München (Federmann) 1948 (Ernst Reinhardt Bücherreihe). – Siehe Rainer Vinke: Jung-Stilling und die Aufklärung. Die polemischen Schriften Johann Heinrich Jung-Stillings gegen Friedrich Nicolai (1775/76). Stuttgart (Franz Steiner Verlag) 1987, S. 40 f., S. 51 f., S. 71 f. (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Bd. 129). Zurecht bezeichnet Vinke das Buch von Günther als eine “unglaubliche Mischung von einfachen Fehlern, bösartigen Verzeichnungen der Fakten, krassen Fehlurteilen, absolutem Unverständnis für die pietistische Fragestellung und einigen wenigen genialen Einsichten” (S. 40; in Anm. 82 auch über die Wirkungsgeschichte des Buches von Günther).
4 Jung-Stilling erhielt als Professor für ökonomische Wissenschaften an der Universität Heidelberg durch Erlass seines Landesherrn, des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern (1724/1742-1799) vom 31. März 1785 die Ernennung zum “Kurpfälzischen Hofrat”; siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 3), S. 427.
Jung-Stilling hatte dem Wittelsbacher Kurfürsten 1772 seine medizinische Doktorarbeit gewidmet und im April 1772 auch persönlich bei Hofe zu Mannheim überreicht. Diese trägt die Aufschrift “SPECIMEN DE HISTORIA MARTIS NASSOVICO-SIEGENENSIS”; sie beschäftigt sich mit der Geschichte des Eisenerzeugung im Fürstentum Nassau-Siegen. – Mars = hier: FERRUM, QUIA ROMANIS OLIM FERREUS MARS FUIT; siehe zur älteren Metall-Lehre übersichtlich, in drei Thesen geordnet Anton Lütgens: METALLORUM NATURAM ET DIFFERENTIAS EXPLICANS DISSERTATIO PHYSICA. Kiel (Barthold Reuther) 1707.
Das mit dem Hofrats-Titel verbundene gesellschaftliche Ansehen war zu jener Zeit beträchtlich. Es gewährte dem Träger manche Bevorzugungen, so auch (was Jung-Stilling als reisenden Augenarzt ganz besonders zum Vorteil gereichte) an den zu jener Zeit noch häufig anzutreffenden Schlagbäumen, Wegschranken, Posten, Schildwachen, Stadttoren, Überfuhren, Fähren, Brücken sowie an den auch innerlands zahlreichen Maut- und Grenzstationen.
Der Friedensvertrag von Campo Formio (7 km südwestlich von Udine in Venetien) vom 17. Oktober 1797 zwischen Napoléon und dem deutschen Kaiser Franz II., bestimmte in Artikel 20 den Rhein als die Staatsgrenze zwischen Frankreich und Deutschland. Dies wurde im Frieden von Lunéville (südöstlich von Nanzig [französisch: Nancy] gelegen; ehemalige Residenz der Herzöge von Lothringen) am 9. Februar 1801 bestätigt.
In Artikel 6 des Vertrags heisst es genauer: “S. M. l’Empereur et Roi, tant en Son nom qu’en celui de l’Empire Germanique, consent à ce que la République française possède désormais (= von nun an) en toute souveraineté et propriété, les pays et domaines situés à la rive gauche du Rhin, … le Thalweg (= Fahrt-Rinne für die Schiffahrt) du Rhin soit désormais la limite entre la République française et l’Empire Germanique, savoir (= und zwar) depuis l’endroit (= von der Stelle an) où le Rhin quitte le territoire helvétique, jusqu’à celui où il entre dans le territoire batave.”
Eine ausserordentliche Reichsdeputation, eingesetzt am 7. November 1801, beriet daraufhin zu Regensburg (seit 1663 der Tagungsort des Immerwährenden Reichstags) über die Entschädigung an deutsche Fürsten, die (links der neuen Staatsgrenze zu Frankreich gelegene) Gebiete an Frankreich abtreten mussten.
