Aufsätze Ökonomik

Aufsätze Pädagogik

Aufsätze Sozialethik

Verschiedenes

Prof. Dr. Gerhard Merk, Dipl.rer.pol., Dipl.rer.oec.

Abhandlungen über Johann Heinrich Jung-Stilling

Nachtodliche Belehrungen zur Ökonomik

Nachtodliche Belehrungen zu Persönlichkeiten

Nachtodliche Belehrungen zur Philosophie

Nachtodliche Belehrungen zur Theologie

Nachtodliche Belehrungen zu verschiedenen Themen

 

Vom Gerber-Gewerbe in Siegen

Bericht über eine nachtodliche Belehrung durch den hochgelehrten, lebenserfahrenen und bis anhin unvergessenen Herrn

Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817),

der Weltweisheit und Arzneikunde Doktor,

seit 1785 Kurpfälzischer, ab 1803 durch Rechtsübertragung Badischer Hofrat,
durch Verleihung ab 1808 Grossherzoglich Badischer Geheimer Hofrat,


lebzeitig bis 1803 Professor für ökonomische Wissenschaften sowie Lehrbeauftragter für operative Augenheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Marburg/Lahn;
davor bis 1787 Professor für angewandte Ökonomik –mit Einschluss der Tiermedizin – an der Universität Heidelberg und vordem seit 1778 in gleicher Bestellung an der
Kameral Hohen Schule Kaiserslautern;

weiland Gründungsmitglied der Geschlossenen Lesegesellschaft zu Elberfeld; dortselbst auch seit 1772 praktischer Arzt, Geburtshelfer und ab 1775 auch behörlich bestellter Brunnenarzt sowie Lehrender in Physiologie; der kurpfälzischen ökonomischen Gesellschaft in Heidelberg, der kurfürstlichen deutschen Gesellschaft in Mannheim, der Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste in Kassel, der Leipziger ökonomischen Sozietät Mitglied sowie auch der erlauchten
Loge “Karl August zu den drei flammenden Herzen” in Kaiserslautern Mitglied,

Nach geschehener Vernehmlassung gleichbalden zu nützlicher Aufklärung mit englischer Hülfe niedergeschrieben und gemeinen Nutzens zu gut mit behendigster Geflissenheit ins Internet gestellt, dabei alle Leser gÖttlicher getreuer Obhut und beständigen englischen Schutzes gleichermassen innigst empfehlend von

Tubrav Immergern

Lichthausen, Grafschaft Leisenburg* ₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪

Markus-Gilde, Siegen 2009

Die gewerbliche Nutzung des Textes bedarf der schriftlichen Einwilligung der löblichen Markus-Gilde, Siegen (Deutschland).

Begegnung beim Löhrtor-Bad

In Siegen aus dem Löhrtor-Bad1
Soeben ich ins Freie trat.
Da ich die Treppe abwärts gehe,
Erstaunt ich einen Mann nun sehe,
Der Richtung Lohengraben2 geht,
Doch sichtlich auf dem Boden schwebt.
Dazu umflort ihn matter Schein,
Der fällt von inwärts auf ihn ein.
Mir ist mit einmal sonneklar:
Ich nehme einen Geist wohl wahr!

Jetzt sehe ich auch sein Gesicht
Umstrahlt von diesem bleichen Licht.
Kaum möglich ist Verwechselung:
Der Geist ist Hofrat Doktor Jung!3

Erwägend kurz, was ich nun tu,
Bewege ich mich auf ihn zu.
“Herr Hofrat4 Jung! Was tun denn sie
In ihrer Heimat5 heute hie?
Darf ich ein Stück Wegs sie begleiten
Und drum an ihrer Seite schreiten?” —

“Sie, Tubrav, sind es! GOtt zum Gruss!
Zu einem Löher6 heut ich muss,
Der kranken Auges Heilung sehnt7,
Das stark ihn schmerzt und dauernd tränt.
Gern will ich, dass sie mich begleiten
Und sehen, wie es war vorzeiten.”

 

Wozu die grossen Mengen an Leder sind

Ein scharfer Duft kam von der Wais8
Nach Fäulnis, Gerber-Saft9 und Schweiss.
“Herr Hofrat”, frug ich, “was fängt man
Mit solchen Mengen Leder an?
Man könnte ja daraus bekleiden
Mit Schuh und Schurz in Ewigkeiten
Die Leute alle, die hier leben
Samt vielen noch, die uns umgeben!” —

“Herr Tubrav”, Stilling sagte drauf,
“Das Leder, das dort reift zuhauf
Von hier aus geht in unsre Länder
Für Bälge, Riemen und für Bänder.

Gebläse sind Erfolges Pfeiler
Für Hütten, Hämmer wie auch Meiler.
Die Blase-Bälge, wie wir wissen,
In Hütten werden rasch zerschlissen.10
Bewegen sie sich doch normal
In der Minute vierzehn mal.11

Zwölftausend Wagen Holzeskohlen12
Gilt es für Fuhrleute zu holen
Für Hütten jährlich zum Verbrauch,
Sowie für Schmelzer, Schmiede auch.13
Sie können leicht daraus ersehen
Wie viele Meiler hierorts stehen.
Von denen kauft dreijährig jeder
Wohl einen Blase-Balg aus Leder.

