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Prof. Dr. Gerhard Merk, Dipl.rer.pol., Dipl.rer.oec.

Abhandlungen über Johann Heinrich Jung-Stilling

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Nachtodliche Belehrungen zu verschiedenen Themen

 

Überraschendes Zusammentreffen in Winterthur


Bericht über ein erstaunliches Erlebnis im dortigen Stadtzentrum

Andurch zu männiglicher zweckmässiger Belehrung, erspriesslicher
Beförderung, nützlicher Aufklärung nebstdem zur Mehrung linder
Befrohlockung unter Anwünschung allerseitigen wohlgedeihlichen
Erwirkens in Vers und Reim offenkundig und bekannt gemacht,
mitan alle Leser gÖttlicher Verwahrung und englischen Schutzes
allerbestens empfehlend

von

Achtnicht Aufdenhohn
zu Lichthausen, Grafschaft Leisenburg*

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Markus-Gilde, Siegen

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info@jung-stilling-gesellschaft.de


Überraschendes Zusammentreffen in Winterthur

Wanderung flussaufwärts der Töss

Mein Wanderpartner war mir bös,
Da ich wollt aufwärts von der Töss1
Durchs Eulach-Tal2 nach Winterthur3:
Hier sei kein Fleckchen mehr Natur,
Bloss Strassen, Bauten und Fabriken;
Man könne dort sich nicht erquicken.
Drum schritt allein die Strecke ich,
Die keineswegs so schauerlich.4

Auch bin ich immer gern geschlendert
Durch einen Landstrich, den verändert
Verkehrsbauten und Industrie:
Oft zeigt sich hier viel Harmonie!
Dass die sei bloss in der Natur,
Schien stets ein Vorurteil mir nur,
Das Dichter, Schwärmer im Verein
Tief prägten in die Köpfe ein,
Und Schnulzen-Sänger trällern dumm
Im Dudel-Radio herum.5

Zurück nach Winterthur kam ich
Lang eh der Tagesschein verstrich.
Es war ein holder Sommertag,
Ein Lufthauch in der Landschaft lag.
Ich war vom Wandern leicht bloss müde
Und lebensmunter im Gemüte.


Seltsam gekleideter er Herr tritt auf mich zu


Als ging ich in der Innerstadt,
Wo autofreien Weg es hat,
Kam nahe jetzt dem Stadtkern schon,
Rief jemand: “Achtnicht Aufdenhohn!
Sind sie zurück von ihrer Tour?
Willkommen hier in Winterthur.“

Ich blickte hin und sah alsdann,
Wie rasch sich nähert mir ein Mann,
Den ich zwar recht sympathisch fand,
Wiewohl er mir war unbekannt;
Doch der mir auffiel allsogleich,
Weil er sich abhob überreich
Von dem, was derzeit allemal
Als modisch gilt: als heut normal.

Ein enger Mantel, dunkelblau,
Mit Pelzbesatz aus mattem Grau
Ihn bis zum Knie hin bloss bedeckt.
Die beiden Beine sind gesteckt
In Stiefel aus gelacktem Leder,
Geschnürt bis obenhin ein jeder
Mit ziegel-rotem, flachem Band:
Die Öhren silbrig, dick am Rand.
Nach oben läuft der Stiefelschaft
In Stulpen aus, gefranst mit Taft
Der kirschrot und so eng verwandt
Mit jenem Rot, das zeigt das Band.

Der Mantel so geschnitten ist,
Dass er breit offen sich bemisst
Zur Brust hin, doch bleibt hoch am Kragen.
Plissierter Taft in vier, fünf Lagen
Zeigt vorn sich kunstvoll, fein genäht:
Geschick für Kreuzstich so verrät.

Den Stock in seiner rechten Hand –
Aus Eiche wohl, dem eingebrannt
Geschmackvoll Muster zur Verzierung
Geschützt durch glasige Lackierung –
Der Herr beim Vorwärtsschreiten schwingt.
In seine Gangart dieses bringt
Bewegung, Schub, Behendigkeit,
Die offenbar im Widerstreit
Zu seiner sonstigen Gestalt,
Die förmlich wirkte: fast schon kalt.

Links hielt er eine Leder-Mappe,
Mit einer alten Ösen-Klappe,
Wie solche einst, zu Olims Tagen,
In Mode bei den Ärzten waren.

Mir schien es seltsam, sonderbar,
Wie er sich zeigte allen dar:
Gekleidet wie zu jener Zeit,
Die gut zweihundert Jahre weit.


