Von Leistung, Mühe und Entgelt in dieser unserer Arbeitswelt
Eine heutzutage sonder Zweifel ausnehmend wichtige Betreffnisse bezielende nachtodliche Belehrung durch den hochgelehrten, lebenserfahrenen Herrn Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817) der Weltweisheit und Arzneikunde Doktor seit 1785 Kurpfälzischer, durch Rechtsübergang ab 1803 Badischer Hofrat durch Verleihung ab 1808 Grossherzoglich Badischer Geheimer Hofrat Lebzeitig bis 1803 Professor für ökonomische Wissenschaften an der Universität Marburg/Lahn, dortselbst auch Lehrbeauftragter für operative Augenheilkunde an der Medizinischen Fakultät; vordem bis 1787 Professor für angewandte Ökonomik – unter Einschluss der Veterinärmedizin – an der Universität Heidelberg und davor mit gleicher weiland Gründungsmitglied der Geschlossenen Lesegesellschaft zu Elberfeld, dortselbst auch seit 1772 praktischer Arzt, Geburtshelfer, Augenarzt und seit 1775 behördlich bestellter Brunnenarzt sowie Dozent in Physiologie; der Kurpfälzischen ökonomischen Gesellschaft in Heidelberg, der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft in Mannheim, der Königlichen Sozietät der Wissenschaften in Frankfurt/Oder, der Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste in Kassel, der Leipziger ökonomischen Sozietät sowie auch der erlauchten Loge “Karl August zu den drei flammenden Herzen” in Kaiserslautern Mitglied Hernachmals dienstfertig beflissen ohne Verschub aufgeschrieben; sodann gemeinen Nutzens zu Gut und alle Leser gÖttlicher Obhut sowie getreuen englischen Schutzes innig empfehlend ins Internet gestellt Jung-Stilling-Gesellschaft e. V., Siegen ₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪₪ Der Text ist im Jahr 1991 als Druckausgabe erschienen. Die hier wiedergegebene Fassung ist an einigen Stellen verändert. – Eine allfällige kommerzielle Nutzung bedarf der schriftlichen Einwilligung des Copyright-Inhabers, nämlich der löblichen |
Es war ein lauer Frühlingstag.
Die Landschaft in der Sonne lag;
Es roch nach feuchtem, frischen Grün:
Man sah schon reichlich Blumen blühn.
Ich zog mir andre Kleidung an
Und machte mich nach Dienstschluss dann
Zu einem kurzen Rundgang auf.
Sehr gern ich stets noch etwas lauf,
Wenn hinter Beton ich und Glas
Seit acht Uhr bei der Arbeit sass.
Jetzt bog ich einen Feldweg ein,
An dessen leicht gefurchtem Rain
Bereits der schmucke Löwenzahn
Die gelben Blüten aufgetan.
Da fällt mein Blick auf einen Mann;
Der sieht genau den Rain sich an.
Bisweilen er sich schleppend bückt,
Ein Blatt vom Löwenzahn sich pflückt
Und legt es schlapp, wie in Hypnose,
In eine übergrosse Dose.
Mir fällt bei allem diesem auf
Der Rhythmus im Bewegungslauf:
Der Mann kriecht zaudernd durch den Raum,
Als wäre er ganz tief im Traum.
Befremdend scheint er mir, bizarr:
Als sei halb lahm er, kraftlos, starr.
Bedrückt ihn Handlungszwang, Psychose?
Quält etwa Rheuma ihn, Arthrose?
Vielleicht auch haben schlechtweg Drogen
Ihm Schwung und Energie entzogen?
Derweil ich so Gedanken hege,
Ich näher mich zu ihm bewege.
Erst nehme wahr ich die Gestalt,
Erkenne das Gesicht auch bald.
Gewiss wird meine Einschätzung:
Der Mann ist Hofrat Doktor Jung!1
Flugs vor ihm nunmehr stehe ich
Und unsre Blicke kreuzen sich.
Ich sprach ihn früher jeweils an,
Woraus sich ein Gespräch entspann.2
So wollte heut ich ihn auch fragen,
Ob er vielleicht mir könne sagen,
Warum es eben denn geschehe,
Dass ich ihn gleichsam bleiern sehe?
Doch diese Frage kann ich sparen!
Denn sehr rasch wechselt sein Gebaren:
Bewegt er sich doch nun normal,
Wie noch im Leben dazumal!
Bevor ich ihn begrüssen kann,
Spricht mich Jung-Stilling freundlich an.
“Ich halte es für sonders gut,
Dass ihr fürs Wohlsein etwas tut
Und geht, Herr Gotthold, noch spazieren,
Statt auf den Bildschirm nur zu stieren!
Wenn solches alle Menschen täten:
Es gäbe kaum Kalamitäten,
Was die Gesundheit anbelangt.
Es wäre dann auch nicht erkrankt
Ein Teil gerade jener Leute,
Die träge sich bloss regen heute.
Wer handelt aber angestrengt,
Stetsfort an seine Kräfte denkt.
Drum ist auch diese Minderheit
Meist gegen Krankheit stark gefeit.” –
“Herr Hofrat3 Jung: ich bitte sie,
Zu klären hier das Was und Wie!
Wenn recht ich eben sie verstand,
Dann haben sie geteilt genannt
Die Arbeit heute in zwei Gruppen.
Die einen tuen sich entpuppen
Als Faule, zudem häufig krank;
Die andren emsig durch die Bank,
Bewusst drum auf Gesundheit achtend
Und Kranksein zu vermeiden trachtend.
Moderne Fach-Literatur
Kennt keinen Hinweis, keine Spur
Auf eine solche Unterscheidung.
Ja, selbst zu Rom die Kirchen-Leitung
Beklagt doch jene Zweiheit nicht4:
Und die nimmt alles sonst in Sicht,
Was tut sich an Entwicklung dar,
Die birgt im Ansatz schon Gefahr.” –
“Herr Untermschloss: erwartet nicht
Von mir durchdachten Unterricht,
Wie diesen bot ich mit System
Als Hochschul-Lehrer ehedem.5
Ich will euch vielmehr bloss bewegen,
Die Dinge selbst zu überlegen.
(1.0) Bedenkt, wie viel zu tun noch ist,
Bis diese Erde sich bemisst
Als lebenswert für Menschen alle:
Dass keinen Elend mehr befalle.
(1.1) Nehmt nur Europa in den Blick!
Es türmt sich laufend hier der Schlick6
In Form von wuchernden Problemen,
Die Zuwachs und Verstärkung nehmen.
Lasst nennen mich aus vielem nur,
Wie mit der Umwelt man verfuhr;
Das Heer von isolierten Alten,
Die nicht zu Haus man will behalten;
Die grosse Zahl der Trinker, Raucher
Benebst Narkotika-Verbraucher;
Vermehrung jederlei Verbrechen
Bei starken Strafverfolgungs-Schwächen;
Die Wanderung von Ost nach West,
Was Klippen neu entstehen lässt.
Ihr stimmt wohl zu, dass ich in Eile
Sprach an Probleme nur zum Teile.
Um sie zu lösen, müsste man
Gezielt in Arbeit packen an.
(1.2) Doch was geschieht in Wirklichkeit?
Erwerbslos viele sind zur Zeit;
Noch mehr befasst mit Tätigkeiten,
Die augenscheinlich widerstreiten
Dem ökonomischen Prinzip:7
Und das in jeder Art Betrieb!
Sie werkeln nur so vor sich hin,
Oft unergiebig, ohne Sinn.” –
“Herr Hofrat! Zweifel habe ich,
Ob ihnen jetzt noch zugänglich
Das Rechnungswesen heutger Firmen.
Man weiss sehr wohl sich abzuschirmen
Vor Schäden, welche allzumal
Bringt viel zu teures Personal.
Es werden Löhne nur geschluckt,
Bis gleich sie sind dem Grenzprodukt.
Doch steigen über dieses sie,
Dann schränkt man ein bald irgendwie
Den Inputfaktor8 Personal:
Ersetzt ihn dann durch Kapital.
So lehrt es auch in jedem Werk
Ihr löblicher Kollege Merk.9” –
(2.0) “Mein Stillings-Freund: ich mag es nicht,
Wenn ständig man mich unterbricht,
Bevor zu Ende ich gedacht
Und eine Pause dann gemacht;
Immassen10 so Gedankenfluss
Ins Stocken ja geraten muss!
Die Lehre von dem Grenzprodukt
Wird zwar in Büchern noch gedruckt;
Doch steht sie mit der Wirklichkeit
In vielem doch in Widerstreit!
(2.1) Dass i c h die Dinge richtig sehe
Und auch das Heute wohl verstehe,
Mögt daraus klar erkennen ihr,
Dass jüngst Tarifparteien hier
Im Einvernehmen legten fest,
Dass Arbeit man verringern lässt
Gesamt auf fünf und dreissig Stunden.
Doch ist darin nicht eingebunden
In jeder Firma ein Segment
Genau von acht und zehn Prozent,
Berechnet auf die volle Zahl,
Die diese zählt an Personal.
(2.2) Mit diesem Fünftel an Begehrten
Darf durch Vertrag vereinbart werden,
Dass länger sie beschäftigt sind,
Wenn dazu man sie frei gewinnt.11
Nun sagt mir, der ihr soviel wisst,
Was Sinn der Abmachung hier ist?” –
(2.3) “Herr Hofrat Jung, im Kern das heisst:
Auf jenes Fünftel allermeist
Kommt im Betrieb es wirklich an.
Vier Fünftel könnten gut alsdann
Bloss dreissig Stunden sitzen ab,
Weil sie zuviel schon und nicht knapp.” –
(2.4) “Genau! Aus dem erkennt ihr gut,
Was eine Minderheit hier tut:
Sie plant und setzt in Arbeit um,
Was löst Probleme, die rundum
Der Menschheit auf den Nägeln brennen,
Die andre weder sehn noch kennen!
