Lehman-Pleite (Lehman bankruptcy)

Mitte September 2008 wurde die Investmentbank Lehman Brothers mit Hauptsitz in Neuyork zahlungsunfähig. Die US-Regierung weigerte sich, dem Institut zur Hilfe zu kommen. Der Grund für die verweigerte Staatshilfe dürfte wohl besonders auch darin gelegen haben, dass Lehman Brothers durch die Jahre immer wieder wegen Verstössen gegen Börsen- und Bilanzregeln zu teils erheblichen Geldstrafen verurteilt und abgemahnt wurde. Gegen keine andere Bank in den USA liefen ähnlich viele Verfahren der Aufsichtsbehörde; kein anderes Unternehmen hatte eine so dicke Akte mit derartig schwerwiegenden Verfehlungen wie Lehman Brothers. Böse Zungen unterstellten dem damaligen US-Finanzminister Henry Paulson, dem früheren Chef von Goldman Sachs, er habe seiner alten Firma eine Gefälligkeit erweisen wollen und deshalb einen führenden Konkurrenten untergehen lassen. – Den Zusammenbruch von Lehman Brothers sieht man als den Übergang der Subprime-Krise in eine weltweite Finanzkrise an, weil das Institut international auf allen Finanzmärkten verwurzelt war und der Ruin der Bank eine Schockwelle auslöste. – Lehman Deutschland hatte zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs im Herbst 2008 in Frankfurt am Main eine Filiale mit rund 150 Mitarbeitern und im Jahr 2007 eine Bilanzsumme von 16,2 Milliarden EUR, das entsprach in etwa jener der Frankfurter Sparkasse. – Aufsichtsrechtlich traten bei dem Zusammenbruch einige folgenreiche Schwächen zutage. Obgleich Lehman Brothers in London als eigenständige Rechtseinheit (independent legal entity) firmierte und direkt von der FSA beaufsichtigt wurde, so waren der englischen Aufsichtsbehörde die Hände gebunden, als die Londoner Niederlassung von Lehman Brothers Milliardenbeträge an die Hauptverwaltung in Neuyork überwies. Auch war die FSA ohnmächtig gegenüber der in den USA getroffenen Entscheidung (found powerless in the face of the decision in the USA), einen Zusammenbruch von Lehman Brothers hinzunehmen, obzwar dieser Beschluss schwerwiegende Folgen für den Finanzplatz London und die Stabilität des britischen Finanzsystems hatte. – Die EZB blieb auf ihr als Pfand angedienten Lehmann-Sicherheiten sitzen, die 2008 mit 5,7 Mia Euro bilanziert wurden. In den folgenden Jahren konnten diese grösstenteils verwertet – sprich: an Abnehmer aus aller Welt – verkauft werden. – Siehe Aufsicht, weltweite, Bear Stearns-Pleite, Crash, Einzelfallentscheidung, Fachbankensystem, Gewährträgerhaftung, Gibrat-Regel, Gigabank, G-Sifi, Hypo Real Estate-Rettung, Megamanie, Moratorium, Rush to exit, Schockwelle, Schuldenbombe, Single Master Liquidity Conduit, Pflichtwandelanleihe, Too big to fail-Grundsatz, Subsidiaritätsprinzip, Trennbanksystem, Verbraucherbeschwerden, Vertrauen. – Vgl. Jahresbericht 2008 der BaFin, S. 41 (Informationsstelle des CESR zu der Lehman-Pleite), S 120 (Übersicht der Schwierigkeiten bis zur Abwicklung), S. 141 (Kundenbeschwerden in Bezug auf Lehman-Zertifikate), Jahresbericht 2009 der BaFin, S. 163 f. (Sonderprüfungen der BaFin in Bezug auf Lehman-Zertifikate), Finanzstabilitätsbericht 2012, S. 98 (weiterhin Gefahren durch den Zusammenbruch global vernetzter Institute).

Achtung: Das Finanzlexikon ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne die ausdrückliche Einwilligung lediglich zum privaten Gebrauch benutzt werden!
Universitätsprofessor Dr. Gerhard Merk, Dipl.rer.pol., Dipl.rer.oec.
Professor Dr. Eckehard Krah, Dipl.rer.pol.
E-Mail-Anschrift: info@jung-stilling-gesellschaft.de
https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Ernst_Merk
https://www.jung-stilling-gesellschaft.de/merk/
https://www.gerhardmerk.de/

Sidebar