Oberamtmann Doktor Steiner trägt einen Wunsch vor


Der Herr stand nunmehr vor mir dicht;
Ich sah jetzt deutlich sein Gesicht
Das blinkte auf in hellem Schein,
Als ob die Sonne fiel hinein.
“Gestatten sie mir: Amtmann Steiner!
Erinnern sie sich wohl noch meiner?6
Er reichte freundlich mir die Hand,
Die ich als warm und drall empfand.
Verbindlich sah er mich nun an
Und kam mit einem Wunsch sodann.

“Herr Hofrat Jung7 gab Auftrag mir,
Dass suche ich sie heute hier,
Um sie zu bringen nahebei
Zum Wohnhaus der Frau Wittib Frey8,
Die bittet, dass zu Tee und Kuchen
Sie kommen nachher sie besuchen.” –

“Herr Doktor Steiner”, sprach ich drauf,
“Recht matt ich bin, seit acht ich lauf.
Ich müsste ruhn erst, mich neu kleiden.
Drum wollten sie Frau Frey bescheiden,
Dass heute es mir gar nicht passt?
Doch bin ich demnächst gern ihr Gast.”

Ich sagte dies, weil fiel mir ein,
Dass Steiner ja ein Geist muss sein;
Auch Wittib Frey ist längst schon tot.
Ich wähnte, dass mir Unheil droht,
Wenn ich zu Geistern mich geselle,
Mich unter ihre Wirkkraft stelle.
Bloss wenn der Engel Siona9
Aufs Neue zeigte sich mir da
In Winterthur an diesem Tag,
Dann wäre ich nicht bang und zag.


Doktor Steiner entschwindet, GOtt preisend


Enttäuscht sprach Doktor Steiner: “Schade;
Frau Frey lud ein für heut sie grade.
Ich weiss nicht, ob in nächster Zeit
Ist dazu noch Gelegenheit.

Doch wie sie wollen! GOtt sei Lob,
Der uns so gnadenreich erhob.
Zu SIch ruft ER die Menschen alle,
Erlöst sie von dem Sündenfalle.
Es sollten darob glücklich sein
Die Leute: danken IHm allein,
Vorab in unsrem Schweizerland,
Der Lust, dem Tand heut zugewandt.”

In Vollgestalt und mir ganz nah
Steht Doktor Steiner jetzt noch da.
Auf einmal löst er sich nun auf:
Setzt ab sich aus dem Erdenlauf.
Sein Körper scheint rasch zu zerfliessen:
In Strahlen bunt sich zu ergiessen,
Die gleissend funkeln, schillern, flimmern
Um dann allmählich zu verschimmern.

Die Stelle, wo er stand bisher,
Erwies sich frei jetzt: blank und leer.
Zuvor fiel zuckend mehrmals ein
Auf diesen Ort noch bleicher Schein,
Wie er sich zeigt, wenn voller Mond
Nachts über glattem Wasser thront.

Es schritten viele nah vorbei:
Doch Echo gab es keinerlei
Auf das, was eben hier geschah:
Man augenscheinlich gar nichts sah.

Das ist nicht neu! In diese Welt
Sind Geisteswesen so gestellt,
Dass dem sie sichtbar, spürbar nur,
Der dafür auch Talent erfuhr:
Begabung, Gnade, das zu sehen,
Was viele nicht einmal verstehen,
Die darob häufig unwirsch sind:
Den Talentierten bös gesinnt.


Überraschung im Gasthof


Als ich betrat dann mein Hotel,
Kam zu auf mich die Koch-Mamsell.
Sie übergab mir eine Torte:
Ein Bote brachte sie zur Pforte
In einem Karton silbergrau,
Geschmückt mit Bändel himmelblau.
Er sagte, ein Geschenk dies sei
Für mich von der Frau Wittib Frey.

Ich nahm den Karton auf mein Zimmer.
Weil Süsses schmeckte mir schon immer,
Schnitt an die Torte ich und ass:
Mit Dank an GOtt ich froh genas
Ein Stück: es schmeckte fabelhaft!
Ich spürte klar die Meisterschaft
Der Backkunst, die behielt wohl bei
Im Jenseits noch die Wittib Frey.


Torte wird entzogen


Darauf verleibte ich mir ein
Ein zweites Stück gleich hinterdrein.
Es mundete so wundervoll,
Dass meine Esslust überquoll.
Ich hielt mich darum nicht zurück
Und schnitt mir noch ein drittes Stück.

