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Prof. Dr. Gerhard Merk, Dipl.rer.pol., Dipl.rer.oec.

Abhandlungen über Johann Heinrich Jung-Stilling

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Nachtodliche Belehrungen zur Philosophie

Nachtodliche Belehrungen zur Theologie

Nachtodliche Belehrungen zu verschiedenen Themen

 

Reiner Glaube


REINER GLAUBE ?
Eine belehrende Begegnung zu Marburg an der Lahn an einem 15. August mit dem hochgelehrten, lebenserfahrenen und bis anhin unvergessenen Herrn

Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817),
der Philosophie und Medizin Doktor
seit 1785 Kurpfälzischer Hofrat, durch Rechtsübergang ab 1803 Badischer Hofrat,
durch Verleihung ab 1808 Grossherzoglich Badischer Geheimer Hofrat;

lebzeitig bis 1803 Professor für ökonomische Wissenschaften sowie Lehrbeauftragter für operative Augenheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Marburg/Lahn; zuvor bis 1787 Professor für angewandte Ökonomik – mit Einschluss der Veterinärmedizin – an der Universität Heidelberg und vorher seit 1778 in gleicher
Bestellung an der Kameral Hohen Schule zu Kaiserslautern;

ehedem Gründungsmitglied der Geschlossenen Lesegesellschaft zu Elberfeld; dort auch Arzt für Allgemeinmedizin, Geburtshilfe, Augenheilkunde und seit 1775 behördlich bestellter Brunnenarzt sowie Lehrender in Physiologie; der Kurpfälzischen ökonomischen Gesellschaft in Heidelberg, der Kurfürstlichen deutschen Gesellschaft in Mannheim, der Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste in Kassel, der Leipziger ökonomischen Sozietät, der Königlichen Sozietät der Wissenschaften in Frankfurt/Oder sowie seit 1781 bis zum Verbot der Geheimgesellschaften im kurpfälzisch-bayrischem Hoheitsgebiet durch Erlass aus München vom 22. Juni 1784 auch der erlauchten
Loge “Karl August zu den drei flammenden Herzen” in Kaiserslautern Mitglied.

Mit gewissenhafter Genauigkeit dienstfertig aufgeschrieben und ausrichtig ins
Internet gestellt, alle Leser dabei beständiger gÖttlicher Verwahrung
und getreulichen englischen Schutzes bestens empfehlend
von

Liebmund Kirchentreu,
zu Salen, Grafschaft Leisenburg*

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Markus-Gilde, Siegen

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Die gewerbliche Verwertung des nachstehenden Textes bedarf der vorherigen
schriftlichen Einwilligung des Copyright-Inhabers.

info@jung-stilling-gesellschaft.de


Jung-Stilling und Engel Siona schreiten durch Marburg/Lahn


Es war der fünfzehnte August.
Ich ging die Oberstadt hoch just
Zu Marburg, als ich deutlich sah
Jung-Stilling1 mit Geist Siona.2
Sie waren ganz in Menschgestalten
Und schienen sich zu unterhalten.
Beherzt schritt ich auf beide zu,
Erreichte sie dann auch im Nu.

“Herr Hofrat Jung! Herr Siona!
Sie zeigen sich zu Marburg da
An diesem hohen Feiertag?
Zu deuten ich es nicht vermag,
Wieso man aus dem Himmel lässt
Zur Erde sie an diesem Fest.” –

“Herr Liebmund”, gab zur Antwort mir
Erstaunt Jung-Stilling, stutzig schier,
“Was sprecht von Feiertag ihr denn?
Heut einen solchen ich nicht kenn’!” –

“Herr Hofrat: man Gedächtnis wahrt
An diesem Tag die Himmelfahrt
Der Mutter unsres HErren CHrist,
Die Mutter auch der Kirche ist.”

 


Ist die Mutter des HErrn auch “Mutter der Kirche”?


Verblüfft sah Siona mich an;
Zu reden Stilling nun begann.

“Ich unterstelle, dass ihr wisst,
Dass Mutter jene Frau bloss ist,

Die einen Nachkömmling gebiert:
Sich leiblich darob engagiert.
Oft schliesst dies ein, dass sie auch hegt,
Umsorgt das Kind, es nährt und pflegt.

Lasst prüfen uns nun, inwieweit
Besteht hier eine Ähnlichkeit,
Die uns bemüssigt, legt gar nah,
Dass nennen drum wir Maria
Die `Mutter´ unsrer Kirche jetzt,
Wie ihr, Herr Liebmund, meintet letzt.

Zum ersten ist ja völlig klar:
Gebärerin der Kirche war
Maria nie; gegründet ist
Sie ganz allein durch JEsu CHrist.
Weil ihr auch dieser Meinung seid,
Gibt kaum in diesem Punkt es Streit.

Zum zweiten ist der HEilge GEist,
Den JEsus früh bereits verheisst,
Der Kirche Seele; ER ist Leben:
Wird sie in Ewigkeit umgeben.

ER schenkt ihr SEine Gnadengaben,3
Will Kirche allzeit nährend laben.
Wir sind uns einig wohl auch da:
Das ist nie Amt der Maria!

Wenn zeigt sich aber beidesmal,
Dass Ähnlichkeit ist irreal,
Dann scheint es gegen alle Logik
Und fast schon reine Demagogik,
Wenn trotzdem stellt man Maria
Als `Mutter´ unsrer der Kirche da.

Die Kirche, Liebmund, göttlich ist!
Wenn diese Wahrheit man ermisst,
Begreift man erst, wie fade, schal,

Verschroben, abgeschmackt, banal,
Verlogen, unwahr, lügenhaft:
Wie sehr es Irreführung schafft,
Wenn man die Christen schwülstig lullt
In törichten Marien-Kult.” –

 


Marienkult lenkt ab von der Verehrung GOttes


“Herr Hofrat”, wandte ich nun ein,
“Es gibt zwar solchen falschen Schein.
Doch dünkt es übertrieben mir,
Wenn `töricht´ sie dies nennen hier.
Auch macht sich doch zu heutger Zeit
Marienkult nur spärlich breit.” –

“Ihr überseht wohl diesen Strom,
Der fliesst noch immer her von Rom:
Verdeckt, doch schwellend ozeanisch,
Verhexend alles marianisch!

