Gottes Vorsehung und der Lauf der Welt


Eine Belehrung aus himmlischen Quelladern durch den unvergessenen Herrn

Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817)
der Weltweisheit und Arzneikunde Doktor,
seit 1785 Kurpfälzischer, durch Rechtsübergang ab 1803 Badischer Hofrat,
durch Verleihung ab 1808 Grossherzoglich Badischer Hofrat

lebzeitig bis 1803 Professor für ökonomische Wissenschaften sowie auch Lehrbeauftragter für operative Augenheilkunde an der Universität Marburg/Lahn, davor bis 1787 Professor für angewandte Ökonomik – mit Einschluss der Tiermedizin – an der Universität Heidelberg und anvorderst seit 1778 in gleicher Bestellung an der Kameral Hohen Schule zu Kaiserslautern,

ehedem Gründungsmitglied der Geschlossenen Lesegesellschaft zu Elberfeld, dortselbst Arzt für Allgemeinmedizin, Geburtshilfe, Augenheilkunde und seit 1775 behördlich bestellter Brunnenarzt sowie Lehrender in Physiologie; der Kurpfälzischen Ökonomischen Gesellschaft in Heidelberg, der Königlichen Sozietät der Wissenschaften in Frankfurt/Oder, der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft in Mannheim, der Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste in Kassel, der Leipziger ökonomischen Sozietät sowie auch bis zum Verbot der Freimaurerei im Herrschaftsgebiet des Kurfürsten Karl-Theodor von Pfalz-Bayern durch Erlass aus München vom 22. Juni 1784 der
erlauchten Loge “Karl August zu den drei flammenden Herzen” in Kaiserslautern Mitglied.

In treueifriger Erfüllung englischen Auftrags bekannt gemacht, zwecks dessen gemeinen Nutzens zu Gut ins World Wide Web gestellt, und dabei alle Leser dabei gÖttlicher Verwahrung wärmstens empfehlend,
von

Bleibfest Stillingstreu
zu Salen, Grafschaft Leisenburg*

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Markus-Gilde, Siegen

Veränderte Online-Fassung von “Vorsehung und Zulassung” aus der Sammlung “Jung-Stilling belehrt”, Kirchhundem 1991. Copyright 2012 by Markus-Gilde, Siegen (Deutschland). — Die gewerbliche Nutzung des Textes bedarf der schriftlichen Einwilligung des Copyright-Inhabers.

info@jung-stilling-gesellschaft.de


Jung-Stilling und Engel Siona in Essen


Fast ganz schon hatte ich durchmessen
Den Bahnhofs-Vorplatz jüngst zu Essen1,
Als ich auf einmal konnte sehen
Jung-Stilling2 langsam vor mir gehen.
Erst zögernd, was ich diesmal tu,
Schritt ich entschlossen auf ihn zu.

“Grüss Gott, Herr Hofrat3“, sagte ich,
Als neben ihm befand ich mich.
“Sie halten es doch nicht vermessen,
Wenn spreche ich sie an in Essen?
Ich würde gern sie etwas fragen,
Was mir schon lange liegt im Magen.” –

“Nur zu, Herr Bleibfest!”, sagte er.
“Es freut mich immer wieder sehr,
Wenn ich mit Auskunft dienen kann,
Und darum jemand spricht mich an.
Ich hoffe, dass es euch nicht stört,
Wenn auch es mein Begleiter hört?”

Jetzt neben Stilling ich erst sah
Hold lächelnd Engel Siona.4
Er grüsste mich, gab mir die Hand,
Verbeugte kurz sich elegant.

 


Was ist Vorsehung, Providenz?


“Herr Hofrat! Darf ich bitten sie
Mir dazutun, wie sich vollzieh
Die Vorsehung, die Providenz?
Es fehlt mir hier die Transparenz.
Warum lässt GOtt es letztlich zu,
Dass jemand auch das Böse tu’?” –

“Ihr fragt, Herr Bleifest, hier nach Dingen,
Die ganz zu klären mag gelingen
Nur dann, wenn ihr in hohem Grade
Umgeben seid von GOttes Gnade.
Denn eure Fragen schliessen ein
Erkenntnis tief von GOttes Sein.

 


Definition Vorsehung


(1) Am besten ist, wenn ich begrenz’
Begrifflich erst die Providenz:
Sie ist der Plan in GOttes Wollen,
Wie auf ihr letztes Endziel sollen
Geführt die Dinge alle werden
Im Weltall, somit auch auf Erden.
Wenn Providenz so definiert,
Ist zweierlei darin notiert.

 


Zwei wesentliche begriffsbestimmende Merkmale


(a) Das erste: GOtt hat im Verstand
Die Zukunft schon genau erkannt.
Des weiteren ER wohl ermisst,
Was Endziel jeden Wesens ist.
Es weiss vorher GOtt alles dies,
Weil ER es ja entstehen liess.

(b) Sodann hat GOtt in SEinem Willen
Beschlossen ganz für sich im Stillen,
Was habe ewig zu geschehen,
Sowie dazu ist ausersehen,
Dass ER bestimmt, es zuzulassen,
Wenn es in SEinen Plan man passen.
Die Freiheit, die dem Sein gebührt,
Bleibt davon aber unberührt!

 


Abgrenzung der Vorsehung zur Welt-Regierung


(2) Begrifflich ist davon zu trennen,
Was oft man pflegt auch so zu nennen:
Der ausgeführte GOttesplan:
Die Welt-Regierng, Weltenbahn.5
Denn GOttes Providenz gedeiht
Geschichtlich: räumlich, in der Zeit.

Die Providenz ist Vorbedacht;
Die Welt-Regierung, was gemacht.
Es sind die zwei drum beigetan
Wie hier die Praxis, dort der Plan.

 


Abgrenzung zur Anordnung


(3) Noch einen Fehler, Bleibfest, meidet,
Der oft Verwirrung noch bereitet:
Vermengen mit der Providenz
Der Dinge, allen Seins Tendenz,
Dass zueinander es gefügt,
Geordnetem Bezug genügt.