Jetzt nehmen sie auch noch dazu
Die Bänder, Gurte, Riemen Schuh,
Auch Schürzen und das Zeug für Pferde,
Dann kommen sie auf solche Werte
Für den Bedarf nur hier zu Land,
Dass reicht gerade der Bestand,
Den Siegner Löher garen an:
Es wird hier nicht zuviel getan!”

 

Esche als Heizmaterial und zum Umweltschutz

Derweil wir schritten längs der Wais,
Wo Häute lagen massenweis.
Aus Richtung Stadt zwei Wagen nahten,
Mit Eschenholz randvoll beladen.
Ich frug drum Stilling, ob man gerbe
Mit Esche auch im Lohgewerbe?

“Man nimmt nur Eiche, Buche, Weide,
Auch Ulme, Erle; lässt beiseite
Die Rinden, deren Gerb-Extrakt
Die Häute nicht durchdringend packt.14
Die Eiche aus dem Heimat-Wald
Hat meist den höchsten Lohgehalt.
In ihren Borken man erkennt
An Gerbstoff zweimal zehn Prozent.

Mit Eschenholz, das sie hier sehen,
Die Öfen werden teils versehen.
Um Hämmer, Hütten auch herum
Stehn Eschen, dass ein Minimum
An Funken, Asche, Russ und Rauch
Zerstäube bloss des Windes Hauch.15
Sie sehn, dass dies, was heute meist
‘Verschmutzung unsrer Umwelt’ heisst,
Sehr wohl man hatte früh erkannt
In Unternehmen hierzuland!

 

Jung-Stilling,am Ziel angekommen, entschwindet

Doch nun, Herr Tubrav, bin ich hier,
Allwo man hat verlangt nach mir.
Ich bitte: seien sie nicht böse,
Wenn gleich ich mich von hinnen löse.
Wir treffen uns – ich seh’s voraus! –
Baldmöglich irgendwo da drauss.

Verbleiben fest sie im Gebet,
Das GOttes reiche Huld erfleht
Hier über unser Siegerland:
Es bleibe GOtt stets zugewandt.
Im Himmel auch die Alten flehen,
Dass ihre Nachfahrn deutlich sehen
Den Weg zum HErrn durch JEsu CHrist,
Der aller Menschen Rettung ist.”

Da Stilling diese Rede schliesst,
Gewahre ich, wie er zerfliesst.
Sein Körper zeigt sich immer bleicher;
Figürlich wird er engelgleicher.

Am Schluss ich bloss noch sehen kann,
Wie er mich milde lächelt an.
Ich finde wieder dort mich dann,
Wo vorhin ich sprach Stilling an.

 

Engel Siona erscheint und übergibt USB-Stick

Ich stehe noch erstaunt so da,
Als plötzlich Schutzgeist Siona16
Von oben mit bloss einem Schritt
An meine linke Seite tritt.

“Herr Tubrav”, sagte er zu mir,
“Was Hofrat Jung euch lehrte hier,
Sollt ihr beflissen schreiben auf.
Der Rede Inhalt und Verlauf
Ist hier, damit ihr Mühe spart,
Auf diesem Stick allschon verwahrt.

Druckt aus die Niederschrift komplett;
Stellt drauf sie ein ins Internet,
Auf dass man sieht, wie heut selbst nah
Noch immmer ist Ohephiah17
Auch aus dem Jenseits ist geblieben
Dem alten Heimatlande Siegen.”

In Vollgestalt steht Siona
Beim letzten Satz noch bei mir da.
Auf einmal löst auch er sich auf:
Entzieht sich rasch dem Erdenlauf.

Sein Körper hell beginnt zu flimmern,
Um dann allmählich zu verschimmern.
Danach fiel zuckend mehrmals ein
Auf diesen Platz noch bleicher Schein,
Wie er sich zeigt, wenn voller Mond
Nachts über glattem Wasser thront;
Auch wie er silbrig reflektiert
Auf Wiesen, die der Schnee noch ziert.

Was hier man liest, gibt Wort für Wort
Den Text, der war gespeichert dort.

 

Meckerer mögen sich anderen Dingen zuwenden

Den Inhalt stellte ich ich komplett
Schon nächstenstags ins Internet,
Wie es mir Siona geheissen:
Ich tat mich damit sehr befleissen.

Doch ach! Ich sehe jetzt schon Leute,
Die finden darin ihre Freude,
Berichte aus dem Jenseits immer
Keck auszubuhen als Geflimmer,
Das aus dem tiefsten Abgrund zuckt:
Der Hölle schreckliches Produkt.

Euch bitte ich: lasst das Getu,
Und wendet ihr euch Schriften zu,
Die Hass verbreiten, Hetzerei,
Entzweiung schüren, Zänkerei;

Die Schmutz ausschütten, Unflat, Zoten:
Gemeinheit, von Natur verboten.

Wenn darob ihr euch nicht empört
Und dies nicht eure Ruhe stört,
Dann ist es sichtlich ungerecht
Zu machen solche Botschaft schlecht,
Wie hier trägt Tubrav sie euch vor:
Verschliesst ihr doch nicht euer Ohr!

Lasst ab, sie bös zu kritisieren,
Als “höllisch” zu schubladiesieren;
Denn solcherart Beschuldigung
Zeigt eurer Sinne Niederung.