Durch besondere günstige Umstände (verwandtschaftliche Beziehungen zu Frankreich traten bald hinzu: sein Enkel und Thronfolger Karl [1786/1811–1818] heiratete am 7./8: April 1806 zu Paris Stéphanie de Beauharnais [1789–1860], die 17jährige Adoptivtochter von Napoléon Bonaparte) vergrösserte Karl Friedrich von Baden (1728/1746–1811) bei dieser Gelegenheit sein Gebiet um mehr das Vierfache; die Bevölkerung stieg von ungefähr 175’000 auf fast 1 Million Bewohner. Die pfälzische Kurwürde (das Recht, den Kaiser mitzuwählen) ging auf ihn über; Karl Friedrich wurde damit 1803 vom Markgrafen zum Kurfürsten erhoben. – Wenig später rückte er durch den Rheinbundvertrag vom 12. Juli 1806 nach Artikel 5 gar zum Grossherzog (Grand Duc) mit dem Titel “Königliche Hoheit” auf.
Mit dem Übergang der rechtsrheinischen Gebiete der Kurpfalz (so auch der alten Residenz- und Universitätsstadt Heidelberg, der neuen [seit 1720] Residenzstadt Mannheim [mit dem grössten Barockschloss in Deutschland] und der Sommerresidenz Schwetzingen [mit dem kurfürstlichen Lustschloss samt 76 Hektar grossen Schlossgarten, Moschee, Badehaus und Theater]) an das Haus Baden durch den Regensburger Reichsdeputationsschluss vom 25. Februar 1803 wurde gemäss § 59, Abs. 1 (“Unabgekürzter lebenslänglicher Fortgenuss des bisherigen Rangs”) der “kurpfälzische” Hofrat DE JURE PUBLICO automatisch nunmehr zum “badischen” Hofrat.
Im April des Jahres 1808 wird Jung-Stilling als Berater des Grossherzogs von Baden in Karlsruhe (“ohne mein Suchen und Wünschen”, wie er selbst betont) zum “Geheimen Hofrat in Geistlichen Sachen” ernannt. – Beim Eintritt von Jung-Stilling in den Himmel kommt ihm Grossherzog Karl Friedrich von Baden freudig entgegen und heisst ihn in der Seligkeit als Bruder herzlich willkommen.
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Jung-Stilling stand nach seinem frei gewählten Abschied von der Universität Marburg ab 1803 im Dienst des Hauses Baden; er wollte sich in seiner letzten Lebensperiode nur noch der religiösen Schriftstellerei und der Bedienung der Augenkranken widmen. Karl Friedrich von Baden besoldete ihn zu diesem Zwecke Ein Ruhegehalt von der Universität Marburg, wo er zwischen 1787 und 1803 mit grossem Erfolg lehrte bzw. von der Regierung in Kassel als Besoldungsstelle, erhielt Jung-Stilling nicht.
Siehe hierzu Gerhard Schwinge: Jung-Stilling am Hofe Karl Friedrichs in Karlsruhe, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins, Bd. 135 (1987), S. 183 ff., Gerhard Schwinge: Jung-Stilling als Erbauungsschriftsteller der Erweckung. Eine literatur- und frömmigkeitsgeschichtliche Untersuchung seiner periodischen Schriften 1795-1816 und ihres Umfelds. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 1994, S. 219 ff. (Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, Bd. 32) sowie zum Verhältnis zwischen beiden Persönlichkeiten (nämlich Karl Friedrich von Baden und Jung-Stilling) auch Max Geiger: Aufklärung und Erweckung. Beiträge zur Erforschung Johann Heinrich Jung-Stillings und der Erweckungstheologie. Zürich (EVZ-Verlag) 1963, S. 237 ff. (Basler Studien zur Historischen und Systematischen Theologie, Bd. 1).
Karl Friedrich (1728/1746-1811) galt in Karlsruhe gleichsam als Übermensch. Nachdem gelegentlich eines Trauergottesdienstes am 1. Juli 1811 der hochgelehrte katholische Stadtpfarrer und (seit 1805) Grossherzoglich Badische Geistliche Rat Dr. Thaddäus Anton Dereser (1757-1827) nicht in den übertriebenen Lobgesang für den Verstorbenen einstimmen wollte, sondern am Rande einer Predigt die teilweise rohe und schamlose Ausplünderung der katholischen Einrichtungen unter seiner Herrschaft beiläufig ansprach, musste er Karlsruhe unverzüglich verlassen.