Bezeichnet nun die Providenz
Just eines jeden Dinges Ends,
So meint die Anordnung hingegen,
Wie Dinge unter sich gelegen.6

 


Vorsehung und Freiheit


“Herr Hofrat: darf ich etwas fragen
Was dazu könnten sie mir sagen?
Wenn GOtt doch alles sieht vorher,
Die Ziele auch bestimmt hat ER,
Ist dann nicht nutzlos, ihn zu bitten,
Da eh der Weg ist schon beschritten?”

 


Arten der Vorsehung


(4) “Um diese Frage ganz zu klären,
Lasst nochmals erst zurück mich kehren
Zur Providenz; dort sei verweilt
Und diese auch noch eingeteilt.
Man unterscheidet nach Objekt,
Auf die sich Providenz erstreckt.7

(a) Die Vorsehung für die Natur
Benennt man allgemeine nur.

(b) Besondre Providenz zielt hin
Auf Menschheit, hat nur die im Sinn.

(c) Die ganz besondre Providenz
Bezieht sich auf die Existenz
Des Einzel-Menschen, der Person
Und deren Lebens-Position.

 


Unterschiedliche Grade der Vorsehung


(5) Die Providenz kennt Unterschiede
Der Obhut, je nach dem Gebiete,
Auf die sich Vorsehung bezieht:
Sie jeweils passend doch geschieht!

(a) Die ganz besondere Providenz
Ist Obhut, Sorge, Assistenz
Direkt durch GOttes milde Hand,
Die jeden Menschen stets umspannt.

(b) Besondre Providenz meist wirkt
Durch Gruppen, in die einbezirkt
Personen: sei es die Nation,
Gesellschaft, Staat, auch Religion.

(c) Die allgemeine Vorsehung
Bedient sich mehr der Steuerung
Durch Regeln, Ordnungen und Normen,
Die Lauf und Bahn der Stoffwelt formen:
Naturgesetze sind Beleg,
Wie GOtt gestaltet hier den Weg.

 


Gebet bringt immer besondere Gnadengabe


(6) Was nun das Bittgebet betrifft,
Empfiehlt uns solches oft die Schrift.
Es bringt dem Menschen immer Gnade,
Die ihm nicht wäre in dem Grade,
Falls er auf das Gebet verzichtet,
Zu GOtt nicht fromm sein Flehen richtet.8
Die Obhut GOttes spürbar ist,
Wenn hoffend fleht zu IHm der Christ.
Im Bittgebet den HErrn wir ehren,
Wie uns der HEiland selbst tat lehren.9

 


Warum lässt GOtt das Böse zu?


(7) Warum, so fragt ihr, lässt GOtt zu,
Dass jemand auch das Böse tu?
Das ‘lassen zu’ ja letztlich meint,
Dass GOtt nicht hindert, was da keimt
Aus dem, was frei ein Mensch begann,
Wiewohl ER es doch hindern kann.

 


GOtt achtet die Freiheit des Menschen


(a) GOtt lässt es zu, weil Freiheit ER
Erkennt als Wert unsagbar hehr:
Im freien Willen doch erweist
Der Mensch gottähnlich sich zumeist.

 


GOtt wendet zum Guten, bestraft und vergibt


(b) Was Menschen tun in Absicht schlecht,
Biegt GOtt mitunter so zurecht,
Dass daraus eine Wirkung kommt,
Die gut ist und den Menschen frommt.
Ich könnte euch mit Fällen tränken,
Doch will mich kurz hier nur beschränken.

(ba) Wenn GOtt bestraft das Böse gleich,
So zeigt ER darin aufschlussreich,
Wie ER das Übel gründlich hasst,
Als Kränkung SEiner Güte fasst.

(bb) Vergibt dem Übertäter ER,
So kann erkennen man dorther,
Wie mild und sanft, wie voller Güte,
Barmherzig GOtt ist im Gemüte.

(c) Wie GOtt das Böse gänzlich wendet,
Dass völlig es im Guten endet,
Sich im Erlösungswerk erweist,
Durch das auch der Kind GOttes heisst,
Der tief verstrickt in schwere Schuld:
Durch CHristus ist ihm GOttes Huld.

Für GOtt so böses Tun war gar
Der Anlass, dass ER wunderbar
Sich selbst auf Erden offenbarte,
Uns vor Verdammnis so bewahrte.10

 


Bosheit der Menschen kann von Nutzen sein


(d) Ihr kennt ja meinen Lebensweg.
Aus diesem ihr sehr leicht erseht,
Wie Bosheit mancher – schon seit Jugend –
Ward mir zur Schule für die Tugend.

Sehr oft ist es auch jetzig so:
Was andre tun euch bös und roh,
Macht für den Himmel euch bereit:
Das Böse Gnade euch verleiht!

(e) Lasst den Gedanken mich noch wenden:
GOtt mag durch bösen Menschen senden
Bestrafung für den Übeltäter.
Es kennt den Fall ja heute jeder,
Wo einer ist des andren Feind:
Ein Übel Lohn für’s andre scheint.
Ich sah dies Strafen in Aktion
Beim Morden der Revolution.11

(f) Wie Paulus lehrt im Römerbrief,12
Liess GOtt es zu, dass sündhaft lief
Das Volk, das zwar den HErrn erkannt,
Doch stolz von IHm sich abgewandt.
Hier Böses ist des Bösen Folge:
Erscheint als Strafe diesem Volke.

 


Falsche Selbsteinschätzung und Selbstüberhebung


(g) Die Schrift legt dar, wie GOtt lässt zu,
Dass Böses der Gerechte tu,
Wenn seine Brust mit Stolz geschwellt.
Sie Sünde ihn nach unten stellt,
Woraus ihn GOtt dann ziehen man,
Wenn er in Demut kirr und zag.13

 


GOtt hasst das Böse


(8) Noch vieles könnte ich euch nennen,
Woraus ihr; Bleibfest, könnt erkennen,
Dass GOtt das Böse weder liebt,
Noch wünscht, dass Menschen es umgibt.
ER hasst es vielmehr abgrundtief:
GOtt steht zum Übel negativ.