 

Anmerkungen, Hinweise und Quellen

* Grafschaft Leisenburg = bei Jung-Stilling das ehemalige Fürstentum Nassau-Siegen (mit der Hauptstadt Siegen);
– von 1743 an durch Erbfolge Teil der Nassau-Oranischen Lande (mit Regierungssitz in Dillenburg, heute Stadt im Bundesland Hessen);
– im Zuge der territorialen Neuordnung Deutschlands durch den Wiener Kongress ab 1815 Bezirk in der preussischen Provinz Westfalen (mit der Provinzhauptstadt Münster);
– nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1946 bis heute Stadt im Kreis Siegen-Wittgenstein des Regierungsbezirks Arnsberg des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen in der Bundesrepublik Deutschland (mit der Landeshauptstadt Düsseldorf).
– Über 70 Prozent der Kreisfläche sind Wälder; Siegen-Wittgenstein steht damit an der Spitze der Bewaldungsdichte in Deutschland.

Lichthausen = bei Jung-Stilling die ehemals selbständige, vom Littfe-Bach durchflossene und durch den Bergbau geprägte Gemeinde Littfeld im vormaligen Fürstentum Nassau-Siegen; seit Jahresbeginn 1969 Teil der Stadt Kreuztal im Kreis Siegen-Wittgenstein. – Aus Littfeld kam die Mutter Johanna Dorothea Fischer (1717-1742) von Jung-Stilling; dort wirkte auch sein Patenonkel Johann Heinrich Jung (1711-1786) als (Ober)Bergmeister.

Siehe Näheres bei Karl Friedrich Schenck: Statistik des vormaligen Fürstenthums Siegen. Siegen (Vorländer) 1820, Reprint Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1981 sowie zum bis heute im Siegerland unvergessenen Patenonkel Gerhard Merk: Oberbergmeister Johann Heinrich Jung (1711-1786). Ein Lebensbild. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1989 (mit Abbildungen und Register).

Im wirtschaftsgeschichtlich bemerkenswerten Siegerland ist der hochintelligente und vielseitig begabte Jung-Stilling (siehe Anmerkung 3) geboren, herangewachsen und hat hier auch seine ersten beruflichen Erfahrungen als Köhlergehilfe, Schneider, Knopfmacher, Vermessungs-Assistent, Landarbeiter, Dorfschulmeister und Privatlehrer gesammelt.

1 Löhrtor-Bad = Öffentliches Hallenschwimmbad der Stadt Siegen in der Altstadt (Unterstadt), am ehemaligen Löhr-Tor gelegen.

2 Lohengraben = Die von der Strasse “Löhrtor” (wo sich das Hallenbad und ein Parkhaus befindet) nach Osten abzweigende Strasse “Am Lohgraben”. – Zwischen dem Lohgraben und der (in der Siegener Unterstadt in den Sieg-Fluss einmündenden) Weiss befanden sich früher zahlreiche Arbeitsstätten der Lohgerber (Löher); siehe auch Anm. 8.

3 Hofrat Professor Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817), der Weltweisheit (= Philosophie) und Arzneikunde (= Medizin) Doktor. Dieser wurde in letzte Zeit wiederholt auf Erden gesehen. – Siehe die entsprechenden Erscheinungsberichte zuletzt aufgezählt bei Bleibfest Stillingtreu: Wundersame Begegnung an der Sal. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 2000, S. 51 ff.

Siehe Grundsätzliches zum Wiedereintritt Verstorbener in diese Welt Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde, in einer Natur= Vernunft= und Bibelmäsigen (so!) Beantwortung der Frage: Was von Ahnungen, Gesichten und Geistererscheinungen geglaubt und nicht geglaubt werden müße (so, also mit Eszett!). Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1808 (Reprint Leipzig [Zentralantiquariat der DDR] 1987 und öfters), S. 220 ff.

Die “Theorie der Geister=Kunde” von Jung-Stilling wurde seit ihrem Erschienen 1808 bis in unsere Tage in vielen Ausgaben veröffentlicht und auch
– 1812 ins Schwedische (veranlasst durch Prinz Karl von Hessen-Kassel [1744–1836], mit dem Jung-Stilling zu jener Zeit in enger Verbindung stand);
– 1814 ins Niederländische (durch Joannes Petrus Kleyn (1760–1805),
– 1834 ins Englische (durch Samuel Jackson aus Tulse Hill, heute Stadtteil von London)
– 1851 ins Amerikanische (durch Pfarrer George Bush) sowie
– noch 1862 ins Französische übersetzt.
– Für die deutschsprachigen Leser in den Vereinigten Staaten kam 1816 eine Ausgabe bei dem Verleger Heinrich B. Sage in Reading, Pennsylvania heraus; Jung-Stilling hatte in Amerika eine ansehnliche Lesergemeinde, und Sage brachte auch andere Werke von Jung-Stilling dort zum Druck.
– Siehe hierzu und zur Jung-Stilling-Literatur gesamthaft die Zusammenstellung bei Klaus Pfeifer: Jung-Stilling-Bibliographie Siegen (J. G. Herder-Bibliothek) 1993 (Schriften der J. G. Herder-Bibliothek Siegerland, Bd. 28).