Just hielt ich dieses in der Hand,
Als augenblicklich es verschwand!
Ich sah zum Karton: er war weg,
Kein Krümel mehr von dem Gebäck!

Zunächst war ich bestürzt, erschreckt;
Doch sah ich ein, dass hier direkt
Vom Jenseits mir man Halt gebot,
Weil Dyspepsie10 mir sicher droht,
Wenn mampfe ich zu viel der Torte:
Verschlinge Backwerk im Akkorde.
Drum dankte ich den Himmelsmächten,
Dass zur Vernunft sie so mich brächten.


Niederschrift des Erlebten und Lästergespei


Tagsdrauf verliess ich Winterthur
Und mit der Bahn nach Hause fuhr.
Im Zug schrieb ich das Erste nieder
Von dem, was findet man hier wieder.
Ich fasste später dann daheim
Das Ganze schön in Vers und Reim.

Natürlich weiss ich, dass erneut
Schon wieder welche ungescheut
Verwünschen diese Reimerei:
Bezeichnen sie als Narretei:

Als Machwerk, Schwindel, Schmarren, Lug,
Geschwätz, Geflunker, Bluff und Trug:
Ein Zeugnis von Besessenheit,
Verhexung und Verlogenheit:
Abscheuliche Provokation:
Der Hölle Manifestation.

Ihr Lieben! Niemand zwingt euch ja
Zu lesen, was geboten da
Hier im Bericht von Winterthur:
Was dort mir jüngsthin widerfuhr

Geht: schaltet ihr das Fernsehn ein.
Dort könnt bestimmt ihr sicher sein,
Dass nur an eure Ohren dringt,
Was Gier entfacht und Spass euch bringt:

Das inhaltesleere Potpourri
Aus Jux, Klamauk, Pornographie,
Allotria und Kabbelei,
Aus Schabernack und Läppelei,
Gewitzel und Verdächtigung,
Entstellung samt Vereinfachung,
Verleugnung auch von Schuld und Leid:
Beharrlich, mit Verbissenheit.

So wird euch keine Einsicht teil,
Die wesentlich für euer Heil.
Ich hoffe, ihr seht das bald ein
Und flieht dem flimmerigen Schein.

Erwartet hat nie Dankeslohn
Noch Beifall Achtnicht Aufdenhohn,
Der froh in Leisenburg lebt draussen:
Gen Norden hin, im Dorf Lichthausen.


Erläuterungen, Anmerkungen und Quellen


* Grafschaft Leisenburg = bei Jung-Stilling das ehemalige Fürstentum Nassau-Siegen (mit der Hauptstadt Siegen); —  nach dem Aussterben der Siegener Fürstenlinien durch Erbfolge von 1743 an durch Erbgang Teil der Nassau-Oranischen Lande (mit Regierungssitz in Dillenburg, heute Stadt im Nordwesten des Bundeslandes Hessen); —  im Zuge der territorialen Neuordnung Deutschlands durch den Wiener Kongress ab 1815 Bezirk in der preussischen Provinz Westfalen (mit der Provinzhauptstadt Münster); —  nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute Bestandteil des Kreises Siegen-Wittgenstein im Regierungsbezirk Arnsberg des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen in der Bundesrepublik Deutschland (mit der Landeshauptstadt Düsseldorf). Über 70 Prozent der Kreisfläche sind Wälder; Siegen-Wittgenstein steht damit an der Spitze der Bewaldungsdichte in ganz Deutschland. – Salen = bei Jung-Stilling die ehemalige fürstliche Residenzstadt Siegen; heute Universitätsstadt mit etwa 110’000 Bewohnern.

Siehe Karl Friedrich Schenck: Statistik des vormaligen Fürstenthums Siegen. Siegen (Vorländer) 1820, Reprint Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1981 sowie Theodor Kraus: Das Siegerland. Ein Industriegebiet im Rheinischen Schiefergebirge, 2. Aufl. Bad Godesberg (Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung) 1969 (Standardwerk mit vielen Karten, Übersichten und Rückblenden auf den Entwicklungsverlauf; leider auch in der Zweitauflage ohne Register).

Lichthausen = bei Jung-Stilling die ehemalige selbständige, durch den Bergbau geprägte Gemeinde Littfeld im vormaligen Fürstentum Nassau-Siegen; seit 1969 Teil der Stadt Kreuztal im Kreis Siegen-Wittgenstein. – Aus Littfeld kam die Mutter Johanna Dorothea Fischer (1717-1742) von Jung-Stilling; dort wirkte auch sein Patenonkel Johann Heinrich Jung (1711-1786) als (Ober)Bergmeister. – Siehe Näheres bei Karl Friedrich Schenck: Statistik des vormaligen Fürstenthums Siegen. Siegen (Vorländer) 1820, Reprint Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1981 und zum Patenonkel Gerhard Merk: Oberbergmeister Johann Heinrich Jung (1711-1786). Ein Lebensbild. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1989 (mit Abbildungen, Literaturverzeichnis und Register).