Herr Liebmund: ihr als Calvinist
Bloss wenig davon kennt und wisst;
Ihr spürt nicht diese trübe Flut,
Die marianisch dreist sich tut:

Mit Jahren, Monaten und Festen,
Kapellen, Krypten, Grotten, Gesten,
Medaillen, Bildern, Wundermären,
Legionen, Andachten, Altären,
Kalendern, Büchern, Lichtstafetten,
Gedenken, Gnaden-Orten, Metten,
Gebeten, Kerzen, Litaneien,
Standarten, Fahnen, Messen, Weihen,
Gemälden, Statuen, Panieren,
Figuren, Nischen, Skapulieren,
Vereinen, Feiern, Sühnetaten,
Verzückung, Wahn in hohen Graden:
Geläuf hin zu Erscheinungs-Orten,
Maria zu begegnen dorten:

Auch Pilgerungen, Prozessionen
Selbst weit in ferne Regionen
Auf Strassen und auf Bittgang-Pfaden,
Geführt von Pfarrern, gar Prälaten;
Ekstase, dunstige Erscheinung,
Gesänge, Wunderheilungs-Meinung.

Dies alles wirkt in sich zusammen,
Um Menschenherzen zu entflammen
Zu falschem Feuer, weisser Glut:
So brennend aus das höchste Gut:
Den Glauben an den HErren CHrist,
Der ganz allein der Retter ist.” –

 


Urheber und Empfänger gÖttlicher Gnade


“Von solchem krausen Kult-Verschnitt
Zum Heidentum ist bloss ein Schritt:
Das sehe ich, Herr Hofrat, ein.
Doch wenn sie zu Maria schrein,
Zum Abgott diese gar erkoren:
Hat sie den Heiland nicht geboren?
Drum besser scheint es, sie zu preisen,
Als sonstwem Baalsdienst4 zu erweisen.” —

“Ihr heisst zum Teil das alles gut?
Das nenne klar ich Wankelmut!
In eurem letzten Argument,
Seid ihr mitnichten konsequent!

Es schenkt ein Mensch aus freien Stücken,
Um euch zu nützen, zu beglücken,
Auf einmal eine Summe Geld,
Wie mir geschah zu Elberfeld.5

Nun wäre es doch völlig irr –
Und jene drum vermutlich wirr –
Die euch ob dessen laut lobpreisen,
Anstatt den Schenker gut zu heissen!

Maria nur Beschenkte war:
Es reichte GOtt ihr Gnade dar.6
Drum muss man danken unserem HErrn,
Doch Lob und Preis an sie sei fern!
So hielt es auch zu aller Zeit
Die reformierte Christenheit.

Wer hingibt sich dem Venuskult,7
Häuft auf sich eine grosse Schuld:
Er rückt an unsres HEilands Stelle
Ein Dunstgebilde aus der Hölle.

 


Maria ist die “Magd des Herrn” und mitnichten “Königin”


Damit kein Missverständnis sei:
Maria wohnt ganz zweifelsfrei
Im Himmel und – wie einst ich schrieb –
Ist sie auch mir insonders lieb.8

Doch die Begnadete weist weit
Zurück einjede Eitelkeit.
Sie ist entsetzt und hell empört,
Dass manche `Christen´ es nicht stört,
Die alten Götzen-Dienerei,
Den Moloch-Dienst9 samt Gaukelei
Mit ihrem Namen zu verbinden,
`Erscheinungen´ gar zu erfinden,
Zur `Königin´ sie aufzubauschen,
Um daran sich dann zu berauschen;
Nach Lourdes10 zu wallen, Fàtima,11
Weil dort sie sei besonders nah.

Dass sie, die Einfach-Anspruchslose,
Gesehn wird gar in Herrschafts-Pose
Betrübt sie sonders; solch Geschrei
Grenzt schon an schiere Teufelei;
Just weil es laut verkündet man
An jenem Ort, dem früh entrann

Zunächst der Glaubenszeugen Blut,
Doch drauf des Blendwerks breite Flut.”


Es gibt nicht nur eine Maria, sondern Scharen


“Herr Liebmund”, schloss an Siona,
“Man bietet ja dem Volk nicht da
Nur eine Maria, vielmehr
Sind der Marien schon ein Heer,
Die unter diesem, jenem Namen
Zur Erde hier angeblich kamen:
Als Mutter, Himmelskönigin,
Der Menschen Miterlöserin,
Geleit in Not und bei Gefahr,
Gebieterin der Engelschar;

Als aller Gnaden Spenderin,
Der Schöpfung gar Vollenderin,
Als Glanz der Kirche und ihr Licht
Erretterin beim Weltgericht
Benebst der Titel hundert rund,
Mit der Maria tat sich kund,
Als sie angeblich hier erschien
Zu unterschiedlichem Termin:
An tausend Orten schier man meint,
Dass heut Maria dort erscheint.

 


Die “Botschaften” sind zumeist Drohungen


Die ‘Botschaften’ jeweils enthalten
Meist Androhungen dergestalten,
Dass schmort im Höllenfeuer ganz,
Wer betet nicht den Rosenkranz,12
Auch wer es gar nicht auf sich bringt,
Dem Papst zu folgen unbedingt,
Selbst wenn er sonst auch treu-katholisch:
Dies stuft man ein als diabolisch.

Stets schliessen ‘Botschaften’ auch ein
Vorhersagen von Not und Pein:
Von Schlimmem, Harm und Bitternis,
Erschrecken, Grauen, Kümmernis,
Von Wirrwarr, Unheil, Fluch, Verderben,
Inferno, Plage, Drangsal, Sterben:
Ein ‘Wehe, Wehe!’; Angst und Schrecken,
Bedrohnis wollen sie erwecken,

Doch jeweils nur bedingungsweise:
Wer voll sich einsetzt stets zum Preise
Der ‘Himmelskönigin’ bleibt frei
Von Leid und Drangsal jederlei.