Vgl. zu diesem Themenkreis auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Geister, Gespenster und Hades. Wahre und falsche Ansichten, hrsg. und eingel. von Gerhard Merk. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1993 (Jung-Stilling-Studien, Bd. 2). sowie Martin Landmann: Ahnungen, Visionen und Geistererscheinungen nach Jung-Stilling. Eine ausdeutende Untersuchung. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995. Diese Schrift ist auch unentgeltlich als Download-File unter der Adresse <http://www.uni-siegen.de/merk/stilling> abrufbar.

Siehe auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte. Vollständige Ausgabe, mit Anmerkungen hrsg. von Gustav Adolf Benrath, 3. Aufl. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 1992. – Die “Lebensgeschichte” erschien in vielen Ausgaben. Jedoch genügt nur die von Gustav Adolf Benrath besorgte Version den Anforderungen sowohl des Lesers (grosser Druck, erklärende Noten, Register) als auch des Wissenschaftlers (bereinigter Original-Text; wichtige Dokumente zur Lebensgeschichte).

In kürzerer Form orientiert über das Leben von Jung-Stilling auch Gerhard Merk: Jung-Stilling. Ein Umriß seines Lebens. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1989; und mehr die innere Entwicklung schildert, tief nachfühlend, Otto. W. Hahn: “Selig, die das Heimweh haben”. Johann Heinrich Jung-Stilling: Patriarch der Erweckung. Giessen, Basel (Brunnen) 1999 (Geistliche Klassiker, Bd.4).

4 Jung-Stilling erhielt als Professor für ökonomische Wissenschaften in kurpfälzischen Diensten mit Urkunde des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern (1724/1742-1799) vom 31. März 1785 die Ernennung zum “Kurpfälzischen Hofrat”.

Das mit dem Hofrats-Titel verbundene gesellschaftliche Ansehen war zu jener Zeit beträchtlich. Es gewährte dem Träger manche Bevorzugungen, so auch (was Jung-Stilling als reisenden Augenarzt besonders zum Vorteil gereichte) an Posten, Schildwachen, Stadttoren, Fähren, Übergängen, Brücken sowie an den damals auch innerlands zahlreichen Schlagbäumen mit den Post-, Maut- und Grenzstationen.

Der Friedensvertrag von Campo Formio (7 km südwestlich von Udine in Venetien) vom 17. Oktober 1797 zwischen Napoléon und Kaiser Franz II., bestimmte in Artikel 20 den Rhein als die Staatsgrenze zwischen Frankreich und Deutschland. Dies wurde im Frieden von Lunéville (südöstlich von Nanzig [französisch: Nancy] gelegen; ehemalige Residenz der Herzöge von Lothringen) am 9. Februar 1801 bestätigt.

In Artikel 6 heisst es genauer: “S. M. l’Empereur et Roi, tant en Son nom qu’en celui de l’Empire Germanique, consent à ce que la République française possède désormais (= von nun an) en toute souveraineté et propriété, les pays et domaines situés à la rive gauche du Rhin, … le Thalweg (= die Fahrrinne für die Schiffahrt) du Rhin soit désormais la limite entre la République française et l’Empire Germanique, savoir (= und zwar) depuis l’endroit (= von der Stelle an) où le Rhin quitte le territoire helvétique, jusqu’à celui où il entre dans le territoire batave.”

Eine ausserordentliche Reichsdeputation, eingesetzt am 7. November 1801, beriet daraufhin in Regensburg (seit 1663 Tagungsort des Immerwährenden Reichstags) über die Entschädigung an deutsche Fürsten, die ihre (links der neuen Staatsgrenze zu Frankreich gelegene) Gebiete an Frankreich abtreten mussten.

Durch besondere günstige Umstände (späterhin traten auch noch ver-wandtschaftliche Beziehungen mit Frankreich hinzu: sein Enkel und Thronfolger Karl [1786/1811–1818] heiratete am 7./8. April 1806 in Paris Stéphanie Louise Adrienne de Beauharnais [1789–1860], die knapp 17jährige Adoptivtochter von Napoléon Bonaparte, dem Kaiser der Franzosen) vergrösserte Karl Friedrich von Baden (1728/1746–1811) bei dieser Gelegenheit sein Gebiet um mehr das Vierfache; die Bevölkerung seines Landes stieg von 175 000 auf fast 1 Million Bewohner. Die pfälzische Kurwürde ging auf ihn über; Karl Friedrich wurde damit 1803 vom Markgrafen zum Kurfürsten erhoben.

Wenig später rückte Karl Friedrich von Baden durch den Rheinbundvertrag vom 12. Juli 1806 nach Artikel 5 gar zum Grossherzog mit dem Titel “Königliche Hoheit” auf. – Die 1818 zur Witwe gewordene Grossherzogin Stéphanie nahm übrigens später wieder den Titel “Kaiserliche Hoheit“ an, wiewohl sich ihr Stiefvater Napoléon (1769-1821) völkerrechtswidrig zum “Kaiser der Franzosen” ernannte und inzwischen in Verbannung und Schande auf der Insel St. Helena (im Südatlantik) gestorben war. – Siehe Rudolf Haas: Stephanie Napoleon Grossherzogin von Baden. Ein Leben zwischen Frankreich und Deutschland 1789-1860, 2. Aufl. Mannheim (Südwestdeutsche Verlagsanstalt) 1978 (dort S. 133 ff. auch Literatur-Verzeichnis).