Der grosse Haufen dies nicht kann
Auch spricht ihn solches gar nicht an.
(2.4.1.0) Lasst sagen etwas mich zum Können;
Man möge Offenheit mir gönnen!
(2.4.1.1) Berufs-Ausbildung schreibt man gross
In Deutschland heutigs zweifellos.
Ich möchte keineswegs bestreiten,
Dass besser sie wie noch vorzeiten!
Auch ist sie rechtlich garantiert
Und straffer drum organisiert.
(2.4.1.2) Doch nehme wahr ich jetzt auf Erden,
Dass sichtlich überfordert werden
Die Menschen in der Fähigkeit
Zur Leistung – gar oft himmelweit!
Da sehe ich den Heizungs-Mann,
Der keinen Schaltplan lesen kann.
Dem Maler scheint es unbekannt,
Wie schützt man einen Gegenstand
Durch Anstrich auf die beste Weise
Sowie zum minimalen Preise.
Fremd ist ihm die Beschaffenheit
Der Farbe, die den Schutz verleiht;
Er kennt nur wenig das Objekt,
Mit Farbe nun von ihm bedeckt.
So könnt bei jedem Handwerk ich
Beschreiben euch, wie kümmerlich
Das Wissen dort im Durchschnitt ist,
Die Leistung drum sich schlecht bemisst.
Ein anerkannter Baufachmann,
Der jüngst erst kam im Jenseits an,
Versicherte sehr glaubhaft mir:
Reparaturen heute hier
Entfallen grösstenteils auf Bauten,
Die Handwerksleute drum versauten,
Weil falsch sie schon das Werk begannen,
Aus Un=Kenntnis erzeugten Pannen.
(2.4.1.3) Doch macht sich die Unfähigkeit
Zur echten Leistung nicht nur breit
In allen Handwerker-Berufen:
Man trifft sie an auf allen Stufen.
Heut Akademiker verlassen
Die Universität in Massen,
Doch ohne dass sie je kapiert,
Was ihre Disziplin fundiert.
Das grosse Ganze sahen sie
Bei allem Einzelwissen nie!
Das gilt für Ärzte, Philologen,
Juristen, Lehrer, Theologen,
Die nie durchschaut die Systematik
Streng formend jederlei Dogmatik.
(2.4.1.4) Und das kommt nicht von ungefähr!
Ist doch ein kleiner Teil nur mehr
Der Professoren in der Lage,
Exakt zu lösen eine Frage,
Die eng sich auf ihr Fach bezieht.
Zu forschen gar auf dem Gebiet,
Das sie vertreten in der Lehre,
Inzwischen gilt schon als Schimäre.
Zwar forschen meist sie vor sich hin,
Doch ohne Wirksamkeit und Sinn:
Verplempern schändlich knappes Geld,
Das ihnen wird bereitgestellt
Meist ohne ernstliche Kontrolle,
Die scheinbar hier spielt keine Rolle!
Ob Geldmissbrauch, Verschwenderei,
Vergeudung, Missbrauch, Mogelei:
Im Sumpf der Universität
Als ‘Forschung’ solches wohl gerät!
Und derart Herren sich betragen,
Die auch als Lehrer meist versagen.
Die Vorlesung samt Seminar
Oft nehmen Assistenten wahr.
(2.4.1.5) Doch mit Exempel sei nun Schluss!
Aus ihnen klar man folgern muss:
Trotz allen Eifers, der geschieht,
Dass Schulung besser sich vollzieht,
Sind heut die meisten Arbeitnehmer –
Vom Hochschullehrer bis zum Krämer –
Von ihrer Bildung so gestellt,
Dass Ansprüche der Arbeitswelt
Sie leistungsmässig gar nicht schaffen:
Hier übergrosse Lücken klaffen.
(2.4.1.6) Drum sind Hotels, Konditoreien,
Gemüseläden, Klempnereien,
Budiken, Warenhäuser, Läden,
Auch Banken, Universitäten
Nicht gut geführt. Man klagt zu Recht:
‘Wie ist das Personal so schlecht!’
Es fehlt vom Kaufhaus zum Spital
Qualifiziertes Personal!
Der Seufzer, stöhnend durch das Land,
Zu meiner Zeit war unbekannt.
(2.4.2.0) Vom Unvermögen sprach ich breit,
Das weithin prägt Berufsarbeit.
Doch Lernen, Bildung fordert auch
Den Willen zum Vernunft-Gebrauch,
Und das hinwiedrum schliesst stets ein
Genussverzicht und Tätigsein;
Entsagend der Bequemlichkeit:
Dem Drang zum Nichtstun, der gedeiht
Sehr rasch, wenn nicht man stets entschlossen
Verwehrt sich alle eitle Possen:
Gejasse 12, Fernseh-Guckerei,
Schlaraffen-Träume, Schlemmerei,
Sich lustvoll in das Auto setzen
Und rastlos über Strassen hetzen,
Benebst zu manchem ‘Zeit=Ver=Treiben’,
Das hier ich jetzt nicht will beschreiben.
Aus meiner ‘Jugend’ kennt ja ihr,
Wie jede Stunde kostbar mir13:
Dass wohl ich weiss, wovon ich rede,
Wenn Bummelei ich so befehde;
Denn heut noch ist durchaus sehr richtig,
Was sagt das Sprichwort knapp, doch sichtig:
‘Es Hans lebtags an dem gebricht,
Was Hänsgen mochte lernen nicht’.
(2.4.2.1) Die Mehrheit aller jungen Leute
Ist nicht bereit und willens heute,
Bequemlichkeit hintanzusetzen
Und lernen, den Verzicht zu schätzen
Der Vorbedingung – wie ihr wisst –
Für Aufstieg, Vorwärtskommen ist.
(2.4.2.2) Die Eltern spornen meist nicht an,
So dass das Kind kaum fühlen kann,
Wie Wissen lebenslang bleibt Macht,
Durch die Beglückung angefacht.
Denn auch zu deren Jugendzeit
War Trumpf ja schon Bequemlichkeit.
(2.4.2.3) Als nächstes aufstiegshindernd steht,
Wie jetzt die Sexualität
Beurteilt und ermessen wird.
Man zweifelsohne gründlich irrt,
Wenn Herrschaft über diesen Trieb
Als Endziel auf der Strecke blieb.
Gebraucht man früh schon zielbewusst
Geschlechtskraft zum Gewinn von Lust,
Dann geht mit zehn es schon bergab:
Der Wille wächst nicht und wird schlapp;
Verbuhlt der Sinn giert liebestoll:
Die Brunst herrscht stählern, anspruchsvoll.
Der Worte mehr versag ich mir
Zur Sexual-Erziehung hier.
Denn selbst die Stillings-Freunde meinen,
Ich würde da extrem erscheinen.14
(2.4.2.4) Vorm Fernsehn, auf dem Mofa sitzend,
Ist schöner, als am Tische schwitzend
Vor Hausaufgaben straff und stramm;
Als Gram, der kommt um ein Programm,
Weil nicht es der Computer schluckt –
Vielleicht der Printer es nicht druckt.
Nur kann beim Fernsehn, Mofafahren
Man eben leider nicht gewahren,
Wie um die Dinge es der Welt
Im Urgrund und Verlauf bestellt.
Denn Praxis wie auch Theorie
Fasst auf man ohne Lernen nie!
(2.4.2.5) So vor=bereitet tritt nun ein
Die Mehrheit in das Tätigsein.
Beruf ist blosshin Mittel ihnen
Zum Beutemachen, Geldverdienen.
Auf Leistung sind sie nicht versessen
Und zeigen keinerlei Interessen
Zum Aufstieg und zum Weiterkommen;
Wiewohl dies wird gern wahrgenommen,
Soweit es geldlich gut sich lohnt
Und Arbeit bleibt so, wie gewohnt:
Denn Weiterbildung im Beruf
Als Plackerei steht in Verruf.
(2.4.2.6) Fürwahr denkt so die grosse Masse
Bis hin zur Professoren-Klasse.
Ist einer dort habilitiert15,
Er kaum um Fortbildung sich schiert;
Und kein Minister, kein Dekan
Mag zügeln diesen Schlendrian.16
(3.0) Die Mehrheit, die ich just beschrieb,
Hat Arbeit ganz bestimmt nicht lieb.
Im Herzstück, Drehpunkt ihres Lebens
Sucht man Berufs-Leistung vergebens.
Ihr Wunschtraum an das Leben ist,
Dass nie Genuss man je vermisst:
In Selbstsucht völlig eingetaucht,
Wird kaum gespart und bloss verbraucht.
(3.1) Es blüht die Trunksucht, Völlerei,
Gefrässigkeit und Schmauserei;
Die Spielsucht: Lotterie und Toto,
Das Glücksspiel: Flippen, Jassen, Lotto.17
Man reist in Urlaub dreimal gar
Inzwischen häufig schon pro Jahr.
Verschlungen wird mit Sympathie
Gesudel, Schmutz, Pornographie;
Gestiert auf Bildschirm-Schweinerei:
Perversität und Hurerei.
Man fährt – wohl trieb=haft gleichermassen –
Im Auto ziellos über Strassen,
Weil so Befriedigung tritt ein:
Vergessen wird, wie selbst man klein;
Man wähnt, als Mensch sei viel man wert,
Da pfeilgeschwind das Auto fährt.
Erweislich wird des Motors Kraft
Erlebt als Tat, die selbst man schafft!
Dies ‘Selbst=Verwirklichung’ man nennt:
Gewisslich doch der Freiheit End!
Lest mehr dazu in jener Schrift,
Die im Detail stellt vor dies Gift.18
Herr Freimund gibt hier richtig wieder,
Wie Auto-Wahn beugt Klarsicht nieder.
(4.0) Doch kehre ich zum Mittelstück
Jetzt wieder denkgerecht zurück!