Beachtet: die ‘Erscheinung’ spricht
Von Liebe zu dem Nächsten nicht:
Besuch bei Schwachen, Kranken, Alten,
Zu trösten sie, zu unterhalten.
Oh nein! Die Wallfahrt bringt das Heil!
‘Marienkindern’ wird zuteil
Ein Platz im Himmel späterhin
Durch Gunst der ‘Himmelskönigin’.


Vernunft wird völlig ausgeblendet


Betrüblich ist: selbst Päpste fallen
Zum Opfer dem und blindlings wallen
Begeistert ‘Gnadenorten’ zu,
Enttarnen Täuschung nicht und Schmu,
Obwohl leicht zu durchschauen ist,
Wie hier mit Schein, mit Trug und List
Zumeist aus kommerziellen Gründen
Betrüger seichtem Volk verkünden,
Dass hier man Gnade tanken könne:
Dem ‘Herz Mariae’ sie entrönne.

 


Maria wird an die Stelle des HErrn gesetzt


Hier wird des HErrn Erlösungstat
Verdunkelt nicht nur: nein Verrat
Geschieht, weil legt man nah:
Das Heil geschieht durch Maria.
Dies Sünde ist, ja Blasphemie:
Verleugnung CHristi, Infamie.” —

 


Wird GOttes Liebe und Güte nicht auch den Marienverehrern gewährt?


“Herr Engel Siona”, sprach ich,
“Sie haben recht hier sicherlich.
Schlimm ist der Wahn; ich kann verstehen
Dass sie das Prinzipielle sehn.
Doch warum kommt nicht GOtt auch nah,
Wer pilgert fromm nach Fàtima?

Man lasse sie doch ruhig wallen!
Viel schlimmer wäre es, sie fallen
In wirrer Lehre tiefen Schlamm,
Sich saugend voll dran wie ein Schwamm.

Dass Pilger stets in Teufels Hand,
Derweil von Gnade sind umspannt,
Die sich aus `reiner Lehre´ nähren,
Doch sonsten sich um gar nichts scheren,
Vermag ich wirklich nicht zu glauben:
Hier müssen Zweifel sie erlauben.

Und: warum darf es denn nicht sein,
Dass GOtt giesst SEine Gnade ein
In Menschen, die voll an Vertrauen
Empor zur Mutter CHristi schauen?

 


Offensichtliche Anmasslichkeit der eine “reine Lehre” verkündigenden Theologen


Bleibt GOttes Willen denn entzogen,
Was IHm verbieten Theologen,
Die ihre Lehre ‘rein’ beschreien,
Des ‘Götzendienstes’ andre zeihen?
Darf GOtt bloss tun, was ihm erlauben,
Vermessene im ‘reinen Glauben’?

Herr Hofrat Jung: ich bitte sie
Zu überdenken, wie gedieh
Auf dem Feld just Unduldsamkeit:
Verbohrte, stolze Bissigkeit,
Die höhnen, schmähen will und zwicken
Im Grunde zwar die Katholiken,
Schlussendlich aber GOtt greift an,
Weil vorschreibt IHm sein Handeln man.

Ob dessen die sind kaum zu rügen.
Die wallen in den Pilgerzügen
Zu irgend einem Wallfahrtsort
Und freun sich ihres Christseins dort.

Zu tadeln vielmehr jene sind,
Die für das Wirken GOttes blind
Bestimmen wollen dreist-verwegen,
Wo ER darf spenden seinen Segen.” –

 


Jung-Stilling und Siona verabschieden sich


“Herr Liebmund: es hat keinen Sinn,
Dass lehre ich euch weiterhin!
Wir drehen stetsfort uns im Kreise:
Ihr denkt hier falsch und aberweise.

Wir haben klärlich doch begründet,
Dass wer auch glaubt, was wird verkündet

Von einer `Botschaft´, die tut da
Angeblich sonstwo Maria,
Vertraun auf GOttes Wort verletzt:
So Hoffnung wird hintangesetzt,
Die SEinem Worte schuldig wir
Als unres Glaubens Frucht und Zier.

Ich bitte, habt Verständnis ihr,
Wenn drum ich löse mich von hier.
Was wir gesprochen, reicht euch da
Gereimt in Jamben Siona.

Gehabt euch wohl und überlegt,
Oh ihr in tiefstem Herzen hegt
Nicht Neigung hin zu jenen Menschen,
Die sich mit ihren Rosenkränzen12
Voll Wunderfitzes machen auf
In abergläubischem Gelauf
Zu `Gnadenorten´ fern und nah,
Wie Lourdes, Einsiedeln, Fàtima.”

Jung-Stilling gab mir seine Hand,
Die ich als drall und warm empfand.
Drauf reichte mir Geist Siona
Sechs Blatt Papier beschrieben da
Mit diesem Text, den hier man liest,
Und niemand hoffentlich verdriesst.

Ich schaute noch den beiden nach.
Sie schritten abwärts allgemach
In Richtung auf die Unterstadt:
Bald sah ich sie nur blass und matt;
Auf einmal lösten sie sich auf,
Entzogen sich dem irdschen Lauf. —

Die Woche drauf gab ich komplett
Den Text dann auch ins Internet,
Damit sich alle Stillings-Treuen
An dieser Botschaft recht erfreuen.

 


Meckerer mögen sich anderen Dingen zuwenden


Ach ja! Es gibt ja allzeit Leute,
Die finden darin ihre Freude,
Berichte aus dem Jenseits immer
Keck auszuzischen als Geflimmer,
Das aus der tiefsten Hölle zuckt:
Der bösen Finsternis Produkt.

Euch bitte ich: lasst das Getu
Und wendet euch den Schriften zu,
Die Hass verbreiten, Hetzerei,
Entzweiung schüren, Zänkerei;
Die giessen Schmutz aus, Unflat, Zoten,
Abnormes, von Natur verboten.