Siehe zur Person von Dereser kurz die Broschüre von Joseph Gass: Der Exeget Dereser. Eine geschichtliche Studie. Strassburg (Le Roux) 1915 (mit einem Portrait von Dereser) sowie Franz Xaver Münch: Der äußere Lebensgang des Aufklärungstheologen Thaddäus Anton Dereser. Bonn (Dissertation der Katholisch-Theologischen Fakultät) 1929 (auszugsweise im Druck) sowie Karl-Friedrich Kemper: Artikel “Dereser, Thaddaeus a Sancto Adama”, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Bd. 32 (2003), Spalte 222-229.
Siehe zu den unterdrückenden obrigkeitlichen Massnahmen gegen die katholische Kirche unter der Regierungsgewalt der badischen Grossherzöge näherhin (Franz Joseph Mone [1796-1871]): Die katholischen Zustände in Baden, 2 Bde. Mit urkundlichen Beilagen. Regensburg (Manz) 1841/1843 sowie Carl Bader: Die katholische Kirche im Großherzogthum Baden. Freiburg (Herder) 1860. – Sehr einseitig und unsachlich zur Predigt von Dereser auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und hrsg. von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen) 2002, S. 485.
Als Beispiel der bei Hofe zu Karlsruhe genehmen Trauerreden katholischer Geistlicher seien erwähnt – Bernhard Boll: Trauerrede bey der kirchlichen Todten-Feyer seiner königlichen Hoheit Karl Friedrichs, Großherzogs zu Baden, Herzogs zu Zähringen, gehalten in der Haupt- und Münsterpfarrkirche zu Freyburg den 1. July 1811. Freiburg (Wagner) 1811 (der Zisterzienser und Münsterpfarrer zu Freiburg Bernhard Boll (1756-1836) wurde 1827 erster Erzbischof von Freiburg); – [Gerhard Anton Holdermann]: Beschreibung der am 30ten Juny und 1ten July 1811 zu Ratsatt Statt gehabten Trauer-Feyerlichkeit nach dem Hintritte unsers (so!) höchstseligen Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Rastatt (Sprinzing) 1811. Holdermann (1772–1843) war katholischer Pfarrer zunächst in Heidelberg und bis 1829 in Rastatt.
Als elektronische Ressource im Rahmen der “Freiburger historischen Bestände–digitalisiert” ist einsehbar – die in lateinischer Sprache vorgetragene, an Lobpreisungen überladen-theatralische Rede von Johann Kaspar Adam Ruef (1748-1825): JUSTA FUNEBRIA SERENISSIMO DUM VIVERET AC CELSISSIMO PRINCIPI DIVO CAROLO FRIDERICO MAGNO DUCI BADARUM … DIE 22 JULII 1811 IN TEMPLO ACADEMICO PIISSIMA ET GRATISSIMA MENTE PERSOLVENDA INDICIT JOANNES CASPARUS RUEF. Freiburg (Herder) 1811. – Ruef war Professor des katholischen Kirchenrechts an der Universität Freiburg, Oberbibliothekar und (wie Jung-Stilling seit 1806) Grossherzoglich Badischer Geheimer Hofrat. Gleichsam als Heiligen sehen den Verstorbenen – Aloys Wilhelm Schreiber: Lebensbeschreibung Karl Friedrichs Großherzog von Baden, 1728–1811. Heidelberg (Engelmann) 1811 (Schreiber [1761–1841]) war seit 1805 Professor für Ästhetik in Heidelberg und ab 1813 bis zu seiner Pensionierung Hofgeschichtsschreiber in Karlsruhe)
Vgl. auch – Gedächtnißreden bey dem Tode Sr. K. Hoheit des Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Gehalten von den Pfarrern der drey christlichen Confessionen zu Mannheim. Mannheim (Schwan) 1811 (Brochure), in der sich der reformierte, lutherische und katholische Geistliche an Lob auf den verstorbenen Karl Friedrich offenkundig überbieten.
Geradezu bescheiden wirken demgegenüber andere Predigten, wie etwa – [Christian Emanuel Hauber]: Kurze Abschilderung Sr. Königlichen Hoheit Carl Friedrichs Grosherzogs (so!) von Baden. Karlsruhe (Macklot) 1811 (Brochure); – Theodor Friedrich Volz: Gedächtnißpredigt auf den Höchstseeligen Großherzog von Baden Karl Friedrich, gehalten den 30. Junius 1811 in der Stadtkirche zu Karlsruhe. Karlsruhe (Müller) 1811 (Brochure). Volz [1759-1813]), in Jena 1778 bereits promoviert, bemüht sich erkennbar um die im Rahmen des Anlasses mögliche Sachlichkeit.