ER greift nicht ein, es zu verhindern,
Um jenes Kleinod nicht zu mindern,
Das Merkmal jedes Menschen sei:
Dass er in seinem Willen frei.14
Doch kann, wie ich euch dargetan,
GOtt einbeziehn in seinen Plan
Ein jedes Übel, das trifft ein,
Wie auch das Böse allgemein.”

 


Belehrung für alle


“Ohephiah:15 ich danke ihnen,
Dass hier in Essen sie erschienen
Und legten dar mit Kompetenz
Was Vorsehung: die Providenz.

Genau so danke dafür ich,
Dass so geschickt sie mühten sich,
Mir licht und fasslich zu erklären,
Warum GOtt Böses lässt gewähren.” –

“Herr Stillingstreu: ihr zuviel prunkt
Und fühlt euch gar im Mittelpunkt!
Nicht euch ich sonders unterwies.
Ich will vielmehr, dass schreibt ihr dies,
Dass er Belehrung werde allen,
Die finden daran auch Gefallen:
Den Stillings-Freunden16 in der Welt,
Die GOtt zu Kündern hat bestellt,
Dass SEine Botschaft Weisung wird
In einer Zeit, die sich verirrt.

Beauftragt drum Geist Eldad17 ist,
Dass jeder Stillings-Freund ermisst,
Wie er erwählt, auf dass er Hort
Den Menschen sei für GOttes Wort.”

 


Text der Belehrung wird ausgehändigt


“Ich fürchte bloss, Herr Hofrat Jung,
Dass meine Überlieferung
Den Kern der Dinge halb vergrabe,
Weil viel ich nicht behalten habe.” –

“Auch daran ist bereits gedacht!
Man hat darob für euch gemacht
Allschon Beschreibung und Bericht:
Drum jammert ob des Auftrags nicht!”

Als eben Stilling sagte dies,
Geist Siona schnell gleiten liess
In meine Hand, dass ich es hätte,
Just eine passende Diskette.

“Herr Hofrat Jung! Herr Siona!
Wie soll geboten werden da
Den Stillings-Freunden der Bericht?
Normal als Lehrstück? Als Gedicht?” –

“Herr Bleibfest”, sagte Siona,
“Geschrieben bloss stellt es sich da
Als öder Abschnitt der Dogmatik:
Es fehlt dann jederlei Dramatik.
Der Bildschirm lässt es euch gewahren:
Gereimt ist alles schon zu Paaren.
Druckt so es aus, wie hier es steht
Und achtet, dass sich nichts verdreht.
Stellt ein das Lehrstück auch komplett
Auf eure Sites im Internet.”

Siona gab mir noch die Hand,
Derweil Jung-Stilling schon entschwand.
Er drehte wohl sich nochmals um
Und winkte zu mir mild und stumm.

Den Engel konnte dann ich sehen,
Zur Seite von Jung-Stilling gehen.
Ich sah ein Licht die Zwei umfloren,
Die bald sich meinem Blick verloren.


Niederschrift der Belehrung wird ins Internet gestellt


Damit sich alle Stillings-Treuen
An dieser Botschaft recht erfreuen,
Gab ein ich den Bericht komplett
Schon nächstentags ins Internet.

Natürlich werden welche knurren,
Und andere vernehmbar murren,
Weil es nach deren Vorurteil
Nicht sein darf, dass je wird zuteil
Den Menschen nieden eine Kunde
Aus eines Jenseits-Wesens Munde.

Die Armen ach! Sie sind verrannt
In ihren Herzen und Verstand
Ins Diesseits bloss und daher blind
Für das, was Geister wohlgesinnt
Die Erdenbürger lassen wissen:
Sie leugnen solches starr verbissen.

Euch fleh ich an: seht doch auch ein,
Dass jemand mag umgeben sein
Von Geisteswesen, die ihn lehren,
Mit Jenseitsbotschaft reichlich nähren.

Dass aufgebt ihr das Wut-Gedräu,
Drum bittet Bleibfest Stillingstreu,
Der still vergnügt lebt und verschwiegen
Mit sich im Reinen auch zu Siegen.


Anmerkungen, Quellen und Hinweise


* Grafschaft Leisenburg = bei Jung-Stilling das ehemalige Fürstentum Nassau-Siegen (mit der Hauptstadt Siegen); –  durch Erbfolge ab 1743 Teil der Nassau-Oranischen Lande (mit Regierungssitz in Dillenburg, heute Stadt im Bundesland Hessen); –  im Zuge der territorialen Neuordnung Deutschlands durch den Wiener Kongress ab 1815 Bezirk in der preussischen Provinz Westfalen (mit der Provinzhauptstadt Münster); –  nach dem Zweiten Weltkrieg von 1946 an bis heute Bestandteil im Kreis Siegen-Wittgenstein des Regierungsbezirks Arnsberg im Bundesland Nordrhein-Westfalen in der Bundesrepublik Deutschland (mit der Landeshauptstadt Düsseldorf). – Über 70 Prozent der Kreisfläche sind Wälder; Siegen-Wittgenstein steht damit an der Spitze der Bewaldungsdichte in Deutschland.

Salen = bei Jung-Stilling die ehemalige fürstliche Residenzstadt Siegen am Oberlauf der Sieg (dort 240 Meter über dem Meeresspiegel) gelegen. Die Sieg ist ein 155,2 Kilometer langer, rechter Nebenfluss des Rheins. – Die nächst grösseren Städte von Siegen sind, in der Luftlinie gemessen, im Norden Hagen (83 Kilometer), im Südosten Frankfurt am Main (125 Kilometer), im Südwesten Koblenz (105 Kilometer) und im Westen Köln (93 Kilometer).

Siegen zählt heute nach der Eingliederung umliegender Städte und Gemeinden zu Jahresbeginn 1969 Stadt mit etwa 110’000 Bewohnern. – Vgl. dazu Hartmut Eichenauer: Das zentralörtliche System nach der Gebietsreform. Geographisch-empirische Wirkungsanalyse raumwirksamer Staatstätigkeit im Umland des Verdichtungsgebietes Siegen. München (Minerva) 1983 (Beiträge zur Kommunalwissenschaft, Bd. 11). –Siegen ist seit 1972 auch Universitätsstadt mit etwa 12 000 Studierenden.