Mit dem Besitzwechsel der rechtsrheinischen Gebiete der Kurpfalz (so auch der alten Residenz- und Universitätsstadt Heidelberg, der neuen [seit 1720] Residenzstadt Mannheim [mit dem grössten Barockschloss in Deutschland] und der Sommerresidenz Schwetzingen [mit dem kurfürstlichen Lustschloss samt 76 Hektar grossen Schlossgarten, Moschee, Badehaus und Theater]) an das Haus Baden durch den Regensburger Reichsdeputations-Hauptschluss vom 25. Februar 1803 wurde gemäss § 59, Abs. 1 (“Unabgekürzter lebenslänglicher Fortgenuß des bisherigen Rangs”) der von Karl Theodor verliehene Rang des “kurpfälzischen Hofrats” DE JURE PUBLICO automatisch zum “badischen Hofrat”.

Im April Jahres 1808 wird Jung-Stilling als Berater des Grossherzogs von Baden in Karlsruhe dann (“ohne mein Suchen”, wie er selbst hervorhebt) zum “Geheimen Hofrat in Geistlichen Sachen” ernannt; siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und hrsg. von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen Verlag) 2002, S. 404 (dort die Anm. 10).

Beim Eintritt von Jung-Stilling in den Himmel kommt ihm Karl Friedrich von Baden freudig entgegen und heisst ihn in der Seligkeit als Bruder herzlich willkommen. – Siehe hierzu und überhaupt zum Übergang von Jung-Stilling in das Jenseits des näheren (unbekannte Verfasserin): Sieg des Getreuen. Eine Blüthe hingeweht auf das ferne Grab meines unvergesslichen väterlichen Freundes Jung=Stilling. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1820, S. 27. – Bis anhin ist nicht geklärt, wer diese Schrift verfasst hat. Im Vorwort heisst es: “Euch, ohne Ausnahme Allen, ihr geliebten, bekannten und unbekannten Stillingsfreunden, [so!] die ihr ja auch Christus=Freunde seyd! sind diese Blätter gewidmet. Ihr werdet es nicht lächerlich, nicht unschicklich finden, dass sie so spät erst nach dem Hinscheid [so!] des Unvergesslichen erscheinen, wenn ich euch zum Voraus sage: dass ich, als Weib vorerst Männer ausreden lassen – abwarten wollte mit weiblicher Bescheidenheit, was solche zum Denkmal des Allgeliebten aufstellen würden” (Orthographie wie im Original).

Jung-Stilling stand nach seinem frei gewählten Abschied von der Universität Marburg ab 1803 im Dienst des Hauses Baden. – Siehe hierzu Gerhard Schwinge: Jung-Stilling am Hofe Karl Friedrichs in Karlsruhe, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins, Bd. 135 (1987), S. 183 ff., Gerhard Schwinge: Jung-Stilling als Erbauungsschriftsteller der Erweckung. Eine literatur- und frömmigkeitsgeschichtliche Untersuchung seiner periodischen Schriften 1795-1816 und ihres Umfelds. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 1994, S. 219 ff. (Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, Bd. 32) sowie zum Verhältnis zwischen beiden Persönlichkeiten auch Max Geiger: Aufklärung und Erweckung. Beiträge zur Erfor¬schung Johann Heinrich Jung-Stillings und der Erweckungstheologie. Zürich (EVZ-Verlag) 1963, S. 237 ff. (Basler Studien zur Historischen und Systematischen Theologie, Bd. 1).

Jung-Stillings Gönner Karl Friedrich von Baden (1728/1746-1811) galt in Karlsruhe gleichsam als Heiliger. Nachdem gelegentlich eines Trauergottesdienstes am 1. Juli 1811 der hochgelehrte katholische Stadtpfarrer und (seit 1805) Grossherzoglich Badische Geistliche Rat Dr. Thaddäus Anton Dereser (1757-1827) nicht in den übertriebenen Lobgesang für den Verstorbenen einstimmen wollte, sondern am Rande einer Predigt auch die teilweise rohe und schamlose Ausplünderung der katholischen Einrichtungen unter seiner Herrschaft ansprach, musste er Karlsruhe unverzüglich verlassen.

Siehe zur Person von Dereser kurz die Broschüre von Joseph Gass: Der Exeget Dereser. Eine geschichtliche Studie. Strassburg (Le Roux) 1915 (mit einem Portrait von Dereser) sowie Franz Xaver Münch: Der äußere Lebensgang des Aufklärungstheologen Thaddäus Anton Dereser. Bonn (Dissertation der Katholisch-Theologischen Fakultät) 1929 (auszugsweise im Druck).

Siehe zu den repressiven obrigkeitlichen Massnahmen gegen die katholische Kirche unter der Regierungsgewalt der badischen Grossherzöge näherhin (Franz Joseph Mone [1796-1871]): Die katholischen Zustände in Baden, 2 Bde. Mit urkundlichen Beilagen. Regensburg (Manz) 1841/1843 sowie Carl Bader: Die katholische Kirche im Großherzogthum Baden. Freiburg (Herder) 1860. – Sehr einseitig und unsachlich zur Predigt von Dereser auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und hrsg. von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen) 2002, S. 485.