Im wirtschaftsgeschichtlich in vieler Hinsicht bemerkenswerten Siegerland ist der hochintelligente und äusserst vielseitig begabte Jung-Stilling (siehe Anmerkung 7) geboren, herangewachsen und dort hat auch seine ersten beruflichen Erfahrungen als Köhlergehilfe, Schneider, Knopfmacher, Vermessungs-Assistent, Landarbeiter, Dorfschulmeister und Privatlehrer gesammelt.

1 Töss (die) = Nebenfluss des Rheins (lateinisch: TOSA). Sie entspringt am Töss-Stock (1156 m hoch) der Sankt-Galler Alpen, durchfliesst das industriereiche Töss-Tal und mündet nach 57 km oberhalb Eglisau.

2 Eulach (der) = Bach (lateinisch: EULACUS), der Winterthur durchfliesst und bei Wülfingen in die Töss mündet. Winterthur wird manchmal als “Eulachstadt” bezeichnet.

3 Winterthur = schweizerische Industriestadt, etwa 20 km nordöstlich von Zürich (als römische Ansiedlung den Namen VITUDRUM bzw. VITODURUM führend). – Siehe Hans U. Rentsch: Winterthur. Das Bild einer Stadt. Winterthur (Gemsberg) 1977 sowie zur Innerstadt im besonderen Karl Keller: Altstadt Winterthur, 2. Aufl. Bern (Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte) 1989 (Schweizerische Kunstführer, Serie 16. № 156).

4 Siehe hierzu auch Otto Schoch: Auf Wanderwegen rund um Winterthur. Zürich (Orell Füssli) 1973 (Hrsg.: Zürcherische Arbeitsgemeinschaft für Wanderwege):

5 Der französische Schriftsteller Jean Jacques Rousseau (1712–1778) stellte seinem 1762 erschienenen Erziehungsroman “Emile” den für die Naturschwärmerei kennzeichnenden Satz als Motto voran: “Tout est bien sortant des mains de l’Auteur des choses, tout dégénère entre les mains de l’homme” (“Alles ist gut, was aus der Hand des Schöpfers der Dinge hervorgeht; alles verdirbt unter der Hand des Menschen”).

Die Lehre von der ursprünglichen, nur durch den Menschen verdorbenen Güte der Welt (Leugnung der Erbsünde!) bestimmt auch noch heute das Denken vieler Zeitgenossen. Daraus fliesst eine der Technik und Wirtschaft gegenüber feindselige Grundstimmung.

6 Dr.med. Karl Emmanuel Steiner (1771–1846), ein Freund von Johann Heinrich Jung-Stilling. Er studierte in Jena Medizin, promovierte dort 1792 (mit der Arbeit: “DISSERTATIO INAUGURALIS MEDICA DE MORBIS SECUNDARIIS”), war von 1819 bis 1831 Oberamtmann zu Winterthur und machte sich in zahlreichen Positionen vor allen durch die Organisation des Gesundheitswesens in seiner Heimat verdient. – Siehe Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Bd. 6. Neuenburg (Hist.-Biogr. Lexikon-Verlag) 1931, S. 535.

7 Herr Hofrat Jung = Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817). Siehe zu dessen Aufenthalten in Winterthur Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte. Vollständige Ausgabe, mit Anmerkungen hrsg. von Gustav Adolf Benrath, 3. Aufl. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 1992, S. 535 sowie Max Geiger: Aufklärung und Erweckung. Beiträge zur Erforschung Johann Heinrich Jung-Stillings und der Erweckungstheologie. Zürich (EVZ-Verlag) 1963, S. 115, 121 (Basler Studien zur Historischen und Systematischen Theologie, Bd. 1).

8 Wittib Frey = die Geschäftsfrau Anna Margaretha Frey-Biedemann (1734–1814), die zusammen mit ihren beiden verheirateten Söhnen im Zentrum von Winterthur eine Handlung betrieb. Jung-Stilling heilte 1801 die Witwe Frey durch Operation vom Grauen Star, worauf diese ihm eine grössere Schenkung (1500 Taler) machte. Dieses Geld setze Jung-Stilling in die Lage, seine Schulden zu begleichen. – Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 7), S. 544, S. 592 sowie Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgew. und hrsg. von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen) 2002, S. 279 und zur Familie Frey in Winterthur das Historisch-Biographische Lexikon der Schweiz, Bd. 3. Neuenburg (Hist.-Biogr. Lexikon-Verlag) 1926, S. 246.