Siehe Karl Friedrich Schenck: Statistik des vormaligen Fürstenthums Siegen. Siegen (Vorländer) 1820, Reprint Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1981 sowie Theodor Kraus: Das Siegerland. Ein Industriegebiet im Rheinischen Schiefergebirge, 2. Aufl. Bad Godesberg (Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung) 1969 (Standardwerk mit vielen Karten, Übersichten und Rückblenden auf den Entwicklungsverlauf; leider jedoch auch in der Zweitauflage ohne Register).

Im wirtschaftsgeschichtlich in vieler Hinsicht bemerkenswerten Siegerland ist der hochintelligente und vielseitig begabte Jung-Stilling (siehe Anmerkung 2) geboren, herangewachsen und hat hier auch seine ersten beruflichen Erfahrungen als Köhlergehilfe, Schneider, Knopfmacher, Vermessungs-Assistent, Landarbeiter, Dorfschulmeister und Privatlehrer gesammelt.

1 Essen = Stadt im Ruhrgebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen der Bundesrepublik Deutschland.

2 Professor Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817), der Weltweisheit (= Philosophie) und Arzneikunde (= Medizin) Doktor. Dieser wurde in letzte Zeit wiederholt auf Erden gesehen. Siehe die entsprechenden Erscheinungsberichte aufgezählt bei Liebmunde Kirchentreu: Jung-Stilling und der Agnostizismus. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1999 S. 42., als Download-File zum persönlichen Gebrauch unter der Adresse <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling >abrufbar.

Siehe auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte. Vollständige Ausgabe, mit Anmerkungen hrsg. von Gustav Adolf Benrath, 3. Aufl. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 1992. – Die “Lebensgeschichte” erschien in vielen Ausgaben. Jedoch genügt nur die von Gustav Adolf Benrath besorgte Version den Anforderungen sowohl des Lesers (grosser Druck, erklärende Noten, übersichtliche Einleitung, Register) als auch des Wissenschaftlers (bereinigter Original-Text; wichtige Dokumente zur Lebensgeschichte) – In kürzerer Form orientiert über das Leben von Jung-Stilling auch Gerhard Merk: Jung-Stilling. Ein Umriß seines Lebens. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1989.

Siehe zum Wiedereintritt Verstorbener in diese Welt Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde, in einer Natur= Vernunft= und Bibelmäsigen (so) Beantwortung der Frage: Was von Ahnungen, Gesichten und Geistererscheinungen geglaubt und nicht geglaubt werden müße (so, also mit Eszett). Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1808 (Reprint Leipzig [Zentralantiquariat der DDR] 1987), S. 220 ff.

Dieses Werk von Jung-Stilling wurde seit seinem Erstdruck in vielen Ausgaben veröffentlicht und auch ins Englische, Schwedische, Französische und Niederländische übersetzt; siehe die Zusammenstellung bei Klaus Pfeifer: Jung-Stilling-Bibliographie Siegen (J. G. Herder-Bibliothek) 1993 (Schriften der J. G. Herder-Bibliothek Siegerland, Bd. 28).

3 Jung-Stilling erhielt als Professor für ökonomische Wissenschaften an der Universität Heidelberg durch Erlass des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern (ihm hatte er auch seine in Strassburg verfasste medizinische Doktorarbeit gewidmet und Ende März 1772 persönlich 1772 bei Hofe zu Mannheim überreicht) vom 31. März 1785 die Ernennung zum “Kurpfälzischen Hofrat”.

Das mit dem Hofrats-Titel verbundene gesellschaftliche Ansehen war zu jener Zeit beträchtlich. Es gewährte dem Träger mancherlei Vergünstigungen, so auch (was Jung-Stilling als reisenden Augenarzt insonders zum Vorteil gereichte) an Wegschranken, Posten, Schildwachen, Stadttoren, Fähren, Übergängen, Brücken sowie an den damals auch innerlands zahlreichen Schlagbäumen vor den Post-, Maut- und Grenzstationen.

Der Friedensvertrag von Campo Formio (7 km südwestlich von Udine in Venetien) vom 17. Oktober 1797 zwischen Napoléon und Kaiser Franz II., bestimmte in Artikel 20 den Rheinstrom als die Staatsgrenze zwischen Frankreich und Deutschland. Dies wurde im Frieden von Lunéville (südöstlich von Nanzig [Nancy] gelegen; ehemalige Residenz der Herzöge von Lothringen) am 9. Februar 1801 bestätigt.

In Artikel 6 des Vertrags heisst es genauer: “S. M. l’Empereur et Roi, tant en Son nom qu’en celui de l’Empire Germanique, consent à ce que la République française possède désormais (= von nun an) en toute souveraineté et propriété, les pays et domaines situés à la rive gauche du Rhin, … le Thalweg (= Fahrtrinne für die Schiffahrt) du Rhin soit désormais la limite entre la République française et l’Empire Germanique, savoir (= und zwar) depuis l’endroit (= von der Stelle an) où le Rhin quitte le territoire helvétique, jusqu’à celui où il entre dans le territoire batave.”

Eine ausserordentliche Reichsdeputation, eingesetzt am 7. November 1801, beriet daraufhin zu Regensburg (seit 1663 der Tagungsort des Immerwährenden Reichstags) über die Entschädigung an deutsche Fürsten, die ihre (links der neuen Staatsgrenze zu Frankreich gelegene) Gebiete an Frankreich abtreten mussten.