Ich wollte nämlich euch erklären,
Warum die Meisten sich verwehren,
Und daher emsig im Betrieb
Bloss eine Handvoll tätig blieb:
Nur jene neun und zehn Prozent,
Die im Vertrag man eigens nennt.
Nun folgt aus alldem einwandfrei
Fürs Wirtschaftsleben dreierlei.
(4.1) Zunächst (ist das nicht Ironie
Für heutige Demokratie
Und Widerspruch zu allen Lehren,
Die jeden ‘gleich gestellt’ erklären?):
Es hängt der Mehrheit Wohlergehen
Allein am Einsatz und Verstehen
Von einer Handvoll Leistungsträger;
Die andren sind bloss Posten-Heger.
(4.2) Gesellschaft geht bloss dann es gut,
Wenn diese Schicht ihr Bestes tut.
Demokratie wird heut geschützt,
Gesellschaft ganz allein gestützt
Von einer fleissigen Elite:
Sie ist des Wohlstands aller Schmiede!
(4.3) Das freie, selbstbestimmte Leben,
Dem alle jetzig so ergeben,
Ist möglich einzig und allein,
Weil eine Minderheit steht ein
Für dessen Ordnung und Gedeih
Durch Tatkraft, Ehrgeiz, Schufterei.” —
“Herr Hofrat Jung! Sie wollen nicht,
Dass man im Wort sie unterbricht.
Doch lassen sie mich wenden ein,
Dass dies allein kann nicht so sein.
Es lehrt ihr Stillings-Freund G. Merk
Im ersten Band von seinem Werk,
Bei diesem Fall sei Hauptproblem
Der Wirtschaft Ordnung und System!19
Ist nicht die Ordnung erst entscheidend,
Eliten doch nur nachbereitend?” —
(5.1.0) “Dass bloss Elite Untergrund
Der Wirtschaft, zeigt sich als Befund
In jeder Ordnung, die lässt zu,
Dass diese ihre Leistung tu.
Ich will euch dies am Beispiel lehren:
Dann wird der Einwand leicht sich klären.20
(5.1.1) In Ostdeutschland, so hört man heute,
Gab durchweg es bloss faule Leute.
Die liessen einfach alles schludern,
Die Wirtschaft, Umwelt ganz verludern.
Doch ist gewiss, dass diese Sicht
Der Wahrheit keineswegs entspricht.
(5.1.2) Seht ganz genau auf Leistung ihr,
Die dort geschah so wie auch hier,
Dann gibt auf beiderlei Gebiet
Es kaum, ja keinen Unterschied.
Der Fahrer in dem Omnibus,
Der Streichorchester-Musikus,
Der Schaffner, Maschinist im Zug,
Der Landarbeiter mit dem Pflug,
Der Fräser, Schleifer, Lagerist,
Bürogehilfe und Florist,
Der Staatstheater-Dramaturg;
Der Drucker, Schreiner und Chirurg,
Der Bote auf dem Friedhofs-Amt,
Die Angestellten insgesamt:
Sie sassen weniger bei Festen
Als die Kollegen dort im Westen;
Denn ihre Arbeitszeit war länger,
Die Zahl der Feiertage enger;
Auch hatten Kranksein, Bummelei
Im Osten weniger Gedeih.
(5.1.3) Die Arbeits-Leistung personell
War also gleichviel generell.
Dass litt Gesellschaft so extrem,
Liegt auch direkt nicht am System.
Der Grund für dieses Siechtum war,
Dass ausgeschaltet ganz und gar
Man hatte grade jene Schicht,
Die mehr tut als bloss ihre Pflicht:
Die voller Kraft, gepaart mit Fleiss,
Verantwortlich sich fühlt und weiss
Für ihre Tätigkeit im Amt
Zum Wohlergehen insgesamt;
Die handelt in Beharrlichkeit,
In Tatendrang und Strebsamkeit.
Ich hoffe, dass ihr deutlich seht,
Worum im Grunde es hier geht.21
(5.2.0) Sodann folgt klar aus alledem,
Dass unabhängig vom System
Die Masse abhängt von Entschlüssen,
Die wenige nur fällen müssen;
Es hat die Mehrheit darauf bloss
Gewicht, das schier bedeutungslos.
Das gilt im grossen wie im kleinen,
Mag manchmal es auch anders scheinen.
(5.2.1) Die Leistung im Betrieb sei gut.
Mit Eifer seine Pflicht auch tut
Der Chef vom Einkauf und Versand;
Das Rechnungswesen sei brillant:
Gesamthaft sei das Personal
Ganz meisterlich, phänomenal.
Doch wenn durch Fehler e i n e s nur,
Die Firma jäh Bankrott erfuhr,
Ist dieses Gute unerheblich:
Die Leistung aller war vergeblich!
(5.2.2) Was hier betrieblich Unheil schafft,
Gilt gleichso für die Volkswirtschaft.
Ein Volk mag schaffen viel mit Fleiss
Und produzieren solcherweis,
Dass wird zu Kosten hergestellt
So niedrig wie nicht auf der Welt.
Doch wenn der Wechselkurs22 nicht stimmt,
Die Wirtschaft böses Ende nimmt.
Den Wohlstand zwingen bloss allein
Die Niedrigkosten nicht herein.
(5.2.3) Umsonst sind der Bevölkerung
Bemühen, Energie und Schwung,
Hat man den Weltmarkt nicht studiert
Und Dinge, Waren produziert,
Die absetzbar in keiner Weise,
Auch selbst nicht zum geringsten Preise.
(5.2.4) Enthüllt wird auch in diesem Fall,
Dass Masse immer, überall
Ist gänzlich darauf angewiesen,
Dass andre sie bewahrt vor Krisen,
Die sie allein nicht meistern kann:
Elite zeigt den Weg ihr an.
(5.2.5) Doch dass kein Missverständnis sei:
Natürlich steht es zweifelsfrei,
Dass Fleiss und Qualifikation
Von einzelnen und in Union
Mit anderen sehr wichtig ist:
Grad Teamwork heut sich hoch bemisst!
Vereintes Tun, sozialer Frieden
Sich daher schon von selbst gebieten.
Es wird ja heutigs viel getan,
Dass dies vollzieht sich auch nach Plan.
(5.2.6) Doch ist Gesellschaft ebenso
Ganz abhängig von dem Niveau
Der Minderheit, die neu gestaltet
Und schöpferische Kraft entfaltet.
Dies viel zu wenig wird erkannt;
Der Blick davon gern abgewandt,
Weil dann man sähe zweifelsfrei,
Wie ungleich jeder Mensch doch sei,
Und wieviel leistungsschwache Drohnen
Die Volkswirtschaft hat zu entlohnen.
(5.3.0) Zum Dritten hat dadurch der Lohn
Jetzt völlig andere Funktion.
Die Grenzprodukt-Satz-Theorie,
Wie heute noch gelehrt wird sie
Selbst in dem zweiten Band vom Werk
Des Stillings-Freundes Gerhard Merk23,
Begrifflich ist zwar wohlgestaltet,
Doch in der Praxis wohl veraltet.
(5.3.1) Zu kriegen nach der Leistung Lohn,
Den meisten gilt als blanker Hohn;
Obzwar die Leistung heute fair
Gewöhnlich doch zu messen wär.
Denn Leistung steht nicht auf dem Spiel:
Versorgung vielmehr ist das Ziel!
Verspürt wird drum als ungerecht,
Wenn bloss man an die Leistung dächt.
(5.3.2) Man kann die Haltung deutlich sehn,
Den Wandel drum auch gut verstehn,
Wenn kurz man sich vor Augen hält,
Wie um den Staatsdienst es bestellt.
Normal ist für die Karriere
Kaum wichtig, dass man sich bewähre.
Befördert wird man als Bestallter
Nach Jahren im Beruf: nach Alter.
Gehaltsniveau ist im gesamten
Bei Staatsarbeitern und Beamten
Entkoppelt von der Leistung ganz.
Der Konjunkturstand innerlands,
Der Lohntrend allgemein sodann
Bei Staats-Bediensteten zeigt an,
Wie hoch sich ihr Gehalt mag steigern;
Was niemand traut sich zu verweigern,
Weil sonst bei Bus, Müll und Spital
Ein Streik begönne jedesmal.
(5.3.3) Wie Kork stets auf dem Wasser schwimmt,
So wird Bezahlung hier bestimmt
Vom Pegel, den die Volkswirtschaft
An Leistungs-Strömen jährlich schafft.
Tarif-Gespräch drum auch beginnt
Mit Feststellung, wie hoch jetzt sind
Die Löhne in den Wirtschaftszweigen.
Allein tut d i e s als Grund sich zeigen
Für die Erhöhung der Gehälter,
Nicht: ‘mehr an Leistung – drum mehr Gelder!’
Ich frage, ob ihr hier erspäht
Bezug zur Produktivität?
Ob Grenzprodukt und Grenzertrag
Entscheidend sind noch heutzutag?
(5.3.4) Was wies ich für den Staatsdienst auf,
Gilt überall: landab, landauf!
Der Drechsler, Winzer und Jurist,
Der Zeitungsbote und Kanzlist,
Der Apotheker, Redakteur,
Der Bäcker, Metzger und Friseur,
Der Bademeister, Schornsteinfeger,
Der Taxifahrer, Totengräber,
Der Lehrer, Bibliothekar,
Der Tankwart, Schuster, Kommissar,
Die Kinderärztin, die Hebamme,
Die Dame mit dem Stenogramme,
Im Kaufhaus die Verkäuferin,
Die Putzfrau samt der Schneiderin,
Der Steinmetz, Sattler, Bandagist,
Vergolder, Imker und Dentist,
Der Fernseh-Sprecher, Orgelbauer,
Der Kürschner, Gärtner, Fleischbeschauer:
Sie leisten ganz bestimmt nicht mehr,
Ja, können dies nicht regulär.
Und trotzdem reicht man jedes Jahr
Erhöhte Löhne ihnen dar.