Aufgebläht, schwulstig und völlig kritiklos sind auch viele der zahlreichen Zentariums-Reden auf Karl Friedrich von Baden, wie – Karl Joseph Beck: Rede bei der akademischen Feier des hundertsten Geburtsfestes des Hochseligen Großherzogs Karl Friedrich zu Baden … Gehalten von dem derzeitigen Prorector der Albert-Ludwigs-Hochschule. Freiburg im Breisgau (Wagner) 1828. Karl Joseph Beck (1794-1838) war Mediziner und Stifter des “Corps Rhenania” in Freiburg.
Überspannt auch – Friedrich Junker: Lobrede auf Carl Friedrich, ersten Großherzog von Baden. bei der Säcularfeier der Geburt des unvergleichlichen Fürsten den 22. November 1828 gesprochen in Mannheim / Mannheim (Schwan & Götz) 1829 (Brochure); Junker hatte sich als Interpret des Philosophen Epiktet sowie als Schriftausleger einen Namen gemacht.
Fast schon als Heiligen stellt den badischen Herrscher dar – Karl Wilhelm Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn: Gemälde über Karl Friedrich den Markgrafen, Kurfürsten und Großherzog von Baden. Ein Beitrag zur Säkular-Feier der Geburt des unvergeßlichen Fürsten Mannheim (Schwan und Götz) 1828 (Drais [1761–1851] ist der Erfinder des Fahrrads (Laufrads, “Draisine”); sein Vater war badischer Oberhofrichter und Karl Friedrich sein Taufpate).
Weithin unkritisch gegenüber den augenfälligen Schattenseiten der Regierung von Karl Friedrich neuerdings auch Annette Borchardt-Wenzel: Karl Friedrich von Baden. Mensch und Legende. Gernsbach (Katz) 2006. Dasselbe gilt für die Dissertation von Gerald Maria Landgraf: “Moderate et prudenter”. Studien zur aufgeklärten Reformpolitik Karl Friedrichs von Baden (1728-1811), als Download-File bei dem URL <http://epub.uni-regensburg.de/10710/>. Für die Schikanen gegen die katholische Bevölkerung und das dadurch hervorgerufene Leid vieler Menschen hat Landgraf kein Wort übrig.
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Bei nachtodlichen Erscheinungen von Jung-Stilling wird dieser gewöhnlich mit “Herr Hofrat” (seltener mit “Herr Geheimrat”) angesprochen, auch von seinem Engel Siona. – Der Titel “Hofrat” ist gleichsam fester Bestandteil des Namens (ADJUNCTIO NOMINIS), wie etwa “Apostel Paulus”, “Kaiser Karl” oder “Prinz Eugen” zu verstehen, und nicht als ehrenvolle Benennung (TITULUS HONORIS). – “Stilling” ist ein individueller Beiname (APPELLATIO PROPRIA) und klingt zu vertraulich. – “Professor Jung” und “Doktor Jung” greift eine Stufe niedriger als “Hofrat Jung”; das heisst: der Titel “Hofrat” steht über der Amtsbezeichnung “Professor” oder dem akademischen Grad bzw. volkstümlich der Berufsbezeichnung (= Arzt) “Doktor”.
Ein jeder Christ, der in die Seligkeit eingeht, empfängt von GOtt einen neuen Namen, siehe Offenbarung 2, 17 sowie (Johann Heinrich Jung-Stilling:) Die Siegsgeschichte der christlichen Religion in einer gemeinnüzigen (so!) Erklärung der Offenbarung Johannis. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1799, S. 89. – Der besondere Name, mit dem Jung-Stilling im Jenseits beschenkt wurde, ist Ohephiah (= der GOtt liebt). Siehe [Christian Gottlob Barth:] Stillings Siegesfeyer. Eine Scene aus der Geisterwelt. Seinen Freunden und Verehrern. Stuttgart (Steinkopf) 1817.
Siehe über die Ankunft von Jung-Stilling in der Seligkeit auch Helena Schlatter-Bernet (?): Sieg des Getreuen. Eine Blüthe hingeweht auf das ferne Grab meines unvergeßlichen väterlichen Freundes Jung=Stilling. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1820, S. 7 ff.