Durch besondere günstige Umstände (später traten auch noch verwandtschaftliche Beziehungen zu Frankreich hinzu: sein Enkel und Thronfolger Karl [1786/1811–1818] heiratete zu Paris am 7./8. April 1806 Stéphanie de Beauharnais [1789–1860], die 17jährige Adoptivtochter von Napoléon Bonaparte) vergrösserte Karl Friedrich von Baden (1728/1746–1811) bei dieser Gelegenheit sein Gebiet um mehr das Vierfache; die Bevölkerung stieg von ungefähr 175’000 auf fast 1 Million Bewohner. Die pfälzische Kurwürde (das Recht, den Kaiser mitzuwählen) ging auf ihn über; Karl Friedrich wurde damit 1803 vom Markgrafen zum Kurfürsten erhoben. – Wenig später rückte er durch den Rheinbundvertrag vom 12. Juli 1806 nach Artikel 5 gar zum Grossherzog (Grand Duc) mit dem Titel “Königliche Hoheit” auf.

Mit dem dadurch veranlassten Übergang der rechtsrheinischen Gebiete der Kurpfalz (so auch der alten Residenz- und Universitätsstadt Heidelberg, der neuen [seit 1720] Residenzstadt Mannheim [mit dem grössten Barockschloss in Deutschland] und der Sommerresidenz Schwetzingen [mit dem kurfürstlichen Lustschloss samt 76 Hektar grossen Schlossgarten, Moschee, Badehaus und Theater]) an das Haus Baden durch den Regensburger Reichsdeputationsschluss vom 25. Februar 1803 wurde gemäss § 59, Abs. 1 (“Unabgekürzter lebenslänglicher Fortgenuss des bisherigen Rangs”) der “kurpfälzische” Hofrat DE JURE PUBLICO nunmehr automatisch zum “badischen” Hofrat.

Anfang April des Jahres 1808 wird Jung-Stilling als Berater des Grossherzogs von Baden in Karlsruhe dann (“ohne mein Suchen“, wie er selbst hervorhebt) zum “Geheimen Hofrat in Geistlichen Sachen” ernannt. – Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und herausgegeben von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen Verlag) 2002, S. 404 sowie dort auch S. 125, S. 266, S. 325, S. 329.

Beim Eintritt von Jung-Stilling in den Himmel kommt ihm Karl Friedrich von Baden freudig entgegen und heisst ihn in der Seligkeit als Bruder herzlich willkommen. – Siehe hierzu und überhaupt zum Übergang von Jung-Stilling in das Jenseits des näheren (unbekannte Verfasserin): Sieg des Getreuen. Eine Blüthe hingeweht auf das ferne Grab meines unvergeßlichen väterlichen Freundes Jung=Stilling. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1820, S. 27.

Jung-Stilling stand nach seinem frei gewählten Abschied von der Universität Marburg ab 1803 im Dienst des Hauses Baden; er wollte sich nur noch der religiösen Schriftstellerei und der Bedienung der Augenkranken widmen. – Siehe hierzu Gerhard Schwinge: Jung-Stilling am Hofe Karl Friedrichs in Karlsruhe, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins, Bd. 135 (1987), S. 183 ff., Gerhard Schwinge: Jung-Stilling als Erbauungsschriftsteller der Erweckung. Eine literatur- und frömmigkeitsgeschichtliche Untersuchung seiner periodischen Schriften 1795-1816 und ihres Umfelds. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 1994, S. 219 ff. (Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, Bd. 32) sowie zum Verhältnis zwischen beiden Persönlichkeiten auch Max Geiger: Aufklärung und Erweckung. Beiträge zur Erforschung Johann Heinrich Jung-Stillings und der Erweckungstheologie. Zürich (EVZ-Verlag) 1963, S. 237 ff. (Basler Studien zur Historischen und Systematischen Theologie, Bd. 1).

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Beim Eintritt von Jung-Stilling in den Himmel kommt ihm Karl Friedrich von Baden freudig entgegen und heisst ihn in der Seligkeit als Bruder herzlich willkommen. – Siehe hierzu und überhaupt zum Übergang von Jung-Stilling in das Jenseits des näheren (unbekannte Verfasserin): Sieg des Getreuen. Eine Blüthe hingeweht auf das ferne Grab meines unvergesslichen väterlichen Freundes Jung=Stilling. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1820, S. 27.

Karl Friedrich (1728/1746-1811) galt in Karlsruhe gleichsam als Übermensch. Nachdem gelegentlich eines Trauergottesdienstes am 1. Juli 1811 der hochgelehrte katholische Stadtpfarrer und (seit 1805) Grossherzoglich Badische Geistliche Rat Dr. Thaddäus Anton Dereser (1757-1827) nicht in den übertriebenen Lobgesang für den Verstorbenen einstimmen wollte, sondern am Rande einer Predigt die teilweise rohe und schamlose Ausplünderung der katholischen Einrichtungen unter seiner Herrschaft beiläufig ansprach, musste er Karlsruhe unverzüglich verlassen.

Siehe zur Person von Dereser kurz die Broschüre von Joseph Gass: Der Exeget Dereser. Eine geschichtliche Studie. Strassburg (Le Roux) 1915 (mit einem Portrait von Dereser) sowie Franz Xaver Münch: Der äußere Lebensgang des Aufklärungstheologen Thaddäus Anton Dereser. Bonn (Dissertation der Katholisch-Theologischen Fakultät) 1929 (auszugsweise im Druck) sowie Bartolomé Xiberta: Artikel “Dereser, Thaddaeus a Sancto Adamo”, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 3. Berlin (Duncker & Humblot), S. 605.

Siehe zu den unterdrückenden obrigkeitlichen Massnahmen gegen die katholische Kirche unter der Regierungsgewalt der badischen Grossherzöge näherhin (Franz Joseph Mone [1796-1871]): Die katholischen Zustände in Baden, 2 Bde. Mit urkundlichen Beilagen. Regensburg (Manz) 1841/1843 sowie Carl Bader: Die katholische Kirche im Großherzogthum Baden. Freiburg (Herder) 1860. – Sehr einseitig und unsachlich zur Predigt von Dereser auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und hrsg. von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen) 2002, S. 485.