Ihr Wohlstand ist zu einer Spur
Bedingt durch eigne Leistung nur.
Was ihnen dauernd mehr beschieden,
Beruht auf Leistung der Eliten.
(5.3.5) Vom Hilfsarbeiter zum Professor
Geht laufend allen es viel besser:
Sie häufen sich Vermögen an
Und schwelgen wie ein Lebemann,
Obschon doch meistens, Stück für Stück,
Ihr Leistungs-Einsatz geht zurück!
(5.4) Nicht nur, dass klar vermindern sie
Engagement und Energie,
Womit man früher Leistung schuf
Bei Tätigkeiten im Beruf.
Verringert hat sich ziemlich weit
Inzwischen auch die Arbeitszeit.
In dreissig Jahren diese sank
Um gut ein Drittel durch die Bank.
Zu keiner Zeit und nirgendwo
Man derart in die Freizeit floh,
Wie grade heut zu diesen Tagen.
Die Arbeitszeit tut jetzt betragen
Ein absolutes Minimum
In jederlei Beruf reihum.
(5.5.0) Ich bitte, dass man mich verschon
Mit einer Produktions-Funktion
Sowie mit Elastizitäten,
Die rechnerisch beweisen täten:
Ertrag steigt durch mehr Kapital
Doch über-proportional;
Dass ferners wirkt in gleicher Richtung
Die Arbeits-Tiefe, die Verdichtung,
Wie dies begründend ich alsdann
Bei Gerhard Merk selbst lesen kann.24
(5.5.1) Herr Untermschloss: das ist doch Quatsch:
Verhüllung, Bluff, Kladderadatsch!
Mehr Kapital: dass ich nicht lache;
Das riecht mir sehr nach Stimmungsmache.
(5.5.2) Gewiss stieg hie und da beredt
Die Kapital-Intensität25,
Und sicher man Bereiche kennt,
Wo Kapital intelligent.
Im Druckgewerbe, Fahrzeugbau
Stellt solches deutlich sich zur Schau,
Obschon gerade dort man ruft:
Zu viele werden ‘abgestuft!’
(5.5.3) Genau hier zeigt sich das Problem!
Experten brauchte man vordem
In Setzerei und Fahrzeugbau.
Doch jetzt ist Kapital so schlau,
Dass besser gar ein Laie schafft
Die Arbeit hier schon meisterhaft.
(5.5.4) Indes ist jedermann doch klar,
Was Grund des Fortschritts hierbei war:
Die Leistung einer Minderheit!
Sie forscht, entwickelt, ist bereit,
Die Produktion auch zu riskieren,
Betrieblich zu organisieren;
Die Mittel dafür aufzubringen;
Vertreter, Händler zu verdingen;
Für raschen Absatz gut zu sorgen,
Dass Geld bereits zurückfliesst morgen.
(5.5.5) Bei keinem dieser einzlnen Schritte,
Darf je man gleiten aus dem Tritte!
Denn jeder Fehlschlag, der da wäre,
Bedeutet Schluss der Karriere:
Das ist ja typisch für Elite,
Wenn sie in Misserfolg geriete.
(5.5.6) Zwar wurde sicher Kapital
Vermehrt, verfeinert auch zumal,
So dass in bessre Position
Kam hier die ganze Produktion.
So konnte mehr an Gütern scharen
Man in den letzten dreissig Jahren.
(5.5.7) Jedoch: das gilt nicht allgemein;
Kann n i c h t Erklärung dafür sein,
Dass auch der Arzt, die Krankenschwester,
Der Schaffner, Krämer, Schweinemäster,
Der Wachmann, Maler, Geldbriefträger,
Der Glaser, Steinmetz, Kammerjäger,
Der Milchmann, Pfarrer, Journalist,
Der Schlosser, Gasmann und Florist
Bekommen laufend, jährlich schon,
Fast automatisch mehr an Lohn.
(5.6.0) Man mag sich ärgern, dass ich Stuss26
Auch die ‘Verdichtung’ nennen muss!
Dass in der Zeiteinheit ‘verdichtet’
Die Arbeit einer dann verrichtet;
Das heisst: mehr Freizeit gleicht sich aus
Durch mehr an Leistung rundheraus,
Verdächtig riecht nach Theorie27:
Erscheint als Traum mir, Utopie.
(5.6.1) Wie soll der Anwalt, Dirigent,
Der Bademeister, Disponent,
Pilot, Elektriker, Kanzlist,
Der Richter, Lehrer und Artist,
Gefängniswärter, Gärtner, Koch
‘Verdichtet’ mehr auch leisten noch?
Wer dies behauptet, weist sich aus
Als in der Praxis nicht zu Haus;
Mitunter ist er Ideologe,
Ein Wühler gar, ein Demagoge,
Die damals schon, zu meiner Zeit,
Sich machten dreist und lauthals breit.28”
Jung-Stilling stand in all der Zeit
Von mir entfernt vier Schritte weit.
Jetzt plötzlich kam ein zweiter Mann;
Der tippte Stillings Schulter an.
Er beugte leicht zu ihm sich vor
Und sprach sehr leise in sein Ohr.
Mir war der Mann sofort bekannt,
Weil oft ich seine Hilfe fand,
Die freundlich stets er bot mir da:
Jung-Stillings Schutzgeist Siona!29
Indes der Engel blieb noch hier,
Jung-Stilling wandte sich zu mir.
“Verzeiht, wenn nunmehr rasch zum Schluss
Der Rede ich gleich kommen muss.
Man hat im Himmel just befunden,
Dass ich soll eine Frau gesunden,
Der ständig links das Auge tränt,
Nach dessen Heilung sie sich sehnt. —
(6.0) Die Steigerung der Effizienz
Ist heute nicht die Konsequenz
Von Mehrleistung der Werkvolk-Masse,
Als vielmehr einer schmalen Klasse,
Die Fortschritt ganz allein gebiert
Und technisch auch realisiert.
(6.1) Erheblich abhängt mehr und mehr
Das Arbeitsleben folgenschwer
Von einer Minderheit, die schafft
Intelligent mit Fleiss und Kraft;
Derweil die Masse schlapp und träg
Verstärkt geht Leistung aus dem Weg.
Sie flüchtet sich mit Überschwung
In falsche ‘Selbst=Verwirklichung’.
(6.2) Das Schlimme doch bei alldem ist,
Dass diese Mehrheit heut vergisst:
Eliten nie in Intervallen
Als gOttgeschenkt vom Himmel fallen!
Man muss sie sorgsam wecken, hegen,
Umsorgen, fördern, eigens pflegen;
Als knappsten Faktor gut behüten,
Die Leistung deshalb hoch vergüten.
(6.3) Die Berge ungelöster Fragen,
Die derzeit bis zum Himmel ragen,
Verraten Mangel an Ideen:
Das werdet leicht ihr nun verstehen.
Es fehlt Elite, die bereit,
Die Schwierigkeiten dieser Zeit
In Arbeit sinnvoll umzusetzen –
Statt ständig bloss davon zu schwätzen,
Wie dies Politiker gern tun,
Weil für ihr Image opportun;
Auch lauthals manche Kirchenleute
Mit Lust (weil schick) es machen heute,
Wobei als sonders töricht gleissen
Die Prediger aus unsren Kreisen.
(6.4.0) Wie dieses knappsten Faktors heute
Vermehrt man wieder sich erfreute?
Darüber will gern demnächst ich
Belehren euch geflissentlich.
(6.4.1) Doch soviel sei gesagt schon jetzt:
Es wird gewaltig überschätzt
Das Hochschulwesen insgesamt,
Aus dem noch nicht einmal entstammt
Ein Viertel jener knappen Leute,
Die braucht man mit Ideen heute.
(6.4.2) Man sollte rasch sich drum entschliessen –
Selbst wenn dies manche mag verdriessen –
An allen Universitäten
Die Hälfte jeweils auszujäten.
Es seien davon ausgenommen
(Weil wirkend zum gemeinen Frommen)
Alleinig Fakultäten nur,
Die lehren Technik und Natur.
(6.4.3) Die Professoren weggesandt
Sofort gleich in den Ruhestand,
Ist nicht so teuer und gescheiter,
Als wenn sie junge Leute weiter
Geziert verdrehen und verkopfen:
Sie voll mit Traumgebilden stopfen.
Ideen und deren Durchsetzung
Bestimmt kommt niemals da in Schwung,
Wo Wissen grauer Theorie
Absurd verkannt wird als Genie.
(6.4.4) Doch was zu Recht ‘genial’ man nennt,
Zuwenigst ein Professor kennt:
Das dürft, Herr Gotthold, ihr mir glauben!
Ich kann dies Urteil mir erlauben,
Weil herb ich habe selbst erfahren
In fünf und zwanzig Arbeitsjahren
Als Lehrer, Rektor und Dekan
Dem Hochschulleben zugetan,
Wie Professoren neidisch sind:
Genie betreffend völlig blind!30” —
Geist Siona ihn unterbrach.
Er diesmal laut zu Stilling sprach,
Doch ohne dass ich es verstand:
Die Sprache war mir unbekannt.
Jung-Stilling nickte mehrmals dann;
Er lächelte mich dabei an.
Drauf aber, eh ich mich versah,
Stand Stilling plötzlich nicht mehr da!
Er eilte Knall auf Fall hinweg;
Wo just er stand, war leer der Fleck.
Geist Siona trat auf mich zu.
“Entschuldigt bitte, dass im Nu
Herr Hofrat Jung von dannen eilte.
Man drängte sehr, dass er doch heilte
Geschwind das Auge jener Dame.
Die Heilung darf aufs Wundersame
In dieser Welt er heut vollbringen,
Und sicher wird sie ihm gelingen.31
Man will, dass ihr es recht verwerte,
Was Hofrat Jung euch heute lehrte.