5 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde (Anm. 2), S. 138.
6 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde (Anm. 2), S. 60 sowie auch den folgenden Paragraphen 81, S. 60 f.
7 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde (Anm. 2), S. 361.
8 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde (Anm. 2), S. 362.
9 Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich, 7. Aufl. Bietigheim (Rohm) 1999, S. 36 f.
10 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde (Anm. 2), S. 362.
11 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde (Anm. 2), S. 60.
12 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde (Anm. 2), S. 20 f. sowie Johann Heinrich Jung-Stilling: Geister, Gespenster und Hades (Anm. 2,), S. 113 f.
13 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde (Anm. 2), S. 82, S. 274 f.
14 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde (Anm. 2), S. 60 f.
15 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: System der Staatswirthschaft. Erster Theil, welcher die Grundlehre enthält. Marburg (neue academische Buchhandlung) 1792 [Reprint Königstein 1978], S. 19, S. 176.
16 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: System der Staatswirthschaft (Anm. 15), S. 262 f.
17 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde (Anm. 2), S. 26.
18 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 3), S. 623 f.
19 Siehe 1 Mose 2, 20.
20 Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich (Anm. 9), S. 137 f. sowie Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 3), S. 304.
21 Jung-Stillings Freund Johann Caspar Lavater (1741–1801), der als Physiognomiker Bedeutendes geleistet hat. – Vgl. hierzu auch die nachtodliche Begegnung mit Johann Caspar Lavater in Zürich, kostenlos downloadbar bei der Adresse <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling>, Datei “Diesseits und Jenseits”.
22 Stilling will sagen: der Embryo hat jetzt sensorische, zentripetale Nerven sowie motorische, zentrifugale Nerven; dies tritt in der Regel nach dem dritten Monat ein.
23 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 3), S. 312 f. – Als praktischer Arzt in Wuppertal meisselte er in einem komplizierten Fall den Kopf des Embryos auf. Dies brachte ihm eine Vorladung zur Aufsichtsbehörde nach Düsseldorf. Siehe die Einzelheiten bei Gerhard Berneaud-Kötz und Horst Pletzer: Neue medizinhistorische Dokumente zum geburtshilflichen Wirken von Jung-Stilling (1740-1817). Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1996, S. 13 ff.
24 Schutzengel von Johann Heinrich Jung-Stilling. Er zeigte sich diesem zu dessen irdischer Zeit, nahm ihn von dort ins Jenseits mit und schrieb auch für ihn. – Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich, 8. Aufl. Bietigheim (Rohm) 1999, S. 220 ff. (S. 279: “Siona hatte mir Lavaters Verklärung in die Feder diktiert”).
Der Name Siona bedeutet letztlich “die Himmlische”; siehe die genauere, weitläufige Erklärung dieses Namens bei Philipp Paul Merz: THESAURI BIBLICI PARS SECUNDA, NEMPE ONOMASTICON BIBLICUM SEU INDEX AC DICTIONARIUM HISTORICO-ETYMOLOGICUM. Augsburg (Veith) 1738, S. 1161 ff. (ein bis heute kaum übertroffenes Standardwerk, das viele Nachdrucke und Übersetzungen erfuhr) oder auch bei Petrus Ravanellus: BIBLIOTHECA SACRA, SEU THESAURUS SCRIPTURAE CANONICAE AMPLISSIMUS, Bd. 2. Genf (Chouët) 1650, S. 627 (ein gleichfalls bewährtes und häufig nachgedrucktes Werk).
Jung-Stilling fasst den Engel als weiblich auf. Er spricht Siona an als – “unaussprechlich erhabene Tochter der Ewigkeit” (Szenen aus dem Geisterreich, S. 219), die ihn “immer ungesehen umschwebt” (ebenda, S. 271) – “göttliche Freundin” (ebenda, S. 223) bzw. – “göttliche Lehrerin” (ebenda, S. 228), dankt der – “erhabenen Dolmetscherin” (ebenda, S. 241), die ihm – oft ungesehen – als Engel “immer liebvoll zur Seite ist” (Johann Heinrich Jung-Stilling: Chrysäon oder das goldene Zeitalter in vier Gesängen. Nürnberg [Raw’sche Buchhandlung] 1818, 1. Gesang, Versabschnitt 3), – den Gedankengang leitet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 282), aber – auch vom Jenseits berichtet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 308) und
Jung-Stilling, der im Chrysäon Selmar (wohl in Anlehnung an den Rufname Selma seiner zweiten Ehefrau Maria Salome) heisst, auf einer “Himmels-Leiter” zum Sehen führt (Chrysäon, Prolog, Versabschnitt 2; siehe auch Versabschnitt 8) sowie – zu seiner verstorbenen Tochter Elisabeth (Lisette, 1786–1802) und zu deren Mutter (Jung-Stillings zweiter Ehefrau Maria Salome von St. George, 1760–1790) geleitet (Chrysäon, 4. Gesang, Versabschnitt 2 ff.), – ihn aber auch von himmlischen Höhen “in müdes Weltgewühle” zurückbringt (Chrysäon, 3. Gesang, Versabschnitt 87).