Wenn darob ihr euch nicht empört
Und dies nicht eure Ruhe stört,
Dann ist es wahrlich ungerecht,
Zu machen solche Botschaft schlecht,
Wie hier und dort sie ohne Scheu
Brav vorträgt Liebmund Kirchentreu.

Lasst ab, sie bös zu kritisieren
Als “teuflisch” zu schubladisieren;
Denn solcherart Beschuldigung
Zeigt an der Sinne Niederung.


Anmerkungen, Hinweise und Quellen


* Grafschaft Leisenburg = bei Jung-Stilling das ehemalige Fürstentum Nassau-Siegen (mit der Hauptstadt Siegen); –  durch Erbfolge ab 1743 Teil der Nassau-Oranischen Lande (mit Regierungssitz in Dillenburg, heute Stadt im Bundesland Hessen); –  im Zuge der territorialen Neuordnung Deutschlands durch den Wiener Kongress ab 1815 Bezirk in der preussischen Provinz Westfalen (mit der Provinzhauptstadt Münster); –  nach dem Zweiten Weltkrieg von 1946 an bis heute Gebietsteil im Kreis Siegen-Wittgenstein des Regierungsbezirks Arnsberg im Bundesland Nordrhein-Westfalen in der Bundesrepublik Deutschland (mit der Landeshauptstadt Düsseldorf).

Gut 65 Prozent der Kreisfläche besteht aus Wäldern; Siegen-Wittgenstein steht damit an der Spitze der Bewaldungsdichte in Deutschland. – Grob zwei Drittel der Bewohner sind evangelisch-reformierter Konfession, etwa ein Drittel römisch-katholisch und diese dem Erzbistum Paderborn zugeordnet.

Salen = bei Jung-Stilling die ehemalige fürstliche Residenzstadt Siegen, heute Universitätsstadt mit etwa 110’000 Bewohnern, am Oberlauf der Sieg (dort 240 Meter über dem Meeresspiegel) gelegen. Die Sieg ist ein 155,2 Kilometer langer, rechter Nebenfluss des Rheins. – Die nächst grösseren Städte von Siegen sind, in der Luftlinie gemessen, im Norden Hagen (83 Kilometer), im Südosten Frankfurt am Main (125 Kilometer), im Südwesten Koblenz (105 Kilometer) und im Westen Köln (93 Kilometer).

Siegen nennt sich “Rubens-Stadt”, weil dort der Antwerper Maler Peter Paul Rubens (1577-1640) geboren sein soll. Die Stadt verleiht daher (und an wen gar!) einen “Rubens-Preis” und benannte eine Lehranstalt in “Peter-Paul-Rubens-Gymnasium“ um. Indessen gibt es für die Geburt von Rubens in Siegen keinen einzigen überzeugenden Beweis; und Rubens selbst schreibt in seiner Biographie “née en Anvers”: in Antwerpen geboren. Auf der Meir (beliebte Einkaufsstrasse im Zentrum von Antwerpen, heute Fussgängerbereich) ist sein Geburtshaus mit einer goldenen Tafel vermerkt.

Siehe Karl Friedrich Schenck: Statistik des vormaligen Fürstenthums Siegen. Siegen (Vorländer) 1820, Reprint Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1981 sowie Theodor Kraus: Das Siegerland. Ein Industriegebiet im Rheinischen Schiefergebirge, 2. Aufl. Bad Godesberg (Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung) 1969 (Standardwerk mit vielen Karten, Übersichten und Rückblenden auf den Entwicklungsverlauf; leider auch in der Zweitauflage ohne Register).

Im wirtschaftsgeschichtlich bemerkenswerten Siegerland ist der hochintelligente und vielseitig begabte Jung-Stilling (siehe Anmerkung 1) geboren, herangewachsen und hat auch seine ersten beruflichen Erfahrungen als Köhlergehilfe, Schneider, Knopfmacher, Vermessungs-Assistent, Landarbeiter, Dorfschulmeister und Privatlehrer gesammelt.

1 Hofrat Professor Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817), der Weltweisheit (= Philosophie) und Arzneikunde (= Medizin) Doktor. Dieser wurde in letzte Zeit wiederholt auf Erden gesehen. – Siehe die entsprechenden Erscheinungsberichte aufgezählt bei Gotthold Untermschloss: Vom Handeln im Diesseits und von Wesen im Jenseits. Johann Heinrich Jung-Stilling gibt Antwort. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, S. 97 f., als Download-File bei der Adresse <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling> abrufbar.

Siehe auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte. Vollständige Ausgabe, mit Anmerkungen hrsg. von Gustav Adolf Benrath, 3. Aufl. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 1992. – Die “Lebensgeschichte” erschien in vielen Ausgaben. Jedoch genügt nur die von Gustav Adolf Benrath besorgte Version den Anforderungen sowohl des Lesers (grosser Druck, erklärende Noten, Register) als auch des Wissenschaftlers (bereinigter Original-Text; wichtige Dokumente zur Lebensgeschichte).

In kürzerer Form orientiert über das Leben von Jung-Stilling auch Gerhard Merk: Jung-Stilling. ein Umriss seines Lebens. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1989. Mehr die innere Entwicklung von Jung-Stilling schildert Otto W. Hahn: Selig sind, die das Heimweh haben.” Johann Heinrich Jung-Stilling: Patriarch der Erweckung. Giessen, Basel (Brunnen) 1999 (Geistliche Klassiker, Bd. 4).

Jung-Stilling erhielt als Professor für ökonomische Wissenschaften an der Universität Heidelberg durch Erlass seines Landesherrn, des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern (ihm hatte er auch seine medizinische Doktorarbeit gewidmet und Ende März 1772 persönlich in Mannheim überreicht), datiert vom 31. März 1785, die Ernennung zum “Kurpfälzischen Hofrat”.