Nehmt diese Blätter, lasst sie scannen.32
Ihr werdet diesmal wohl erkennen,
Dass ist der Wortlaut schon in Reim.
Fügt ihr noch Noten an daheim,
Dass alle, die sind ausersehen,
Der Rede Inhalt auch verstehen.
Die Schrift im Druck erscheinen muss
Am Fest von Sankt Ambrosius.
Reicht diese von mir grüssend dar
In Mainz dem lieben Jubilar,33
Der, wie sonst kaum ein Stillings-Freund,
Von GOttes Gnade wird umzäunt.”
Geist Siona, mir zugewandt,
Ein Pack Papier hielt in der Hand;
Er steckte ihn mir freundlich zu.
Ich nahm ihn an mich zwar im Nu,
Doch wollte auf die Schrift kurz gucken,
Ob auch der Scanner sie mag schlucken.
Denn oft schon gab es Schwierigkeiten,
Grad alte Schriften einzuleiten.
Sehr rasch Gewissheit ich gewann:
Mein Scanner d i e Schrift lesen kann!
Zu danken drum Geist Siona,
Als meine Schuldigkeit ich sah.
Doch war jetzt alles ringsumher
Mit einem Male völlig leer!
Auch Siona war nun entschwunden,
Ins Jenseits wieder eingebunden.
Ich tat, was mir geheissen war
Und biete diesen Text nun dar
Gesamthaft, Wort für Wort komplett,
Zum Download frei im Internet,
Damit sich alle Stillings-Treuen
An dieser Botschaft recht erfreuen.
Doch ach! Wie ist die Welt verrückt!
Man sagt nicht Dank, ist nicht beglückt,
Dass diese Nachricht wird verbreitet:
Dem Wahren so der Weg bereitet.
Oh nein! Sie schreien: “Mystizismus,
Gespenster-Wahnsinn, Okkultismus,
Bezauberung, Nekromantie,
Beschwörung Toter: Blasphemie;
Chimäre, Aberwitz: ein Schmarren,
Ersonnen wohl von einem Narren,
Gefasel, Blödsinn, Unfug, Possen,
Aus einem wirren Hirn entflossen;
Geflunker, Machwerk, Schwindel, Lug,
Geschwätz, Geflunker, Bluff und Trug,
Betrügerische Reimerei,
Verruchte Wortverdreherei,
Groteske Phantasmagorie,
Missdeutende Ökonomie;
Verworren-närrisches Gedudel,
Gebräu aus höllischem Gesudel,
Ein Zeugnis von Besessenheit,
Verhexung und Verlogenheit;
Verruchte Götzendienerei,
Dämonenhafte Zauberei
Abscheuliche Provokation:
Der Hölle Manifestation!
Der Gotthold ist ein Hexerisch:
Verbreitet teuflisches Gezisch!”
Ach: zieht euch doch an eurer Nase,
Um zu entkommen Zorn-Gerase,
Das andren Dingen passend wäre,
Nicht aber Stillings Jenseits-Lehre.
Und stellt den Schimpf doch endlich ein,
Den einzeln ihr und im Verein
Von Neid entflammt, oft auch von Wut,
Auf Gotthold häufig zielen tut!
Sagt bitte einmal ganz konkret,
Ob irgend etwas euch entgeht:
Ob Schaden, Unglück ihr erleidet,
Wenn Gotthold aufschreibt und verbreitet,
Was ihm zuteil ward, er erlebte,
Als er durch Geist-Gefilde schwebte?
Was fühlt euch ihr darob gekränkt?
Nur weil dies nicht auch euch geschenkt?
Ach, lasst die Eifersüchtelei,
Macht euch von aller Missgunst frei,
Nicht weil euch Gotthold böse ist,
Als vielmehr, weil der Neid sich frisst
Sonst tief in eure Seelen ein:
Bereitend euch dort Höllenpein!
Es wünscht bestimmt nicht solche Qualen
Euch Gotthold Untermschloss zu Salen,
Der jedem Menschen Glück und Frieden
Von ganzem Herzen heischt hienieden,
Und nach der schnöden Welt Gewimmel
Den Frieden GOttes dort im Himmel.
Anmerkungen, Quellen, Hinweise und Erläuterungen
* Grafschaft Leisenburg = bei Jung-Stilling – das ehemalige Fürstentum Nassau-Siegen (mit der Hauptstadt Siegen); – durch Erbfolge von 1743 an Teil der Nassau-Oranischen Lande (mit Regierungssitz in Dillenburg, heute Stadt im Bundesland Hessen); – im Zuge der territorialen Neuordnung Europas im Wiener Kongress ab 1815 Bezirk in der preussischen Provinz Westfalen (mit der Provinzhauptstadt Münster); – nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1946 bis heute Gebietsteil im Kreis Siegen-Wittgenstein, Regierungsbezirk Arnsberg des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen in der Bundesrepublik Deutschland (mit der Landeshauptstadt Düsseldorf). Über 70 Prozent der Kreisfläche sind Wälder; Siegen-Wittgenstein steht damit an der Spitze der Bewaldungs-Dichte in Deutschland. – Salen = bei Jung-Stilling die ehemalige fürstliche Residenzstadt Siegen, heute Universitätsstadt mit etwa 110 000 Bewohnern.
Siehe Karl Friedrich Schenck: Statistik des vormaligen Fürstenthums Siegen. Siegen (Vorländer) 1820, Reprint Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1981 sowie Theodor Kraus: Das Siegerland. Ein Industriegebiet im Rheinischen Schiefergebirge, 2. Aufl. Bad Godesberg (Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung) 1969 (Standardwerk mit vielen Karten, Übersichten und Rückblenden auf den Entwicklungsverlauf; leider auch in der Zweitauflage ohne Register).
Im wirtschaftsgeschichtlich bemerkenswerten Siegerland ist der hochintelligente und vielseitig begabte Jung-Stilling (siehe Anmerkung 1) geboren, herangewachsen und hat auch seine ersten beruflichen Erfahrungen als Köhlergehilfe, Schneider, Knopfmacher, Vermessungs-Assistent, Landarbeiter, Dorfschulmeister und Privatlehrer gesammelt.
1 Geheimer Hofrat Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817), der Weltweisheit und Arzneikunde Doktor. Dieser erschien offenbar in letzter Zeit ziemlich häufig auf Erden; siehe – Christlieb Himmelfroh: Jung-Stilling belehrt. Kirchhundem (AK Verlag) 1991, S. 11, S. 23, S. 37, S. 52, S. 68, S. 75, S. 86, S. 99, S. 111, S. 117, S. 134, S. 146 und S. 158 sowie – Gotthold Untermschloß: Begegnungen mit Johann Heinrich Jung-Stilling. Siegen (Kalliope Verlag) 1988, S. 9, S. 16, S. 22, S. 31, S. 40, S. 50, S. 56, S. 66, S. 79, S. 90, S. 101, S. 113 und S. 125. – Siehe des weiteren – Treugott Stillingsfreund: Erscheinungen im Siegerland. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1987, S. 12, S. 18, S. 34, S. 41, S. 48 und S. 88 sowie die Berichte bei – Glaubrecht Andersieg: Allerhand vom Siegerland. Siegen (Höpner Verlag) 1989, S. 41, S. 188. – Gesamthaft wird in den hier genannten vier Werken über 34 Erscheinungen von Jung-Stilling berichtet. Dazu sind noch andere Erscheinungsberichte im Druck erschienen.
Über das Wiedereintreten Verstorbener in diese Welt siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde, in einer Natur= Vernunft= und Bibelmäsigen (so!) Beantwortung der Frage: Was von Ahnungen, Gesichten und Geistererscheinungen geglaubt und nicht geglaubt werden müße (so, also mit Eszett). Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1808 (Reprint Leipzig [Zentralantiquariat der DDR] 1987), S. 220 ff. sowie Gerhard Merk (Hrsg.): Jung-Stilling-Lexikon Religion. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1988, S. 45 ff. – Hinzuweisen ist auch auf Martin Landmann: Ahnungen, Visionen und Geistererscheinungen nach Jung-Stilling. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, als Download-File für private Zwecke kostenlos abrufbar bei <http://www.uni-siegen.de/merk/stilling>
2 In den (in Anmerkung 1 genannten) Erscheinungs-Berichten von Christlieb Himmelfroh, Glaubrecht Andersieg, Treugott Stillingsfreund und Gotthold Untermschloß sowie auch in anderen (privat gedruckten Beschreibungen, wie etwa in der von Frommherz Siegmann [Von der Liebe der Stadt Siegen zu Jung-Stilling] und Freimund Biederwacker [Springflut der Lügengeister]) gibt sich regelmässig Jung-Stilling zunächst zu erkennen; dann spricht er als Erster sein Gegenüber an.
3 Durch Erlass seines Landesherren, des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern (1724/1742-1799), datiert vom 31. März 1785, erhielt Jung-Stilling als Professor für praktische ökonomische Wissenschaften an der Kameral Hohen Schule zu Kaiserslautern im Herbst 1785 den Rang eines “Kurpfälzischen Hofrats”, den er ab da auch auf allen Buchtiteln führt; siehe Gustav Adolf Benrath: Jung-Stilling in Kaiserslautern 1778–1784, in: Pfälzer Heimat, Nr. 2/1991, S. 70. – Das mit diesem Titel verbundene gesellschaftliche Ansehen war zu dieser Zeit beträchtlich. Es gewährte dem Träger manche Bevorzugungen, so auch (was besonders Jung-Stilling als reisenden Augenarzt zum Vorteil gereichte) an Posten, Schildwachen, Stadttoren, Übergängen, Fähren, Brücken sowie an den zu jener Zeit auch innerlands zahlreichen Schlagbäumen, Post-, Maut- und Grenzstationen.