Als Beispiel der bei Hofe zu Karlsruhe genehmen Trauerreden katholischer Geistlicher seien erwähnt Bernhard Boll: Trauerrede bey der kirchlichen Todten-Feyer seiner königlichen Hoheit Karl Friedrichs, Großherzogs zu Baden, Herzogs zu Zähringen, gehalten in der Haupt- und Münsterpfarrkirche zu Freyburg den 1. July 1811. Freiburg (Wagner) 1811 (der Zisterzienser und Münsterpfarrer zu Freiburg Bernhard Boll (1756-1836) wurde 1827 erster Erzbischof von Freiburg); [Gerhard Anton Holdermann]: Beschreibung der am 30ten Juny und 1ten July 1811 zu Ratsatt Statt gehabten Trauer-Feyerlichkeit nach dem Hintritte unsers (so!) höchstseligen Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Rastatt (Sprinzing) 1811.

Als elektronische Ressource im Rahmen der “Freiburger historischen Bestände–digitalisiert” ist einsehbar die in lateinischer Sprache vorgetragene, an Lobpreisungen überladen-theatralische Rede von Johann Kaspar Adam Ruef (1748-1825): JUSTA FUNEBRIA SERENISSIMO DUM VIVERET AC CELSISSIMO PRINCIPI DIVO CAROLO FRIDERICO MAGNO DUCI BADARUM … DIE 22 JULII 1811 IN TEMPLO ACADEMICO PIISSIMA ET GRATISSIMA MENTE PERSOLVENDA INDICIT JOANNES CASPARUS RUEF. Freiburg (Herder) 1811. – Ruef war Professor des katholischen Kirchenrechts an der Universität Freiburg, Oberbibliothekar und (wie Jung-Stilling seit 1806) Grossherzoglich Badischer Geheimer Hofrat.

Vgl. auch: Gedächtnißreden bey dem Tode Sr. K. Hoheit des Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Gehalten von den Pfarrern der drey christlichen Confessionen zu Mannheim. Mannheim (Schwan) 1811 (Brochure), in der sich der reformierte, lutherische und katholische Geistliche an Lob auf den verstorbenen Karl Friedrich offenkundig überbieten.

Geradezu bescheiden wirken demgegenüber andere Predigten, wie etwa: [Christian Emanuel Hauber]: Kurze Abschilderung Sr. Königlichen Hoheit Carl Friedrichs Grosherzogs (so!) von Baden. Karlsruhe (Macklot) 1811 (Brochure); Theodor Friedrich Volz: Gedächtnißpredigt auf den Höchstseeligen Großherzog von Baden Karl Friedrich, gehalten den 30. Junius 1811 in der Stadtkirche zu Karlsruhe. Karlsruhe (Müller) 1811 (Brochure). Volz [1759-1813]), in Jena 1778 bereits promoviert, bemüht sich erkennbar um die im Rahmen des Anlasses mögliche Sachlichkeit.

Aufgebläht, schwulstig und völlig kritiklos sind auch viele der zahlreichen Zentariums-Reden auf Karl Friedrich von Baden, wie Karl Joseph Beck: Rede bei der akademischen Feier des hundertsten Geburtsfestes des Hochseligen Großherzogs Karl Friedrich zu Baden … Gehalten von dem derzeitigen Prorector der Albert-Ludwigs-Hochschule. Freiburg im Breisgau (Wagner) 1828. Karl Joseph Beck (1794-1838) war Mediziner und Stifter des “Corps Rhenania” in Freiburg. – Überspannt auch Friedrich Junker: Lobrede auf Carl Friedrich, ersten Großherzog von Baden. Mannheim (Schwan & Götz) 1829 (Brochure); Junker hatte sich als Interpret des Philosophen Epiktet sowie als Schriftausleger einen Namen gemacht.

Ziemlich unkritisch gegenüber den augenfälligen Schattenseiten der Regierung von Karl Friedrich neuerdings auch Annette Borchardt-Wenzel: Karl Friedrich von Baden. Mensch und Legende. Gernsbach (Katz) 2006.

5 Jung-Stilling entstammt dem nördlichen Siegerland; und zwar dem Dorf Grund; heute Teil der Stadt Hilchenbach im Kreis Siegen-Wittgenstein; siehe die einleitende Anmerkung.

6 Löher = Lohgerber, Lederer: Handwerker, die Tierhäute mit pflanzlichen Stoffen (im Siegerland in der Regel mit weiterverarbeiteter Eichenrinde; siehe Anm. 9), das in einer Lohmühle aus dem Holz hergestellt wurde) gerbten und zu Leder überführten. – Lohe = Pflanzenteile mit Beizstoff zum Gerben; auch dieser Beizstoff selbst. – Siehe zu diesem Handwerk mehr bei Georg Grasser: Einführung in die Gerbereiwissenschaft. Leitfaden für Studierende und Praktiker. Leipzig (Schulze) und Wien (Springer) 1928.