9 Schutzengel von Johann Heinrich Jung-Stilling. Er zeigte sich diesem zu dessen irdischer Zeit, nahm ihn von dort ins Jenseits mit und schrieb auch für ihn. – Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich, 7. Aufl. Bietigheim (Rohm) 1999, S. 220 ff. (S. 279: “Siona hatte mir Lavaters Verklärung in die Feder diktiert”).

Der Name Siona bedeutet letztlich “die Himmlische”; siehe die genauere, weitläufige Erklärung dieses Namens bei Philipp Paul Merz: ONOMASTICON BIBLICUM SEU INDEX AC DICTIONARIUM HISTORICO–ETYMOLOCIUM, Bd. 2. Augsburg (Veith) 1738, S. 1161 ff. sowie bei Petrus Ravanellus: BIBLIOTHECA SACRA SEU THESAURUS SCRIPTURAE CANONICAE AMPLISSIMUS, Bd. 2. Genf (Chouët) 1650, S. 627 (hier auch einige seltenere übertragene Bedeutungen wie etwa “ORNAMENTUM TRACTUS” oder “GAUDIUM TOTIUS TERRAE” und “LOCUS PERFECTISSIMAE PULCHRITUDINIS”). Beide bis heute kaum übertroffene Werke erfuhren viele Nachdrucke und Übersetzungen in verschiedene Sprachen.

Jung-Stilling fasst den Engel als weiblich auf. Er spricht Siona an als – Œ “unaussprechlich erhabene Tochter der Ewigkeit” (Szenen aus dem Geisterreich, S. 219), die ihn “immer ungesehen umschwebt” (ebenda, S. 271) –  “göttliche Freundin” (ebenda, S. 223) bzw. – Ž “göttliche Lehrerin” (ebenda, S. 228), dankt der –  “erhabenen Dolmetscherin” (ebenda, S. 241), die ihm – oft ungesehen –  als Engel “immer liebvoll zur Seite ist” (Johann Heinrich Jung-Stilling: Chrysäon oder das goldene Zeitalter in vier Gesängen. Nürnberg [Raw’sche Buchhandlung] 1818, 1. Gesang, Versabschnitt 3), – ‘ den Gedankengang leitet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 282), aber – ’ auch vom Jenseits berichtet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 308) und – “ Jung-Stilling, der im Chrysäon Selmar (wohl in Anlehnung an den Rufname Selma seiner zweiten Ehefrau Maria Salome) heisst, auf einer “Himmels-Leiter” zum Sehen führt (Chrysäon, Prolog, Versabschnitt 2; siehe auch Versabschnitt 8) sowie – ” zu seiner verstorbenen Tochter Elisabeth (Lisette, 1786–1802) und zu deren Mutter (Jung-Stillings zweiter Ehefrau Maria Salome von St. George, 1760–1790) geleitet (Chrysäon, 4. Gesang, Versabschnitt 2 ff.), – • ihn aber auch von himmlischen Höhen “in müdes Weltgewühle” zurückbringt (Chrysäon, 3. Gesang, Versabschnitt 87).

Siehe zum Verständnis der Engel im religiösen Denken von Jung-Stilling auch Jung-Stilling-Lexikon Religion. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1988, S. XX f., S. 30 ff. sowie Gotthold Untermschloß: Vom Handeln im Diesseits und von Wesen im Jenseits. Johann Heinrich Jung-Stilling gibt Antwort. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, S. 16 ff. (auch kostenlos im Internet unter <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling> abrufbar.– Vgl. zum Grundsätzlichen auch Paola Giovetti: Engel, die unsichtbaren Helfer der Menschen, 8. Aufl. Kreuzlingen, München (Hugendubel) 2003 sowie im Internet die Adresse <http://www.himmelsboten.de>

10 Dyspepsie = Verdauungs-Beschwerden; Störungen im Verdauungsapparat.

 


Hark, a thrilling voice is sounding! “CHrist is nigh” we hear it say;
“Cast away the works of darkness, o ye children of the day!”

Startled at this solemn warning, let the earth-bound soul arise;
CHrist, her sun, all sloth dispelling, shines upon the morning skies.

Edward Caswall (1814-1878)

 

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