Der Friedensvertrag von Campo Formio (7 km südwestlich von Udine in Venetien) vom 17. Oktober 1797 zwischen Napoléon und Kaiser Franz II., bestimmte in Artikel 20 den Rhein als die Staatsgrenze zwischen Frankreich und Deutschland. Dies wurde im Frieden von Lunéville (südöstlich von Nanzig [französisch: Nancy] gelegen; ehemalige Residenz der Herzöge von Lothringen) am 9. Februar 1801 bestätigt. — In Artikel 6 heisst es genauer: “S. M. l’Empereur et Roi, tant en Son nom qu’en celui de l’Empire Germanique, consent à ce que la République française possède désormais (= von nun an) en toute souveraineté et propriété, les pays et domaines situés à la rive gauche du Rhin, … le Thalweg (= die Schiffahrtsrinne) du Rhin soit désormais la limite entre la République française et l’Empire Germanique, savoir (= und zwar) depuis l’endroit (= von der Stelle an) où le Rhin quitte le territoire helvétique, jusqu’à celui où il entre dans le territoire batave.”
Eine ausserordentliche Reichsdeputation, eingesetzt am 7. November 1801, beriet daraufhin in Regensburg (seit 1663 Tagungsort des Immerwährenden Reichstags) über die Entschädigung an deutsche Fürsten, die (links der neuen Staatsgrenze zu Frankreich gelegene) Gebiete an Frankreich abtreten mussten.
Durch besondere günstige Umstände (hinzu traten später auch verwandtschaftliche Beziehungen zu Frankreich: sein Enkel und Thronfolger Karl [1786/1811–1818] heiratete am 7./8. April 1806 zu Paris Stéphanie de Beauharnais [1789–1860], die Adoptivtochter von Napoléon) vergrösserte der Markgraf von Baden bei dieser Gelegenheit sein Gebiet um ein Mehrfaches. Die pfälzische Kurwürde ging auf ihn über. – Wenige Jahre später rückte er durch den Rheinbundvertrag vom 12. Juli 1806 nach Artikel 5 gar zum Grossherzog mit dem Titel “Königliche Hoheit” auf.
Mit dem dadurch veranlassten Übergang der rechtsrheinischen Gebiete der Kurpfalz (so auch der alten Residenz- und Universitätsstadt Heidelberg, der neuen [seit 1720] Residenzstadt Mannheim [mit dem grössten Barockschloss in Deutschland] und der Sommerresidenz Schwetzingen [mit dem kurfürstlichen Lustschloss samt 76 Hektar grossen Schlossgarten, Moschee, Badehaus und Theater]) an das Haus Baden durch den Regensburger Reichsdeputationsschluss vom 25. Februar 1803 wurde gemäss § 59, Abs. 1 (“Unabgekürzter lebenslänglicher Fortgenuss des bisherigen Rangs”) der “kurpfälzische” Hofrat DE JURE PUBLICO automatisch nunmehr zum “badischen” Hofrat.
Im April des Jahres 1808 wird Jung-Stilling dann als Berater des Grossherzogs Karl Friedrich (1738/1746-1811) in Karlsruhe (“ohne mein Suchen”, wie er selbst hervorhebt) zum “Geheimen Hofrat in Geistlichen Sachen” ernannt; siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und hrsg. von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen Verlag) 2002, S. 404 (Anm. 10).
Beim Eintritt von Jung-Stilling in den Himmel kommt ihm Karl Friedrich von Baden freudig entgegen und heisst ihn in der Seligkeit als Bruder herzlich willkommen. – Siehe hierzu und überhaupt zum Übergang von Jung-Stilling in das Jenseits des näheren (unbekannte Verfasserin): Sieg des Getreuen. Eine Blüthe hingeweht auf das ferne Grab meines unvergesslichen väterlichen Freundes Jung=Stilling. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1820, S. 27. – Bis anhin ist nicht geklärt, wer diese Schrift verfasst hat. Im Vorwort heisst es: “Euch, ohne Ausnahme Allen, ihr geliebten, bekannten und unbekannten Stillingsfreunden, [so!] die ihr ja auch Christus=Freunde seyd! sind diese Blätter gewidmet. Ihr werdet es nicht lächerlich, nicht unschicklich finden, dass sie so spät erst nach dem Hinscheid [so!] des Unvergesslichen erscheinen, wenn ich euch zum Voraus sage: dass ich, als Weib vorerst Männer ausreden lassen – abwarten wollte mit weiblicher Bescheidenheit, was solche zum Denkmal des Allgeliebten aufstellen würden” (Orthographie wie im Original).
Jung-Stilling stand nach seinem, aus eigener Initiative gewählten Abschied von der Universität Marburg ab 1803 im Dienst des Hauses Baden. – Siehe hierzu Gerhard Schwinge: Jung-Stilling am Hofe Karl Friedrichs in Karlsruhe, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins, Bd. 135 (1987), S. 183 ff., Gerhard Schwinge: Jung-Stilling als Erbauungsschriftsteller der Erweckung. Eine literatur- und frömmigkeitsgeschichtliche Untersuchung seiner periodischen Schriften 1795-1816 und ihres Umfelds. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 1994, S. 219 ff. (Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, Bd. 32) sowie zum Verhältnis zwischen beiden Persönlichkeiten auch Max Geiger: Aufklärung und Erweckung. Beiträge zur Erforschung Johann Heinrich Jung-Stillings und der Erweckungstheologie. Zürich (EVZ-Verlag) 1963, S. 237 ff. (Basler Studien zur Historischen und Systematischen Theologie, Bd. 1).
Karl Friedrich (1728/1746-1811) galt in Karlsruhe gleichsam als Heiliger. Nachdem gelegentlich eines Trauergottesdienstes der gelehrte katholische Stadtpfarrer Dr. Thaddäus Anton Dereser (1757-1827) nicht in den übertriebenen Lobgesang für den Verstorbenen einstimmen wollte, sondern die teilweise rohe und schamlose Ausplünderung der katholischen Einrichtungen unter seiner Herrschaft ansprach, musste er Karlsruhe unverzüglich verlassen. – Siehe zu den unterdrückenden obrigkeitlichen Massnahmen gegen die katholische Kirche unter der Regierungsgewalt der badischen Grossherzöge auch (Franz Joseph Mone [1796-1871]): Die katholischen Zustände in Baden, 2 Bde. Mit urkundlichen Beilagen. Regensburg (Manz) 1841/1843 sowie Carl Bader: Die katholische Kirche im Großherzogthum Baden. Freiburg (Herder) 1860. – Sehr einseitig und unsachlich zur Predigt von Dereser auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und hrsg. von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen) 2002, S. 485.
Als Beispiel der bei Hofe genehmen Trauerreden katholischer Geistlicher seien erwähnt Bernhard Boll: Trauerrede bey der kirchlichen Todten-Feyer seiner königlichen Hoheit Karl Friedrichs, Großherzogs zu Baden, Herzogs zu Zähringen, gehalten in der Haupt- und Münsterpfarrkirche zu Freyburg den 1. July 1811. Freiburg (Wagner) 1811 (der Zisterzienser und Münsterpfarrer zu Freiburg Bernhard Boll (1756-1836) wurde 1827 erster Erzbischof von Freiburg); [Gerhard Anton Holdermann]: Beschreibung der am 30ten Juny und 1ten July 1811 zu Ratsatt Statt gehabten Trauer-Feyerlichkeit nach dem Hintritte unsers (so!) höchstseligen Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Rastatt (Sprinzing) 1811 oder die an Lobpreisungen überladene Rede von Johann Kaspar Adam Ruef (1748-1825): JUSTA FUNEBRIA SERENISSIMO DUM VIVERET AC CELSISSIMO PRINCIPI DIVO CAROLO FRIDERICO MAGNO DUCI BADARUM … DIE 22 JULII 1811 IN TEMPLO ACADEMICO PIISSIMA ET GRATISSIMA MENTE PERSOLVENDA INDICIT JOANNES CASPARUS RUEF. Freiburg (ohne Verlagsangabe) 1811. – Vgl. auch: Gedächtnißreden bey dem Tode Sr. K. Hoheit des Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Gehalten von den Pfarrern der drey christlichen Confessionen zu Mannheim. Mannheim (Schwan) 1811, in der sich der reformierte, lutherische und katholische Geistliche an Lob auf den verstorbenen Karl Friedrich überbieten.
Geradezu bescheiden wirken demgegenüber andere Predigten, wie etwa: [Christian Emanuel Hauber]: Kurze Abschilderung Sr. Königlichen Hoheit Carl Friedrichs Grosherzogs (so!) von Baden. Karlsruhe (Macklot) 1811; Theodor Friedrich Volz: Gedächtnißpredigt auf den Höchstseeligen Großherzog von Baden Karl Friedrich, gehalten den 30. Junius 1811 in der Stadtkirche zu Karlsruhe. Karlsruhe (Müller) 1811 (Volz [1759-1813]), in Jena 1778 bereits promoviert, bemüht sich erkennbar um die im Rahmen des Anlasses mögliche Sachlichkeit) oder die zahlreichen Zentariums-Reden wie Karl Joseph Beck: Rede bei der akademischen Feier des hundertsten Geburtsfestes des Hochseligen Großherzogs Karl Friedrich zu Baden … Gehalten von dem derzeitigen Prorector der Albert-Ludwigs-Hochschule. Freiburg im Breisgau (Wagner) 1828 (Karl Joseph Beck [1794-1838] war Mediziner und Stifter des “Corps Rhenania” in Freiburg) oder Friedrich Junker: Lobrede auf Carl Friedrich, ersten Großherzog von Baden. Mannheim (Schwan & Götz) 1829.
Ziemlich unkritisch gegenüber den augenfälligen Schattenseiten der Regierung von Karl Friedrich neuerdings auch Annette Borchardt-Wenzel: Karl Friedrich von Baden. Mensch und Legende. Gernsbach (Katz) 2006.