Als Beispiel der bei Hofe zu Karlsruhe genehmen Trauerreden katholischer Geistlicher seien erwähnt –  Bernhard Boll: Trauerrede bey der kirchlichen Todten-Feyer seiner königlichen Hoheit Karl Friedrichs, Großherzogs zu Baden, Herzogs zu Zähringen, gehalten in der Haupt- und Münsterpfarrkirche zu Freyburg den 1. July 1811. Freiburg (Wagner) 1811 (der Zisterzienser und Münsterpfarrer zu Freiburg Bernhard Boll (1756-1836) wurde 1827 erster Erzbischof von Freiburg); –  [Gerhard Anton Holdermann]: Beschreibung der am 30ten Juny und 1ten July 1811 zu Ratsatt Statt gehabten Trauer-Feyerlichkeit nach dem Hintritte unsers (so!) höchstseligen Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Rastatt (Sprinzing) 1811. Holdermann (1772–1843) war katholischer Pfarrer zunächst in Heidelberg und bis 1829 in Rastatt.

Als elektronische Ressource im Rahmen der “Freiburger historischen Bestände–digitalisiert” ist einsehbar –  die in lateinischer Sprache vorgetragene, an Lobpreisungen überladen-theatralische Rede von Johann Kaspar Adam Ruef (1748-1825): JUSTA FUNEBRIA SERENISSIMO DUM VIVERET AC CELSISSIMO PRINCIPI DIVO CAROLO FRIDERICO MAGNO DUCI BADARUM … DIE 22 JULII 1811 IN TEMPLO ACADEMICO PIISSIMA ET GRATISSIMA MENTE PERSOLVENDA INDICIT JOANNES CASPARUS RUEF. Freiburg (Herder) 1811. – Ruef war Professor des katholischen Kirchenrechts an der Universität Freiburg, Oberbibliothekar und (wie Jung-Stilling seit 1806) Grossherzoglich Badischer Geheimer Hofrat. Gleichsam als Heiligen sehen den Verstorbenen –  Aloys Wilhelm Schreiber: Lebensbeschreibung Karl Friedrichs Großherzog von Baden, 1728–1811. Heidelberg (Engelmann) 1811 (Schreiber [1761–1841]) war seit 1805 Professor für Ästhetik in Heidelberg und ab 1813 bis zu seiner Pensionierung Hofgeschichtsschreiber in Karlsruhe)

Vgl. auch –  Gedächtnißreden bey dem Tode Sr. K. Hoheit des Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Gehalten von den Pfarrern der drey christlichen Confessionen zu Mannheim. Mannheim (Schwan) 1811 (Brochure), in der sich der reformierte, lutherische und katholische Geistliche an Lob auf den verstorbenen Karl Friedrich offenkundig überbieten.

Geradezu bescheiden wirken demgegenüber andere Predigten, wie etwa –  [Christian Emanuel Hauber]: Kurze Abschilderung Sr. Königlichen Hoheit Carl Friedrichs Grosherzogs (so!) von Baden. Karlsruhe (Macklot) 1811 (Brochure); –  Theodor Friedrich Volz: Gedächtnißpredigt auf den Höchstseeligen Großherzog von Baden Karl Friedrich, gehalten den 30. Junius 1811 in der Stadtkirche zu Karlsruhe. Karlsruhe (Müller) 1811 (Brochure). Volz [1759-1813]), in Jena 1778 bereits promoviert, bemüht sich erkennbar um die im Rahmen des Anlasses mögliche Sachlichkeit.

Aufgebläht, schwulstig und völlig kritiklos sind auch viele der zahlreichen Zentariums-Reden auf Karl Friedrich von Baden, wie –  Karl Joseph Beck: Rede bei der akademischen Feier des hundertsten Geburtsfestes des Hochseligen Großherzogs Karl Friedrich zu Baden … Gehalten von dem derzeitigen Prorector der Albert-Ludwigs-Hochschule. Freiburg im Breisgau (Wagner) 1828. Karl Joseph Beck (1794-1838) war Mediziner und Stifter des “Corps Rhenania” in Freiburg.

Überspannt auch –  Friedrich Junker: Lobrede auf Carl Friedrich, ersten Großherzog von Baden. bei der Säcularfeier der Geburt des unvergleichlichen Fürsten den 22. November 1828 gesprochen in Mannheim / Mannheim (Schwan & Götz) 1829 (Brochure); Junker hatte sich als Interpret des Philosophen Epiktet sowie als Schriftausleger einen Namen gemacht.

Geradezu als Heiligen stellt den badischen Herrscher dar –  Karl Wilhelm Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn: Gemälde über Karl Friedrich den Markgrafen, Kurfürsten und Großherzog von Baden. Ein Beitrag zur Säkular-Feier der Geburt des unvergeßlichen Fürsten Mannheim (Schwan und Götz) 1828 (Drais [1761–1851] ist der Erfinder des Fahrrads (Laufrads, “Draisine”); sein Vater war badischer Oberhofrichter und Karl Friedrich sein Taufpate).

Weithin unkritisch gegenüber den augenfälligen Schattenseiten der Regierung von Karl Friedrich neuerdings auch Annette Borchardt-Wenzel: Karl Friedrich von Baden. Mensch und Legende. Gernsbach (Katz) 2006. Dasselbe gilt in gleicher Weise für Gerald Maria Landgraf: “Moderate et prudenter”. Studien zur aufgeklärten Reformpolitik Karl Friedrichs von Baden (1728-1811), als Download-File bei dem URL <http://epub.uni-regensburg.de/10710/>. Für die Schikanen gegen die katholische Bevölkerung und das dadurch hervorgerufene Leid vieler Menschen hat Landgraf kein Wort übrig.

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4 Schutzengel von Johann Heinrich Jung-Stilling. Er zeigte sich diesem zu dessen irdischer Zeit, nahm ihn von dort ins Jenseits mit und schrieb auch für ihn. Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich, 7. Aufl. Bietigheim (Karl Rohm Verlag) 1999, S. 220 ff. (S. 279: “Siona hat mir Lavaters Verklärung in die Feder diktiert”). In fast allen der in Anm. 1 aufgezählten Erscheinungs-Berichten hat sich Engel Siona dem in die Welt wiedereingetretenen Jung-Stilling als Begleiter beigesellt.