Das mit dem Hofrats-Titel verbundene gesellschaftliche Ansehen war zu jener Zeit beträchtlich. Es gewährte dem Träger manche Bevorzugungen, so auch (was Jung-Stilling als reisenden Augenarzt ganz besonders zum Vorteil gereichte) an Posten, Schildwachen, Stadttoren, Übergängen, Fähren, Brücken sowie an den zu jener Zeit auch innerlands überaus reichlichen Schlagbäumen, Post-, Maut- und Grenzstationen.

Der Friedensvertrag von Campo Formio (7 km südwestlich von Udine in Venetien) vom 17. Oktober 1797 zwischen Napoléon und Kaiser Franz II., bestimmte in Artikel 20 den Rhein als die Staatsgrenze zwischen Frankreich und Deutschland. Dies wurde im Frieden von Lunéville (südöstlich von Nanzig [französisch: Nancy] gelegen; ehemalige Residenz der Herzöge von Lothringen) am 9. Februar 1801 bestätigt.

In Artikel 6 des Vertrags heisst es genauer: “S. M. l’Empereur et Roi, tant en Son nom qu’en celui de l’Empire Germanique, consent à ce que la République française possède désormais (= von nun an) en toute souveraineté et propriété, les pays et domaines situés à la rive gauche du Rhin, … le Thalweg du Rhin (= die Schiffahrts-Rinne) soit désormais la limite entre la République française et l’Empire Germanique, savoir (= und zwar) depuis l’endroit (= von der Stelle an) où le Rhin quitte le territoire helvétique, jusqu’à celui où il entre dans le territoire batave.”

Eine ausserordentliche Reichsdeputation, eingesetzt am 7. November 1801, beriet daraufhin in Regensburg (seit 1663 Sitz des Immerwährenden Reichstags) über die Entschädigung an deutsche Fürsten, die ihre (links der neuen Staatsgrenze zu Frankreich gelegene) Gebiete an Frankreich abtreten mussten.

Durch besondere günstige Umstände (später traten noch verwandtschaftliche Beziehungen mit Frankreich hinzu: sein Enkel und Thronfolger Karl [1786/1811–1818] heiratete am 7./8. April 1806 Stéphanie de Beauharnais [1789–1860], die 17jährige Adoptivtochter von Napoléon Bonaparte) vergrösserte Karl Friedrich von Baden (1728/1746–1811) bei dieser Gelegenheit sein Gebiet um mehr das Vierfache; die Bevölkerung stieg von 175’000 auf fast 1 Million Bewohner. Die pfälzische Kurwürde (das Recht, den deutschen Kaiser zu wählen) ging auf ihn über; Karl Friedrich wurde damit 1803 vom Markgrafen zum Kurfürsten erhoben. – Wenig später rückte er durch den Rheinbundvertrag vom 12. Juli 1806 nach Artikel 5 gar zum Grossherzog mit dem Titel “Königliche Hoheit” auf.

Mit dem Übergang der rechtsrheinischen Gebiete der Kurpfalz (so auch der alten Residenz- und Universitätsstadt Heidelberg, der neuen [seit 1720] Residenzstadt Mannheim [mit dem grössten Barockschloss in Deutschland] und der Sommerresidenz Schwetzingen [mit dem kurfürstlichen Lustschloss samt 76 Hektar grossen Schlossgarten, Moschee, Badehaus und Theater]) an das Haus Baden durch den Regensburger Reichsdeputationsschluss vom 25. Februar 1803 wurde gemäss § 59, Abs. 1 (“Unabgekürzter lebenslänglicher Fortgenuss des bisherigen Rangs”) der “kurpfälzische” Hofrat DE JURE PUBLICO nunmehr automatisch zum “badischen” Hofrat.

Im April des Jahres 1808 wird Jung-Stilling dann als Berater des Grossherzogs Karl Friedrich in Karlsruhe (“ohne mein Suchen”, wie er selbst hervorhebt) zum “Geheimen Hofrat in Geistlichen Sachen” ernannt; siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und hrsg. von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen Verlag) 2002, S. 404 (Anm. 10).

Beim Eintritt von Jung-Stilling in den Himmel kommt ihm Karl Friedrich von Baden freudig entgegen und heisst ihn in der Seligkeit als Bruder herzlich willkommen.

Siehe hierzu und überhaupt zum Übergang von Jung-Stilling in das Jenseits des näheren (unbekannte Verfasserin): Sieg des Getreuen. Eine Blüthe hingeweht auf das ferne Grab meines unvergesslichen väterlichen Freundes Jung=Stilling. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1820, S. 27.

Jung-Stilling stand nach seinem, aus eigener Initiative gewählten Abschied von der Universität Marburg ab 1803 im Dienst des Hauses Baden. – Siehe hierzu Gerhard Schwinge: Jung-Stilling am Hofe Karl Friedrichs in Karlsruhe, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins, Bd. 135 (1987), S. 183 ff., Gerhard Schwinge: Jung-Stilling als Erbauungsschriftsteller der Erweckung. Eine literatur- und frömmigkeitsgeschichtliche Untersuchung seiner periodischen Schriften 1795-1816 und ihres Umfelds. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 1994, S. 219 ff. (Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, Bd. 32) sowie zum Verhältnis zwischen Jung-Stilling und Karl Friedrich von Baden auch Max Gei-ger: Aufklärung und Erweckung. Beiträge zur Erforschung Johann Heinrich Jung-Stillings und der Erweckungstheologie. Zürich (EVZ-Verlag) 1963, S. 237 ff. (Basler Studien zur Historischen und Systematischen Theologie, Bd. 1).

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Karl Friedrich (1728/1746-1811) galt in Karlsruhe gleichsam als Übermensch. Nachdem gelegentlich eines Trauergottesdienstes am 1. Juli 1811 der hochgelehrte katholische Stadtpfarrer und (seit 1805) Grossherzoglich Badische Geistliche Rat Dr. Thaddäus Anton Dereser (1757–1827) nicht in den übertriebenen Lobgesang für den Verstorbenen einstimmen wollte, sondern am Rande einer Predigt die teilweise rohe und schamlose Ausplünderung der katholischen Einrichtungen unter seiner Herrschaft beiläufig ansprach, musste er Karlsruhe unverzüglich verlassen.