Bei nachtodlichen Erscheinungen wird Jung-Stilling gewöhnlich mit “Herr Hofrat” angeredet, seltener mit “Herr Geheimrat”; siehe die in Anmerkung 1 genannten Berichte. Auch Siona, Schutzengel von Jung-Stilling, nennt diesen Dritten gegenüber “Hofrat Jung”. – Der Titel ist hier gleichsam als fester Bestandteil des Namens (ADJUNCTIO NOMINIS, wie etwa “Apostel Paulus” oder “Kaiser Karl”) zu verstehen, und n i c h t als ehrenvolle Benennung (TITULUS HONORIS, wie er zu Lebzeiten Jung-Stillings mit der Verleihung beabsichtigt war).
“Stilling” ist ein individueller Beiname (APPELLATIO PROPRIA; der Sinn dieser Namenszulegung ist beinebens bis heute noch nicht eindeutig und befriedigend erklärt) und wirkt sehr vertraulich. – “Ohephiah” (= der GOtt liebt) ist der Name von Jung-Stilling in der Seligkeit; siehe (Christian Gottlob Barth): Stillings Siegesfeyer. Eine Scene aus der Geisterwelt. Seinen Freunden und Verehrern. Stuttgart (Steinkopf) 1817.
4 Gemeint ist sicher das Rundschreiben LABOREM EXERCENS von Papst Johannes Paul II aus dem Jahr 1979; vielleicht auch das Lehrschreiben CENTESIMUM ANNUM des gleichen Papstes aus dem Jahre 1991.
5 Jung-Stilling war ein Vierteljahrhundert Professor für praktische ökonomische Wissenschaften; siehe Gerhard Merk: Jung-Stilling (Anmerkung 3), S. 86 ff.
6 Schlick = Unrat, Dreck, Schlamm, Abfall; siehe Jacob Grimm und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Bd. 9. Leipzig (Hirzel) 1899, Sp. 675 f.
7 Das ökonomische Prinzip verlangt das günstigste Verhältnis zwischen Mittel und Zweck: das höchste Mass an Erfolg bei gegebenem Mitteleinsatz (Maximumprinzip) bzw. das geringste Mass an Mitteleinsatz, um einen bestimmten Erfolg zu erreichen (Minimumprinzip). – Dieser Grundsatz “ist ein allgemeines Prinzip der praktischen Vernunft, ein Prinzip kluger, rationeller Geschäftsführung, ist nicht bloss dem Wirtschaftsleben eigen, sondern dehnt sich darüber hinaus zu einem kosmischen Prinzip aus”, bemerkt Heinrich Pesch: Lehrbuch der Nationalökonomie, Bd. 1, 4. Aufl. Freiburg (Herder) 1924, S. 452.
8 Input nennt man den Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital im Produktionsprozess. Ein solcher Input führt immer auch zu einem Output. – Siehe Gerhard Merk: Programmierte Einführung in die Volkswirtschaftslehre, Bd. 2: Haushalte, Unternehmen und Markt. Wiesbaden (Gabler) 1974, S. 138.
9 Siehe Gerhard Merk: Programmierte Einführung in die Volkswirtschaftslehre, Bd. 4: Wachstum, Staat und Verteilung. Wiesbaden (Gabler) 1974, S. 176 ff. – Freilich betont Merk (S. 178) sehr deutlich den Masstab-Charakter dieser Überlegungen. Siehe auch Gerhard Merk: Mikroökonomik. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz (Kohlhammer) 1976, S. 90 zur Unterscheidung zwischen Grenzproduktivität eines Faktors und dem partiellen Grenzprodukt (als Produktdifferential).
10 Immassen (auch: inmassen) = weil, wie denn (kausal); nach Massgabe (präpositional); in dem Masse wie (adverbiell); siehe Jacob Grimm und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Bd. 4,2. Leipzig (Hirzel) 1877, Sp. 2065 und Sp. 2122 f.
11 Die Tarifparteien (Arbeitgeber und Gewerkschaft) der deutschen Metallindustrie haben ein entsprechendes Abkommen im Frühjahr 1991 abgeschlossen. Bis 1995 soll allgemein die 35-Stunden-Woche eingeführt werden. Die Arbeitgeber dürfen aber mit bis zu 18 Prozent der Beschäftigten im Betrieb einzelvertraglich eine Arbeitszeit bis zu 40 Stunden vereinbaren.
12 Jassen = sich mit Spielkarten die von GOtt geschenkte Zeit vertreiben. – Siehe Friedrich Staub u.a. (Hrsg.): Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache, Bd. 3. Frauenfeld (Huber) 1895, Sp. 69 f. sowie Jacob Grimm und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Bd. 4,2. Leipzig (Hirzel) 1877, Sp. 2266.
Jung-Stilling spricht sich wiederholt gegen das Spielen Erwachsener überhaupt aus. Er nennt es einen “Zeitvertreib, der eben nicht sonderlich der Menschheit zur Ehre gereicht”; siehe Zitate im Jung-Stilling-Lexikon Wirtschaft, hrsg. und eingel. von Gerhard Merk. Berlin (Duncker & Humblot) 1987, S. 132 sowie im Jung-Stilling-Lexikon Religion, hrsg. und eingel. von Gerhard Merk. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1988, S. 154 f.
13 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte. Vollständige Ausgabe, mit Anmerkungen hrsg. von Gustav Adolf Benrath, 3. Aufl. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 1992, S. 1 ff.
14 Jung-Stilling ist in seinen erzieherischen Abhandlungen (vor allem in seiner von 1781 bis 1784 erschienenen Monatsschrift “Der Volkslehrer”) angelegentlichst um die Tugend der Keuschheit bemüht. Er will (junge) Menschen zur Ablehnung geschlechtlich ungeordneter Neigungen und Bestrebungen bewegen. Freilich schiesst er weit über das Ziel hinaus. Er sieht bereits nackte Arme und Beine als Schamlosigkeit, einen nackten Rücken gar als Unkeuschheit an.
Diese Prüderie wurde ihm von der Kritik vorgehalten. Denn sehr zu Recht sagt der Englische Lehrer: “Tugend steht in der Mitte”. Das heisst: bei jeder Tugend ist sowohl ein Zuwenig als auch ein Zuviel Sünde; siehe tief begründend Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Buch 1-2, Frage 64 (“Über die Mittelstellung der Tugenden”), insbes. Art. 1 und 2.
Siehe zur Kritik an Stilling – Otto W. Hahn: Jung-Stilling zwischen Pietismus und Aufklärung. Sein Leben und sein literarisches Werk 1778 bis 1787. Frankfurt, Bern, New York, Paris (Peter Lang) 1988, S. 149 ff. (Europäische Hochschulschriften, Reihe 23, Bd. 344); – Gerd Propach: Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817) als Arzt. Köln (Institut für Geschichte der Medizin an der Universität Köln) 1983, S. 279 ff. (Kölner medizinhistorische Beiträge, Bd. 27); – Johann Heinrich Jung-Stilling: Gesellschaft, Leben und Beruf. Geschichten aus dem “Volkslehrer”, hrsg., eingel. und mit Anm. versehen von Gerhard Merk. Berlin (Duncker & Humblot) 1990, S. 36 ff. sowie – Johann Heinrich Jung-Stilling: Gesellschaftliche Missstände. Eine Blütenlese aus dem “Volkslehrer”, neu hrsg., eingel. und mit Anm. versehen von Gerhard Merk. Berlin (Duncker & Humblot) 1990, S. 65, S. 78 (Jung-Stilling schlief zehn Jahre lang bei seinem Vater im Bett; hatte jedoch nie von ihm mehr als Gesicht und Hände gesehen, wie auch er seinerseits dem Vater nie mehr zeigen durfte), S. 106.
15 Habilitieren = durch eine einmalige wissenschaftliche Abhandlung, welche die Befähigung für die Leistung in Lehre, Forschung und universitärer Selbstverwaltung aufzeigen sollte (CONJUNCTIVUS IRREALIS, allenfalls POTENTIALIS), die Berechtigung zur Einweisung in eine hoch bezahlte, beamtete Hochschullehrerstelle auf Lebenszeit erwerben.
Weitere Leistungskontrollen finden an Universitäten bis anhin so gut wie nicht statt; im Gegensatz zum übrigen Schulwesen, wo durch Schulleiter, Elternbeiräte und eigens dafür angestellte Beamte (Schulräte) die Arbeit des Lehrers einer ständigen Überwachung unterliegt.
“To avoid the permanent misallocation of manpower and brainpower at our institutions of higher learning rigorous pre-examinations should be introduced and frequent, unexpected tests made compulsory for students as well as for teachers”, schlägt ganz im Sinne der Forderungen von Jung-Stilling Gerhard Merk (Programmierte Einführung in die Volkswirtschaftslehre, Bd. 3: Geldwesen, Makrogleichgewicht und Wachstumskräfte. Wiesbaden (Gabler) 1974, S. 198) zwar vor.
Er schränkt indessen schon drei Seiten weiter seine Forderung wesentlich ein: “The last five words should be dropped because otherwise universities had to close down.”
16 “Schlendrian” ist ein von Jung-Stilling häufig benutztes Wort; er spricht auch von den “Herren von Schlendrian” und von “Schlendrianisten”; siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Sachgerechtes Wirtschaften. Sechs Vorlesungen, neu hrsg. von Gerhard Merk. Berlin (Duncker & Humblot) 1988, S. 166 (Register, Stichwort “Schlendrian”).
17 Jung-Stilling beurteilt das Lotto als “unter aller Critic; eine namenlose Handlung; wenn sie die geheiligte regierende Gewalt nicht ausübte, so würde sie freylich einen Namen bekommen”; siehe Jung-Stilling-Lexikon Wirtschaft (Anmerkung 12), S. 95.
18 Siehe hierzu Freimund Biederwacker: Vom folgeschweren Auto-Wahn. Protokoll einer nachtodlichen Belehrung. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1996. – Der Text ist zum nicht-kommerziellen Gebrauch abrufbar bei <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk>
19 Siehe Gerhard Merk: Programmierte Einführung in die Volkswirtschaftslehre, Bd. 1: Grundlagen. Wiesbaden (Gabler) 1973, S. 190 ff.