Der Name Siona bedeutet letztlich “die Himmlische”; siehe die genauere, weitläufige Erklärung dieses Namens bei Philipp Paul Merz: THESAURI BIBLICI PARS SECUNDA, NEMPE ONOMASTICON BIBLICUM SEU INDEX AC DICTIONARIUM HISTORICO-ETYMOLOGICUM. Augsburg (Veith) 1738, S. 1161 ff. (ein bis heute kaum übertroffenes Standardwerk, das viele Nachdrucke und Übersetzungen erfuhr) oder auch bei Petrus Ravanellus: BIBLIOTHECA SACRA, SEU THESAURUS SCRIPTURAE CANONICAE AMPLISSIMUS, Bd. 2. Genf (Chouët) 1650, S. 627 (ein gleichfalls bewährtes und häufig nachgedrucktes Werk).

Jung-Stilling spricht Siona an als –  “unaussprechlich erhabene Tochter der Ewigkeit” (Szenen aus dem Geisterreich, S. 219), – ‚ “göttliche Freundin” (ebenda, S. 223), dankt der – ƒ “erhabenen Dolmetscherin” (ebenda, S. 241), die ihm – „ als Engel – oft ungesehen – “immer liebvoll zur Seite ist” (Johann Heinrich Jung-Stilling: Chrysäon oder das goldene Zeitalter in vier Gesängen. Nürnberg [Raw’sche Buchhandlung] 1818, 1. Gesang, Versabschnitt 3), – … den Gedankengang leitet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 282), aber – † auch vom Jenseits berichtet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 308) und – ‡ Jung-Stilling (der im Chrysäon Selmar heisst; wohl in Anlehnung an den Rufname seiner zweiten Ehefrau Selma) auf einer “Himmels-Leiter” zum Sehen führt (Chrysäon, Prolog, Versabschnitt 2; siehe auch Versabschnitt 8) sowie – ˆ zu seiner verstorbenen Tochter Elisabeth (Lisette, 1786–1802) und zu deren Mutter (Jung-Stillings zweiter Ehefrau Maria Salome von St. George, 1760–1790) geleitet (Chrysäon, 4. Gesang, Versabschnitt 2 ff.) – ‰ ihn aber auch von himmlischen Höhen “in müdes Weltgewühle” zurückbringt (Chrysäon, 3. Gesang, Versabschnitt 87).

Siehe zum Verständnis der Engel im religiösen Denken von Jung-Stilling auch Gerhard Merk (Hrsg.): Jung-Stilling-Lexikon Religion. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1988, S. XX f., S. 30 ff. sowie Gotthold Untermschloss: Vom Handeln im Diesseits und von Wesen im Jenseits. Johann Heinrich Jung-Stilling gibt Antwort. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, S. 16 ff. – Vgl. zum Grundsätzlichen auch Paola Giovetti: Engel, die unsichtbaren Helfer der Menschen, 8. Aufl. Kreuzlingen, München (Hugendubel) 2003 (aus dem Italienischen übersetzt) sowie im Internet die Adresse <http://www.himmelsboten.de>

5 Vorsehung (Providenz) im engeren Sinne ist der ewige, im Verstande GOttes existierende P l a n , wie die Weltdinge ihrem letzten Endziel (das in der Verherrlichung GOttes besteht) entgegenzuführen seien.

Die sich in der Zeit abspielende A u s f ü h r u n g wird manchmal auch Vorsehung genannt. Beide unterscheiden sich wie Entwurf und Ausführung. – Zum Begriff “letztes Endziel” siehe Gerhard Merk: Grundbegriffe der Erkenntnislehre. Berlin (Duncker & Humblot) 1985, S. 64, S. 66.

6 Stilling will sagen: die Vorsehung (Providenz) bezieht sich auf die Hinordnung der Dinge zu ihrem letzten Ziele. Demgegenüber zielt die göttliche Anordnung (Disposition) auf die Regelung der Dinge zueinander.

Die Vernunft schliesst auf die göttliche Vorsehung aus der einheitlichen, überaus zweckmässigen Einrichtung der Welt. Diese Ordnung muss – wie alles Gute in der Welt – von GOtt erschaffen sein. Da aber das Wirken GOttes die höchste Vollendung besitzen muss, so kann er nicht blind und planlos handeln. Vielmehr muss die Hinordnung der Geschöpfe auf ihre Ziele und insbesondere auf das letzte Ziel in seinem Geiste von Ewigkeit bestehen.

Die Vorsehung muss alle Einzeldinge in der ganzen Schöpfung umfassen. Denn kein geschaffenes Ding kann sein Ziel erreichen, ohne durch GOtt darauf hingeordnet und hingeführt zu werden.

7 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 2), S. XIX (Vorwort von Gustav Adolf Benrath). – Die Fürsorge GOttes für seine Schöpfung im allgemeinen heisst auch PROVIDENTIA SPECIALIS, die für die Menschheit und Menschengruppen (wie Nationen oder Kirchen) PROVIDENTIA SPECIALIS, und die für einzelne Menschen PROVIDENTIA SPECIALISSIMA.

Alles, was hier durch Jung-Stilling und anderswo über die Vorsehung ausgeführt wird, lässt sich in zwei Gedanken zusammenfassen. –  GOtt ist gut, der “allein Gute” (Mk 10, 18). Daher kann er es mit uns und unserem Ziel nur gut meinen. –  Weg und Mittel, wodurch uns GOtt zum Ziele führen möchte, sind uns unbekannt (wie Freud und Leid, Glück und Unglück, langes oder kurzes Leben, langes Todeslager oder plötzlicher Hinschied). Das macht die Vorsehung für den Menschen dunkel.

8 Das Bittgebet will den ewigen Weltplan nicht umstossen, sondern dem göttlichen Gebot entsprechend in der Not zum Herrn rufen. Ein solches Gebet kann GOtt, der es ewig voraussieht, bei Festlegung des Vorsehungsplanes berücksichtigen.