7 Jung-Stilling gilt als einer der berühmtesten Augenärzte seiner Zeit. Er befreite ungefähr 3 000 Menschen durch Operation aus der Blindheit; etwa 25 000 Menschen dürfte er ophthalmologischen Rat angedient haben. – Siehe hierzu Gerhard Berneaud-Kötz: Jung-Stilling als Arztpersönlichkeit, in: Michael Frost (Hrsg.): Blicke auf Jung-Stilling. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1991, S. 19 ff. sowie Klaus Pfeifer (Hrsg.): Jung-Stilling-Lexikon Medizin. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1996, S. 9 ff.

8 Wais = heute die Weiss, ein der Sieg aus dem Osten zufliessender, 5,8 Kilometer langer und im Zentrum der Innenstadt von Siegen einmündender Wasserlauf; früher nur “Wais” (= glänzender, hellschimmernder Bach) geschrieben.

Die Wais war ehemals sehr wasserreich und trieb viele Mühlen an. Sie wurde jedoch im Laufe der Zeit infolge wasserwirtschaftlicher Eingriffe in ihrem Einzugsgebiet mehr und mehr zu einem kleinen Bach – in trockenen Zeiten gar zu einem Rinnsal – vermindert. – Siehe Johann Philipp Becher: Mineralogische Beschreibung der Oranien-Nassauisschen Lande nebst einer Geschichte des Siegendschen Hütten- und Hammerwesens, 2. Aufl. Dillenburg (Seel-Weidenbach) 1902, S. 214 f.

9 Gerbersaft = flüssige Lohe. In Lohmühlen wurde die Baumrinde geraspelt, gemahlen, verstampft und zu Granulat bzw. über Walzen zu Pulver zerkleinert. Diese Gerb-Extrakte konnten bei Bedarf mit Wasser angerührt werden. Bis zur “Gare” des Leders dauerte es etwa drei Jahre. – Siehe mehr bei Hugo Wingen: Energie aus dem Hauberg. Siegen (Höpner) 1982, S. 15 ff., Theodor Kraus: Das Siegerland. Ein Industriegebiet im Rheinischen Schiefergebirge (einleitende Anmerkung), S. 70 ff. sowie zum Untergang der Lederindustrie Ulrich Haas: Wandlungen der wirtschafts- und sozialgeographischen Struktur des Siegerlandes im zweiten Viertel des 20. Jahrhunderts. Remagen (Bundesanstalt für Landeskunde) 1958, S. 5 f.

10 “Die Bälge sind bei sämtlichen Siegenschen Werken von Leder, und nutzen sich bei den Stahlhämmern, gewöhnlich in 5, 6 bis 7 Jahr ab, daß sie mit neuen verwechselt werden müssen. Ein Paar Stahlhämmer Bälge kosten ohngefehr 80 Reichsthaler”, schreibt Johann Philipp Becher: Mineralogische Beschreibung (Anm. 8), S. 281 (Rechtschreibung wie dort; diese wurde in die 2. Auflage aus der Erstauflage 1789 fast unverändert übernommen).

11 “Auf den Siegenschen Stahl- und Eisenhütten bedient man sich durchgängig lederner Bälge, obgleich solche viel auszubessern kosten, und beinahe noch einmal so theuer im Ankauf wie hölzerne sind. Allein die Massenbläser glauben, daß letztere nicht so geschwind getrieben werden könnten, wie erstere. Ein hölzerner Balg blies nur in der Minute 8 bis 10 dahingegen der lederne 14 mahl”, berichtet Johann Philipp Becher: Mineralogische Beschreibung (Anm. 8), S. 277.

12 1 Wagen Holzkohle = 10 Bütten; 1 Bütte = 0,54 Kubikmeter; siehe G. M. Kletke (Hrsg.): Maas- und Gewichts-Ordnung vom 17. August 1868 nebst der Eich=Ordnung vom 16. Juli 1869, 2. Aufl. Mit sämmtlichen bis incl. Juli 1871 ergangenen, diese Gesetze ergänzenden und erläuternden Bestimmungen. Berlin (Hempel) 1871, S. 52. – Siehe auch Johann Philipp Becher: Mineralogische Beschreibung (Anm. 8), S. 264.

Nicht zu verwechseln mit Holzkohle (als von Köhlern hergstelltem Produkt) ist die Braunkohle, die früher ebenfalls “Holzkohle” genannt wurde. Sie wird bergmännisch aus Naturvorkommen abgebaut; siehe Johann Philipp Becher: Mineralogische Beschreibung (Anm. 8), S 67. – 1 Zain (die bei Becher dort genannte Masseinheit) = 0,81 Kubikmeter.

13 Die Menge bezieht sich auf das Jahr 1787; siehe Johann Philipp Becher: Mineralogische Beschreibung (Anm. 8), S. 308.

14 Siehe auch Ellen Scheuner: Die Wirtschaftspolitik der Nassauer im Siegerland vom 16. bis 18. Jahrhundert. Münster (Westf. Vereinsdruckerei) 1926, S. 48 und die dort (S. 5 ff.) angegebene Literatur.