Siehe zur Person von Dereser die Broschüre von Joseph Gass: Der Exeget Dereser. Eine geschichtliche Studie. Strassburg (Le Roux) 1915 (mit einem Portrait von Dereser), Franz Xaver Münch: Der äußere Lebensgang des Aufklärungstheologen Thaddäus Anton Dereser. Bonn (Dissertation der Katholisch-Theologischen Fakultät) 1929 (auszugsweise im Druck erschienen) sowie Karl-Friedrich Kemper: Artikel “Dereser, Thaddaeus a Sancto Adama”, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Bd. 32 (2003), Spalte 222-229.

Siehe zu den unterdrückenden obrigkeitlichen Massnahmen gegen die katholische Kirche unter der Regierungsgewalt der badischen Grossherzöge näherhin (Franz Joseph Mone [1796-1871]): Die katholischen Zustände in Baden, 2 Bde. Mit urkundlichen Beilagen. Regensburg (Manz) 1841/1843 sowie Carl Bader: Die katholische Kirche im Großherzogthum Baden. Freiburg (Herder) 1860.

Ziemlich einseitig und unsachlich zur Predigt von Dereser auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und hrsg. von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen) 2002, S. 485.

Als Beispiel der bei Hofe zu Karlsruhe genehmen Trauerreden katholischer Geistlicher seien erwähnt –  Bernhard Boll: Trauerrede bey der kirchlichen Todten-Feyer seiner königlichen Hoheit Karl Friedrichs, Großherzogs zu Baden, Herzogs zu Zähringen, gehalten in der Haupt- und Münsterpfarrkirche zu Freyburg den 1. July 1811. Freiburg (Wagner) 1811 (der Zisterzienser und Münsterpfarrer zu Freiburg Bernhard Boll (1756-1836) wurde 1827 erster Erzbischof von Freiburg);

 [Gerhard Anton Holdermann]: Beschreibung der am 30ten Juny und 1ten July 1811 zu Rastatt Statt gehabten Trauer-Feyerlichkeit nach dem Hintritte unsers (so!) höchstseligen Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Rastatt (Sprinzing) 1811. Holdermann (1772–1843) war Pfarrer zunächst in Heidelberg und bis 1829 in Rastatt.

Als elektronische Ressource im Rahmen der “Freiburger historischen Bestände–digitalisiert” ist einsehbar –  die in lateinischer Sprache vorgetragene, an Lobpreisungen überladen-theatralische Rede von Johann Kaspar Adam Ruef (1748-1825): JUSTA FUNEBRIA SERENISSIMO DUM VIVERET AC CELSISSIMO PRINCIPI DIVO CAROLO FRIDERICO MAGNO DUCI BADARUM … DIE 22 JULII 1811 IN TEMPLO ACADEMICO PIISSIMA ET GRATISSIMA MENTE PERSOLVENDA INDICIT JOANNES CASPARUS RUEF. Freiburg (Herder) 1811. – Ruef war Professor des katholischen Kirchenrechts an der Universität Freiburg, Oberbibliothekar und (wie Jung-Stilling seit 1806) Grossherzoglich Badischer Geheimer Hofrat.

Gleichsam als Heiligen sehen den Verstorbenen –  Aloys Wilhelm Schreiber: Lebensbeschreibung Karl Friedrichs Großherzog von Baden, 1728–1811. Heidelberg (Engelmann) 1811 (Schreiber [1761–1841]) war seit 1805 Professor für Ästhetik in Heidelberg und ab 1813 bis zu seiner Pensionierung Hofgeschichtsschreiber in Karlsruhe)

Vgl. auch –  Gedächtnißreden bey dem Tode Sr. K. Hoheit des Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Gehalten von den Pfarrern der drey christlichen Confessionen zu Mannheim. Mannheim (Schwan) 1811 (Brochure), in der sich der reformierte, lutherische und katholische Geistliche an Lob auf den verstorbenen Karl Friedrich offenkundig überbieten.

Geradezu bescheiden wirken demgegenüber andere Predigten, wie etwa –  [Christian Emanuel Hauber]: Kurze Abschilderung Sr. Königlichen Hoheit Carl Friedrichs Grosherzogs (so!) von Baden. Karlsruhe (Macklot) 1811 (Brochure); –  Theodor Friedrich Volz: Gedächtnißpredigt auf den Höchstseeligen Großherzog von Baden Karl Friedrich, gehalten den 30. Junius 1811 in der Stadtkirche zu Karlsruhe. Karlsruhe (Müller) 1811 (Brochure). Volz [1759-1813]), in Jena 1778 bereits promoviert, bemüht sich erkennbar um die im Rahmen des Anlasses mögliche Sachlichkeit.

Aufgebläht, schwulstig und völlig kritiklos sind auch viele der zahlreichen Zentariums-Reden auf Karl Friedrich von Baden, wie –  Karl Joseph Beck: Rede bei der akademischen Feier des hundertsten Geburtsfestes des Hochseligen Großherzogs Karl Friedrich zu Baden … Gehalten von dem derzeitigen Prorector der Albert-Ludwigs-Hochschule. Freiburg im Breisgau (Wagner) 1828. Karl Joseph Beck (1794-1838) war Mediziner und Stifter des “Corps Rhenania” in Freiburg.

Überspannt auch –  Friedrich Junker: Lobrede auf Carl Friedrich, ersten Großherzog von Baden. bei der Säcularfeier der Geburt des unvergleichlichen Fürsten den 22. November 1828 gesprochen in Mannheim / Mannheim (Schwan & Götz) 1829 (Brochure); Junker hatte sich als Interpret des Philosophen Epiktet sowie als Schriftausleger einen Namen gemacht.