20 “Lange philosophische Abhandlungen sind ekelhaft. Sie zeigen, dass der Verfasser seinen Lesern wenig Selbstdenkungskraft zuschreibe. Beispiele sind immer schätzbarer und nützlicher” schreibt Johann Heinrich Jung-Stilling: Sachgerechtes Wirtschaften (Anmerkung 16), S. 139. – Sein didaktischer Hauptgrundsatz heisst: “Beyspiele belehren am sichersten”; siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde (Anmerkung 1), S. 269.
21 Jung-Stilling kennzeichnet den Typ des ganz dem ökonomischen Fortschritt zugewandten Menschen in der Person des bergischen Unternehmers Peter Adolf Clarenbach: eine auch heute noch sehr lehrreiche und beachtenswerte Abhandlung; siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Sachgerechtes Wirtschaften (Anmerkung 16), S. 138 ff.
22 Das Austauschverhältnis zweier Währungen zueinander; also: der Preis für die Einheit ausländischer Zahlungsmittel, in Inlandswährung ausgedrückt. – Siehe Gerhard Merk: Einführung in die Geldlehre. Frankfurt (Knapp) 1974, S. 19, S. 94.
23 Mit der Rüge gemeint ist wohl Gerhard Merk: Grundlehren der Nationalökonomik. Frankfurt (Knapp) 1975 (Taschenbücher für Geld, Bank und Börse, Bd. 63 und Bd. 64). Dort in Bd. 2, S. 76 f. die Grenzproduktlehre.
24 Siehe Gerhard Merk: Programmierte Einführung in die Volkswirtschaftslehre, Bd. 4 (Anmerkung 9), S. 72 ff.
25 Der Anteil des (Sach)Kapitals an der Herstellung einer Produktionseinheit; siehe Gerhard Merk: Programmierte Einführung in die Volkswirtschaftslehre, Bd. 4 (Anmerkung 9), S. 57 ff.
26 Jung-Stilling benutzt den Ausdruck “Stuss” (= Unsinn, Narrheit) in seinen Schriften häufig. Es handelt sich um ein späthebräisches Wort; siehe Jacob Grimm und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Bd. 10,4. Leipzig (Hirzel) 1942, Sp. 725.
27 Jung-Stilling war jederart Theorie gegenüber äusserst kritisch (nicht jedoch grundsätzlich ablehnend!) eingestellt. – Siehe hierzu Jung-Stilling-Lexikon Wirtschaft (Anmerkung 12), S. 158 sowie das Download-File “Theorie und Praxis” bei <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk>
28 Siehe hierzu Johann Heinrich Jung-Stilling: Ueber den Revolutions-Geist unserer Zeit zur Belehrung der bürgerlichen Stände. Marburg (Neue Akademische Buchhandlung) 1793, insbes. S. 28 ff. sowie die entsprechenden Stichworte im Jung-Stilling-Lexikon Wirtschaft (Anmerkung 12) und im Jung-Stilling-Lexikon Religion (Anmerkung 12).
29 Schutzengel von Johann Heinrich Jung-Stilling. Er zeigte sich ihm zu dessen Lebzeiten, nahm ihn ins Jenseits mit und schrieb auch für ihn. Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich, 7. Aufl. Bietigheim (Karl Rohm Verlag) 1999, S. 220 ff. (S. 279: “Siona hatte mir Lavaters Verklärung in die Feder diktiert”).
In neuerer Zeit tauchte Siona mehrmals bei Stillings-Freunden auf; siehe beispielsweise Christlieb Himmelfroh: Jung-Stilling belehrt (Anmerkung 2), S. 18, 32 f., S. 47, S. 52 f. (Jung-Stilling erscheint in Begleitung Sionas in einem Hausflur), S. 72 (Siona ruft Jung-Stilling vor Sankt Nikolai in Siegen weg), S. 82, S. 95 (Siona mit dem Fahrrad auf Waldwegen), S. 100 (Jung-Stilling mit Siona auf einem Autobahn-Rastplatz), S. 117 (Jung-Stilling und Siona in einer Konditorei zu Berlin), S. 126 (Siona überreicht 100 Tausenddollar-Noten), S. 134 (Jung-Stilling geht in Begleitung von Siona auf dem Bahnhofs-Vorplatz zu Essen), S. 154 (Siona übergibt eine vatikanische Goldmünze zu Wien), S. 158 (Jung-Stilling und Siona schreiten an einem 15. August durch die Oberstadt in Marburg).
Siehe zum Verständnis der Engel im Denken von Jung-Stilling Jung-Stilling-Lexikon Religion (Anmerkung 1), S. XX f., S. 30 ff. sowie die in Anmerkung 1 genannte Schrift von Martin Landmann.
Der Name Siona bedeutet letztlich “die Himmlische”; siehe die genauere, weitläufige Erklärung dieses Namens bei Philipp Paul Merz: ONOMASTICON BIBLICUM SEU INDEX AC DICTIONARIUM HISTORICO–ETYMOLOCIUM, Bd. 2. Augsburg (Veith) 1738, S. 1161 ff. sowie bei Petrus Ravanellus: BIBLIOTHECA SACRA SEU THESAURUS SCRIPTURAE CANONICAE AMPLISSIMUS, Bd. 2. Genf (Chouët) 1650, S. 627 (hier auch einige seltenere übertragene Bedeutungen wie etwa “ORNAMENTUM TRACTUS” oder “GAUDIUM TOTIUS TERRAE” und “LOCUS PERFECTISSIMAE PULCHRITUDINIS”). Beide bis heute kaum übertroffene Werke erfuhren viele Nachdrucke und Übersetzungen.
Siona führt Jung-Stilling auf einer “Himmelsleiter” zum Sehen (Chrysäon, Prolog, Vers 2) sowie zu seiner verstorbenen Tochter Elisabeth (Lisette, 1786–1802) und zu deren Mutter (Jung-Stillings zweiter Ehefrau Selma von St. George, 1760–1790) (Chrysäon, 4. Gesang, Vers 2 ff.). Der Engel bringt ihn aber auch von himmlischen Höhen “ins müde Weltgewühle” zurück (Chrysäon, 3. Gesang, Vers 87).
Der Name Siona geht bei Jung-Stilling bestimmt n i c h t auf die altnordische Fabellehre zurück. Dort ist Siona die Göttin der Huld und der süssen Empfindungen.
30 Als Professor an der Kameral Hohen Schule zu Kaiserslautern, mehr noch in gleicher Position zu Heidelberg und zu Marburg, litt Jung-Stilling sehr unter missgünstigen, neidischen Kollegen; siehe Gustav Adolf Benrath: Jung-Stillings Leben, Denken, Wirken. Ein Überblick, in: Michael Frost (Hrsg.): Blicke auf Jung-Stilling. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1991, S. 15.
Über die Verhältnisse an den Universitäten in der heutiger Zeit erfährt man bei Gerhard Merk: Einführung in die Geldlehre (Anm. 22), S. 90: “EA EST NATURA COLLEGARUM, UT NEMINEM SCIENTIA SE SUPERARE AUT EVENTU BONO TOLLI FACILE PATIANTUR, SED EI OBTRECTENT, NE IPSORUM LUMINIBUS OFFICIAT. – ITAQUE QUONIAM DOCILITATE ILLOS ADAEQUARE NON POSSUNT SEQUE IDEM, QUOD ILLI ASSECUTI SUNT, ASSEQUI POSSE DESPERANT, INVIDIA INCENSI OMNI QUA POSSUNT RATIONE EIS NOCERE ET SIVE DOLO INSIDIISQUE SIVE PER VIM DE FELICITATIS GRADU EOS DEICERE STUDENT. LEGE GAL IV, 16.”
31 Jung-Stilling befreite zeit seines Lebens an die 3 000 Menschen durch Operation aus der Blindheit. Gut 25 000 Menschen dürfte er ophthalmologischen Rat angedient haben. Er tat dies, ohne je ein Honorar zu verlangen. Siehe hierzu – Gerhard Berneaud-Kötz: Jung-Stilling als Arztpersönlichkeit. Laienmediziner, Arzt, Augenarzt und Staroperateur, in: Michael Frost (Hrsg.): Blicke auf Jung-Stilling (Anmerkung 30), S. 31 ff. sowie – derselbe: Kausaltheorien zur Starentstehung vor 250 Jahren. Eine Auswertung der Krankengeschichten und Operationsprotokolle von Johann Heinrich Jung-Stilling. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, S. 36 ff.
32 Scannen heisst, einen (geschriebenen, gedruckten) Text in computerlesbare Zeichen umwandeln. Das hierzu nötige Gerät nennt man Scanner.
33 Der führende Kenner des Lebensweges von Jung-Stilling, Professor Dr. Dr. Gustav Adolf Benrath ist am 7. Dezember 1931 in Karlsruhe geboren. Jung-Stilling verbrachte seinen letzten Lebensabschnitt in dieser Stadt. In Karlsruhe ist er auch gestorben und liegt dort begraben.
Der 7. Dezember ist der Gedenktag an den Kirchenlehrer Ambrosius. Er wurde 333 in Trier als Sohn des Gouverneurs von Gallien geboren und schlug nach sorgfältiger Bildung die staatsmännische Laufbahn ein. Als Konsul in Mailand wählte man ihn dort gegen seine Absichten zum Bischof. Er empfing daraufhin die Taufe und wurde bereits acht Tage später, am 7. Dezember 374, in das Amt des Bischofs von Mailand eingesetzt. Nach einem Leben beispielloser Wirksamkeit starb er am 4. April 397 in Mailand, wo er (in der nach ihm benannten Basilika) begraben liegt.
Praise to the Holiest in the height,
And in the depth be praise;
In all His words most wonderful,
Most sure in all His ways.
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