15 “An den Hämmern stehen diese Bäume, um die Funken abzuhalten, daß sie nicht auf die Dächer der Wohngebäude fallen und zünden”, bemerkt Johann Philipp Becher: Mineralogische Beschreibung (Anm. 8), S. 309, Fussnote. Dabei ist zu bedenken, dass die Dächer der Häuser vorwiegend mit Stroh gedeckt waren. – Siehe auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 3), S. 71 ff. (“Ein altes Herkommen, dessen ich [wie vieler andern] noch nicht erwähnt, war; daß Vater Stilling alle Jahre selbsten ein Stück seines Hausdaches, das Stroh war, eigenhändig decken musste. .. Er richtete es so ein, daß er alle Jahre so viel davon neu deckte, so weit das Roggenstroh reichte, das er für dies Jahr gezogen hatte.”).

16 Schutzengel von Johann Heinrich Jung-Stilling. Er zeigte sich diesem zu dessen irdischer Zeit, nahm ihn von dort ins Jenseits mit und schrieb auch für ihn. Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich, 7. Aufl. Bietigheim (Karl Rohm Verlag) 1999, S. 220 ff. (S. 279: “Siona hat mir Lavaters Verklärung in die Feder diktiert”). In fast allen der in Anm. 1 aufgezählten Erscheinungs-Berichten hat sich Engel Siona dem in die Welt wiedereingetretenen Jung-Stilling als Begleiter beigesellt.

Der Name Siona bedeutet letztlich “die Himmlische”; siehe die genauere, weitläufige Erklärung dieses Namens bei Philipp Paul Merz: THESAURI BIBLICI PARS SECUNDA, NEMPE ONOMASTICON BIBLICUM SEU INDEX AC DICTIONARIUM HISTORICO-ETYMOLOGICUM. Augsburg [Veith] 1738, S. 1161 ff. sowie bei Petrus Ravanellus: BIBLIOTHECA SACRA SEU THESAURUS SCRIPTURAE CANONICAE AMPLISSIMUS, Bd. 2. Genf (Chouët) 1650, S. 627 (hier auch einige seltenere übertragene Bedeutungen wie etwa “ORNAMENTUM TRACTUS” oder “GAUDIUM TOTIUS TERRAE” und “LOCUS PERFECTISSIMAE PULCHRITUDINIS”). Beide bis heute kaum übertroffene Werke erfuhren viele Nachdrucke und Übersetzungen in mehrere Sprachen.

Jung-Stilling fasst den Engel als weiblich auf. Er spricht Siona an als
– “unaussprechlich erhabene Tochter der Ewigkeit” (Szenen aus dem Geisterreich, S. 219),
– “göttliche Freundin” (ebenda, S. 223), dankt der
– “erhabenen Dolmetscherin” (ebenda, S. 241), die ihm
– als Engel – oft ungesehen
– “immer liebvoll zur Seite ist” (Johann Heinrich Jung-Stilling: Chrysäon oder das goldene Zeitalter in vier Gesängen. Nürnberg [Raw’sche Buchhand dem Geisterreich, S. 282), aber
– auch vom Jenseits berichtet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 308) und
– Jung-Stilling (der im Chrysäon Selmar heisst) auf einer “Himmels-Leiter” zum Sehen führt (Chrysäon, Prolog, Versabschnitt 2; siehe auch Versabschnitt 8) sowie
– zu seiner verstorbenen Tochter Elisabeth (Lisette, 1786–1802) und zu deren Mutter (Jung-Stillings zweiter Ehefrau Selma von St. George, 1760–1790) geleitet (Chrysäon, 4. Gesang, Versabschnitt 2 ff.),
– ihn aber auch von himmlischen Höhen “in müdes Weltgewühle” zurückbringt (Chrysäon, 3. Gesang, Versabschnitt 87).

Siehe zum Verständnis der Engel im religiösen Denken von Jung-Stilling auch Gerhard Merk (Hrsg.): Jung-Stilling-Lexikon Religion. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1988, S. XX f., S. 30 ff. sowie Gotthold Untermschloß: Vom Handeln im Diesseits und von Wesen im Jenseits. Johann Heinrich Jung-Stilling gibt Antwort. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, S. 16 ff. — Vgl. zum Grundsätzlichen auch Paola Giovetti: Engel, die unsichtbaren Helfer der Menschen, 8. Aufl. Kreuzlingen, München (Hugendubel) 2003 sowie im Internt die Adresse <http://www.himmelsboten.de>

17 Einjeder Christ, der in die Seligkeit eingeht, erhält von GOtt einen neuen Namen, siehe Offb 2, 17 sowie (Johann Heinrich Jung-Stilling:) Die Siegs-geschichte der christlichen Religion in einer gemeinnüzigen (so!) Erklärung der Offenbarung Johannis. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1799, S. 89.

Der besondere Name, mit dem Jung-Stilling im Jenseits beschenkt wurde, ist Ohephiah (= der GOtt liebt). – Siehe hierzu [Christian Gottlieb Barth:] Stillings Siegesfeyer. Eine Scene aus der Geisterwelt. Seinen Freunden und Verehrern. Stuttgart (Steinkopf) 1817, S. 12. Die Schrift wurde mit geringfügigen Änderungen) aufgenommen in: Johann Heinrich Jung’s, genannt Stilling sämmtliche Werke. Neue vollständige Ausgabe, Bd. 1. Stuttgart (Scheible, Rieger & Sattler) 1843, S. 853 ff.

Billions of spiritual creatures walk the earth unseen,
both when we sleep and when we wake.

Comments

So empty here ... leave a comment!

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Sidebar