Geradezu als Heiligen stellt den badischen Herrscher dar –  Karl Wilhelm Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn: Gemälde über Karl Friedrich den Markgrafen, Kurfürsten und Großherzog von Baden. Ein Beitrag zur Säkular-Feier der Geburt des unvergeßlichen Fürsten Mannheim (Schwan und Götz) 1828 (Drais [1761–1851] ist der Erfinder des Fahrrads (Laufrads, “Draisine”); sein Vater war badischer Oberhofrichter und Karl Friedrich sein Taufpate).

Weithin unkritisch gegenüber den augenfälligen Schattenseiten der Regierung von Karl Friedrich neuerdings auch Annette Borchardt-Wenzel: Karl Friedrich von Baden. Mensch und Legende. Gernsbach (Katz) 2006. Ebenso wird die Gewalt gegen katholische Mitbürger und das dadurch verursachte Leid ausgeblendet bei Gerald Maria Landgraf: Moderate et prudenter. Studien zur aufgeklärten Reformpolitik Karl Friedrichs von Baden (1728–1811). Regensburg 2008 (Dissertation, als Online-Ressource frei downloadbar).

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2 Schutzengel von Johann Heinrich Jung-Stilling. Er zeigte sich diesem zu dessen irdischer Zeit, nahm ihn von dort ins Jenseits mit und schrieb auch für ihn. – Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich, 7. Aufl. Bietigheim (Rohm) 1999, S. 220 ff. (S. 279: “Siona hat mir Lavaters Verklärung in die Feder diktiert”).

Der Name Siona bedeutet letztlich “die Himmlische”; siehe die genauere, weitläufige Erklärung dieses Namens bei Philipp Paul Merz: ONOMASTICON BIBLICUM SEU INDEX AC DICTIONARIUM HISTORICO–ETYMOLOCIUM, Bd. 2. Augsburg (Veith) 1738, S. 1161 ff. sowie bei Petrus Ravanellus: BIBLIOTHECA SACRA SEU THESAURUS SCRIPTURAE CANONICAE AMPLISSIMUS, Bd. 2. Genf (Chouët) 1650, S. 627 (hier auch einige seltenere übertragene Bedeutungen wie etwa “ORNAMENTUM TRACTUS” oder “GAUDIUM TOTIUS TERRAE” und “LOCUS PERFECTISSIMAE PULCHRITUDINIS”). Beide bis heute kaum übertroffene Werke erfuhren viele Nachdrucke und Übersetzungen in viele Sprachen.

Jung-Stilling fasst den Engel als weiblich auf. Er spricht Siona an als –  “unaussprechlich erhabene Tochter der Ewigkeit” (Szenen aus dem Geisterreich, S. 219), –  “göttliche Freundin” (ebenda, S. 223), dankt der –  “erhabenen Dolmetscherin” (ebenda, S. 241), die ihm –  oft ungesehen als Engel immer liebvoll zur Seite ist” (Johann Heinrich Jung-Stilling: Chrysäon oder das goldene Zeitalter in vier Gesängen. Nürnberg [Raw’sche Buchhandlung] 1818, 1. Gesang, Versabschnitt 3), –  den Gedankengang leitet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 282), aber

 auch vom Jenseits berichtet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 308) und –  Jung-Stilling (der im Chrysäon Selmar heisst) auf einer “Himmels-Leiter” zum Sehen führt (Chrysäon, Prolog, Versabschnitt 2; siehe auch Versabschnitt 8) sowie –  zu seiner verstorbenen Tochter Elisabeth (Lisette, 1786–1802) und zu deren Mutter (Jung-Stillings zweiter Ehefrau Selma von St. George, 1760–1790) geleitet (Chrysäon, 4. Gesang, Versabschnitt 2 ff.), –  ihn aber auch von himmlischen Höhen “in müdes Weltgewühle” zurückbringt (Chrysäon, 3. Gesang, Versabschnitt 87).

Siehe zum Verständnis der Engel im religiösen Denken von Jung-Stilling auch Jung-Stilling-Lexikon Religion. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1988, S. XX f., S. 30 ff. — Vgl. zum Grundsätzlichen auch Paola Giovetti: Engel, die unsichtbaren Helfer der Menschen, 8. Aufl. Kreuzlingen, München (Hugendubel) 2003 sowie die Dateien bei der Adresse <http://www.himmelsboten.de>

3 Im Anschluss an Isaias 11, 2 f. unterscheidet man –  sieben Gaben des HEligen GEistes (Weisheit, Verstand, Rat, Stärke, Wissenschaft, Frömmigkeit und Gottesfurcht). –  Zwölf Früchte des HEiligen GEistes (= Akte, die aus Tugend und Gaben entspringen) zählt Paulus im Galaterbrief 5, 22 f. auf (Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Langmut, Sanftmut, Treue, Mässigkeit, Enthaltsamkeit, Keuschheit).

4 Baal = ursprünglich babylonischer Gott (Baal [babylonisch: Beel] = Herr), in vielfältigen Erscheinungsformen geglaubt und verehrt. Bei den Israeliten ging sein Kult teilweise in die Jahweverehrung ein, wogegen die Propheten wiederholt auftraten. – Siehe hierzu ausführlich Franz Carl Movers: Untersuchungen über die Religion und die Gottheiten der Phönizier, mit Rücksicht auf die verwandten Culte der Carthager, Syrer, Babylonier, Assyrer, der Hebräer und der Ägypter. Bonn (Weber) 1841.

5 Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 1), S. 364 f.

6 Siehe Lukas 1, 26 ff.

7 Venus = weibliche Gottheit der Römer, der griechischen Göttin Aphrodite entsprechend. – Der Marienkult scheint in vielfacher Weise eine umgedeutete Fortdauer der Venusverehrung zu sein. Siehe hierzu aus der älteren Literatur Karl Benrath: Zur Geschichte der Marienverehrung. Gotha (Perthes) 1885 sowie aus neuerer Zeit übersichtlich gegliedert Joseph Imbach: Marienverehrung zwischen Glaube und Aberglaube. Düsseldorf (Patmos) 2008.