“Wir können gewiß versichert seyn, dass der Herr jedes gläubige Gebt erhört, wir erlangen immer etwas dadurch, das wir ohne unser Gebt nicht erlangt haben würden, und zwar das, was für uns das beste ist”, lehrt Johann Heinrich Jung-Stilling. Lebensgeschichte (Anm. 2), S. 474.

9 Gemeint ist das Gebet des HErrn, das Vaterunser.

10 Siehe Joh 3, 16 sowie Jung-Stilling-Lexikon Religion, herausgegeben und eingeleitet von Gerhard Merk. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1988, S. 35 f.

11 Jung-Stilling war über den aufflammenden Hass in der Französischen Revolution entsetzt. Ihn bekümmerte auch, dass ausgerechnet die Freimaurer-Logen, die Versöhnung, Toleranz, Gottesglaube und Liebe unter allen Menschen auf die Fahnen geschrieben hatten, zum Vorreiter kalter Wellen atheistischen Geistes und eines gegenüber aller Religion intoleranten Fanatismus wurden. Dass sich schliesslich die führenden Revolutionäre gegenseitig selbst umbrachten, sah er als Strafe GOttes an. – Siehe auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Ueber den Revolutions=Geist unserer Zeit zur Belehrung der bürgerlichen Stände. Marburg (Neue Akademische Buchhandlung) 1793.

12 Siehe Röm 1, 21 bis 32.

13 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 2), S 153 ff., S. 159 ff. sowie ausführlich Rainer Vinke: Johann Heinrich Jung-Stillings Reaktion auf die Französische Revolution, in: Ralph Melville et al: Deutschland und Europa in der Neuzeit. Festschrift für Karl Otmar Freiherr von Arentin. Stuttgart (Steiner) 1988, S. 469 ff.

14 Siehe zur Freiheit: Jung-Stilling-Lexikon Wirtschaft, herausgegeben und eingeleitet von Gerhard Merk. Berlin (Duncker & Humblot) 1987, S. 38.

Die Möglichkeit der Übertretung des Sittengesetzes (als Norm, für die Art und Weise, wie die Geschöpfe ihrem Ziel zustreben sollen; inhaltlich in den 10 Geboten ausgedrückt) ist mit der Freiheit des menschlichen Willens notwendig verbunden. Wenn also GOtt die sittlichen Übel (das Böse) nicht zulassen wollte, so dürfte er:

–  entweder überhaupt keine freien, mithin auch keine geistigen Wesen erschaffen,

–  oder er müsste eine solche Ordnung der Dinge einführen und dem geschaffenen Willen ein solches Mass von Hilfsmitteln verleihen, dass dieser das Sittengesetz tatsächlich niemals überträte.

Dann aber gäbe es auch keine menschliche Willensfreiheit.

Der Missbrauch der Freiheit ist die eigene Schuld des Menschen, nicht jedoch eine notwendige Folge der Freiheit, die ihm als ein hoher Vorzug und mit Rücksicht auf seine Glückseligkeit von GOtt verliehen ist.

15 Einjeder Christ, der in die Seligkeit eingeht, erhält von GOtt einen neuen Namen, siehe Offb 2, 17 sowie (Johann Heinrich Jung-Stilling:) Die Siegsgeschichte der christlichen Religion in einer gemeinnüzigen (so!) Erklärung der Offenbarung Johannis. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1799, S. 89. – Näheres zum Eintritt Jung-Stillings in die Seligkeit siehe bei (Helene Schlatter-Bernet?): Sieg des Getreuen. Eine Blüthe hingeweht auf das ferne Grab meines unvergeßlichen väterlichen Freundes Jung=Stilling. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1820.

Der besondere Name, mit dem Jung-Stilling im Jenseits beschenkt wurde, ist Ohephiah (= der GOtt liebt). – Siehe hierzu [Christian Gottlob Barth:] Stillings Siegesfeyer. Eine Scene aus der Geisterwelt. Seinen Freunden und Verehrern. Stuttgart (Steinkopf) 1817; neu abgedruckt in: Johann Heinrich Jung’s, genannt Stilling, sämmtliche Werke. Neue vollständige Ausgabe. Erster Band. Stuttgart (Scheible, Rieger & Sattler) 1843, S. 853 ff. – Siehe auch Gerhard Schwinge: Jung-Stilling als Erbauungsschriftsteller der Erweckung. Eine literatur- und frömmigkeitsgeschichtliche Untersuchung seiner periodischen Schriften 1795-1816 und ihres Umfelds. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 1994, S. 316 (Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, Bd. 32).

16 Stillings-Freund meint –  Gönner, Förderer, später –  Verehrer und Anhänger (“Fan”: dieses heute gebräuchliche Wort vom lateinischen FANATICUS = begeistert, entzückt) oder –  auch nur begeisterter Leser der Schriften von Jung-Stilling. Der Ausdruck stammt von Jung-Stilling selbst. Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 1), S. 213, S. 441, S. 513, S. 536, S. 566. – Auf der anderen Seite gibt es aber auch  “Stillings-Feinde”, siehe ebendort, S. 316.

17 Geist Eldad ist beauftragt, die Seelen der von der Welt scheidenden Stillings-Freunde in die Seligkeit abzuholen, siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich (Anm. 4), S. 206.

Geist Eldad ist früher Mensch gewesen und lebte unter dem Namen Johann Konrad Pfenninger (1747–1792) als Pfarrer an St. Peter in Zürich; siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich (Anm. 4), S. 214. Jung-Stilling stand mit Pfenninger in Briefkontakt; siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe (Anm. 3), S. 632 (Stichwort “Pfenninger, Johann Konrad” mit Verweis auf in der Sammlung abgedruckte Schreiben). Als Pseudonym benutzte Pfenninger in Veröffentlichungen auch den Namen Johann Bieder von Sophienburg.

Zur Biographie Pfenningers siehe Georg Rudolf Zimmermann: Johann Konrad Pfenninger. Ein christlicher Apologet, in: Zürcher Taschenbuch, Bd. 4 (1881), S. 128 ff. (dort keine vollständige Auszählung seiner Schriften).


The longer I live, the more faith I have in Providence, and the less faith in my interpretation of Providence

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