Siehe zum Verständnis der Engel im religiösen Denken von Jung-Stilling auch Jung-Stilling-Lexikon Religion. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1988, S. XX f., S. 30 ff. sowie Gotthold Untermschloß: Vom Handeln im Diesseits und von Wesen im Jenseits. Johann Heinrich Jung-Stilling gibt Antwort. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, S. 16 ff. — Vgl. zum Grundsätzlichen Paola Giovetti: Engel, die unsichtbaren Helfer der Menschen, 8. Aufl. Kreuzlingen, München (Hugendubel) 2003, sowie im Internet die Adresse <http://www.himmelsboten.de>
25 Pietisten nennt man “diejenigen, die es nicht bey dem äussren kirchlichen Wesen bewenden lassen, sondern durch ernstliche Buse, Bekehrung, Wiedergeburt, und Heiligung, dem Himmelreich Gewalt thun, und es an sich zu reissen suchen”, definiert Johann Heinrich Jung-Stilling: Antwort durch Wahrheit in Liebe auf die an mich gerichteten Briefe des Herrn Professor Sulzers in Konstanz über Katholicismus und Protestantismus. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1811, S. 262.
Über die Frage, ob und inwieweit Jung-Stilling als “Pietist” zu bezeichnen ist, finden sich viele Auslassungen. Sicher hat er in früher Jugend durch die Lektüre entsprechender Werke die pietistische Weltsicht kennengelernt; siehe zu diesem Lesestoff näher Gerhard Schwinge: Jung-Stillings Lektüre, in: Pietismus und Neuzeit. Ein Jahrbuch zur Geschichte des neueren Protestantismus, Bd. 28 (2002), S. 238 ff. Auch fühlte er sich als Schneidergeselle im Herzogtum Berg im pietistischen Umfeld zeitweise sehr wohl; siehe Rainer Vinke: Jung-Stilling und die Aufklärung. Die polemischen Schriften Johann Heinrich Jung-Stillings gegen Friedrich Nicolai (1775/76). Stuttgart, (Franz Steiner) 1987, S. 68 ff., S. 73 f. (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Bd. 129).
Jedoch war Jung-Stilling nie Pietist im engeren Sinne. Siehe ausführlich dazu Otto W. Hahn: Jung-Stilling zwischen Pietismus und Aufklärung. Sein Leben und sein literarisches Werk 1778 bis 1787. Frankfurt, Bern, New York, Paris (Peter Lang) 1988, S. 432 ff. (Europäische Hochschulschriften, Reihe XXIII: Theologie, Bd. 344) sowie auch viele Zeugnisse aus seiner Feder bei Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und herausgegeben von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen Verlag) 2002, S. 631 (Register, Stichwort Pietisten). Vgl. dazu zusammenhängend auch Gerhard Schwinge: Jung-Stilling und seine Beziehungen zur Basler Christentumsgesellschaft, in: Theologische Zeitschrift, herausgegeben von der Theologischen Fakultät der Universität Basel, Bd. 44 (1988), S. 47 f.
26 Stilling meint hier Parolen wie “Mein Bauch gehört mir” oder “Abort ist Mord”, wie diese auf Plakaten bei Deutschen Evangelischen Kirchentagen sichtbar wurden.
I heard the voice of JEsus say,
“I am this dark world’s light:
Look unto me, thy morn shall rise,
And all thy day be bright.”
I looked at JEsus, and I found
In HIm my star, my sun;
And in that light of life I’ll walk
Till travelling days are done.
Horatius Bonar (1808–1889)
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