Siehe auch Gerhard Merk (Hrsg.): Jung-Stilling-Lexikon Religion (Anm. 2), S. 104 und die Warnung vor dem Marienkult in Offb 2, 20 ff.

8 Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich (Anm. 2), S. 281 ff.

9 Moloch = semitische Gottheit, dem kanaanitischen Baal entsprechend, dem Menschenopfer (besonders Kinder) dargebracht wurden. – Der Molochdienst war den Israeliten streng verboten, gleichwohl hielt er sich unterschwellig fort; siehe Anmerkung 4.

10 Lourdes = kleine Stadt im Süden Frankreichs am Nordfuss der Pyrenäen. Hier soll 1858 Maria erschienen sein; seither vielbesuchter Wallfahrtsort. – Siehe Walter von Loewenich: Der modernen Katholizismus. Erscheinungen und Probleme. Witten (Luther-Verlag) 1955, S. 230 f. sowie Martin Landmann: Ahnungen, Visionen und Geistererscheinungen nach Jung-Stilling. Eine ausdeutende Untersuchung. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995; als Download-File kostenlos unter der Adresse <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling> abrufbar. – Hier werden die Marien-Erscheinungen von Lourdes und Fatima anhand eines aufgestellten Kriterien-Katalogs nicht ganz ungünstig beurteilt.

Siehe zu Lourdes vertiefend auch Irmengard Jehle: Der Mensch unterwegs zu Gott. Die Wallfahrt als religiöses Bedürfnis des Menschen aufgezeigt an der Marienwallfahrt nach Lourdes. Würzburg (Echter) 2002 (Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge, Bd. 52) sowie Patrick Dondelinger: Die Visionen der Bernadette Soubirous und der Beginn der Wunderheilungen in Lourdes. Regensburg (Pustet) 2003, Andreas Resch: Die Wunder von Lourdes. 67 anerkannte Heilungen. Innsbruck (Resch) 2009 (Reihe R. Institut für Grenzgebiete der Wissenschaft, № 5) sowie Bernhard Schneider (Hrsg.): Maria und Lourdes. Wunder und Marienerscheinungen in theologischer und kulturwissenschaftlicher Perspektive. Münster (Aschendorff) 2008.

Klassiker zu Lourdes und Scheinwerfer auf die dunklen Seiten ist bei heute geblieben Emile Zola (1840-1902): Lourdes. In deutscher Sprache mehrmals erschienen; so übersetzt und mit Nachwort versehen von Erich Marx Leipzig (Sammlung Dietrich) 1991).

Historisch sehr weit ausholend zu Marien-Erscheinungen überhaupt auch Monika Hauf: Marienerscheinungen. Hintergründe eines Phänomens. Düsseldorf (Patmos) 2006 (mit ausführlichem Literaturverzeichnis S, 245 ff.), mehr psychologisch ausgerichtet Ivan Zeljko: Marienerscheinungen. Schein und Sein aus theologischer und psychologischer Sicht dargestellt am Beispiel der Privatoffenbarungen in Medjugorje. Hamburg (Kovač) 2004 (Theos: Studienreihe theologischer Forschungsergebnisse, Bd. 62) und theologisch bedeutsam Winfried Zentgraf: Geheimnisse aktueller Marienerscheinungen. Von Obsession und Antichrist. Aadorf (Benedetto-Verlag) 2009 sowie auch Elvira Maria Slade: Maria, Die unbekannten Seiten der “Mutter Gottes”. Wuppertal (Verlag für Reformatorische Erneuerung) 2003.

Parteiisch scheint wohl Othon Berkes: Der Satan manifestiert im traditionellen Maria-Phantom, bestätigt den Georg-Christus von Montfavet. Täuschung der Wirklichkeit in La Salette, Lourdes, Fatima, Fehrbach, Avignon und Montfavet. Aufklärung über die marianischen Erscheinungen. Strassbourg (Berkes) 1954.

11 Fàtima = Ortschaft in Portugal zwischen Lissabon und Coimbra. Hier soll 1917 Maria erschienen sein. – Siehe Walter von Loewenich: Der moderne Katholizismus (Anm. 10), S. 257 ff. sowie (aus der zahlreichen Literatur) Hellmuth Hoffmann: Die Wahrheit über die Botschaft von Fatima, 4. Aufl. Bietigheim (Rohm) 1995, Michael Hesemann: Das Fatima-Geheimnis. Marienerscheinungen, der Papst und die Zukunft der Menschheit. Augsburg (Weltbild) 2003 sowie Josef Hanauer: Fatima. “Erscheinungen” und “Botschaften”. Bad Honnef (Bock & Herchen) 1979.

12 Rosenkranz: eine geschlossene Schnur mit aufgereihten Kugeln oder Perlen von zweierlei Farbe und Grösse, wonach eine bestimmte Anzahl von Vaterunsern und Avemarias gebetet wird. Die gesamte Andachtsübung selbst nennt man dann auch Rosenkranz.

Der Ursprung der Gebetsschnur liegt wohl im Nahen Osten. Mohamed behielt ihren Gebrauch unter dem Namen “Tesbih” als Landessitte bei, die sich übrigens auch bei Kalmücken, Mongolen, Brahmanen und Buddhisten findet.

Weil nachweislich das “Ave Maria” (“Gegrüsset seist du Maria”) erst in der zweiten Hälfte des 11. Jhts als Gebetsformel auftritt und erst gegen das 13. Jht wirklich in Übung kam, so ist auch der Rosenkranz kaum älter. Durch den Dominikaner-Orden wurde das Rosenkranzbeten über die ganze abendländische Kirche verbreitet. – Siehe Jakob Hubert Schütz: Die Geschichte des Rosenkranzes unter Berücksichtigung der Rosenkranz-Geheimnisse und der Marien-Litaneien dargestellt. Paderborn (Junfermann) 1909.

What greater calamity can fall upon a nation than the lack of
engaged clergymen and clergywomen!

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