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Prof. Dr. Gerhard Merk, Dipl.rer.pol., Dipl.rer.oec.

Abhandlungen über Johann Heinrich Jung-Stilling

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Nachtodliche Belehrungen zur Theologie

Nachtodliche Belehrungen zu verschiedenen Themen

 

Gespräch zu Stein am Rhein


Niederschrift einer gehabten Begegnung mit hochwürdigen Herrn

Kirchenrat Dr. theol. Melchior Kirchhofer (1775 bis 1853),
weiland zu Letzt zu Pfarrer zu Stein am Rhein; ehedem Studierender der
Theologie in Marburg/Lahn und von 1794 bis 1796 dorten Hausgenosse von

Johann Heinrich Jung-Stilling (1740 bis 1817),
der Weltweisheit und Arzneikunde Doktor,
seit 1785 Kurpfälzischer, durch Rechtsübertragung ab 1803 Badischer Hofrat,
durch Verleihung ab 1808 Grossherzoglich Badischer Geheimer Hofrat.

Lebzeitig bis 1803 Professor für ökonomische Wissenschaften sowie Lehrbeauftragter für operative Augenheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Marburg/Lahn; hiebevor bis 1787 Professor für angewandte Ökonomik – mit Einschluss der Veterinärmedizin – an der Universität Heidelberg und anvorderst seit 1778 in gleicher Bestellung an der Kameral Hohen Schule zu Kaiserslautern;

ehedem Gründungsmitglied der Geschlossenen Lesegesellschaft zu Elberfeld, dort auch Arzt für Allgemeinmedizin, Geburtshilfe, Augenheilkunde und seit 1775 behördlich bestellter Brunnenarzt sowie Lehrender in Physiologie; der Kurpfälzischen Ökonomischen Gesellschaft in Heidelberg, der Königlichen Sozietät der Wissenschaften in Frankfurt/Oder, der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft in Mannheim, der Gesellschaft des Ackerbaus und der Künste, der Leipziger ökonomischen Sozietät sowie auch der erlauchten
Loge “Karl August zu den drei flammenden Herzen” in Kaiserslautern Mitglied

Der Gesprächsverlauf wurde mit Hilfe englischer Gunst beflissentlich aufgeschrieben, dank himmlischer Hülfe gereimt und des gemeinen Guten zu Nutz andurch ins World Wide Web gestellt, alle Leser dabei gÖttlicher Obhut bestens empfehlend
durch
Christlieb Himmelfroh
in Lichthausen, Grafschaft Leisenburg*

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Markus-Gilde, Siegen

Copyright 2004, 2012 by Markus-Gilde, Siegen (Deutschland). – Die gewerbliche Verwertung des nachstehenden Textes bedarf der
schriftlichen Einwilligung des Copyright-Inhabers.
mailto: info@jung-stilling-gesellschaft.de


Gespräch in Stein am Rhein mit dem Herrn Kirchenrat Dr. theol. Melchior Kirchhofer


Vormittäglicher Besuch der Burg Hohenklingen


So manche Burg entlang dem Rhein
Lädt uns zum Kennenlernen ein.
Drum tat den Morgen ich verbringen
Im späten Mai auf Hohenklingen.1
Jetzt wollt zum Mittagessen ich
Nach Stein hinab begeben mich.

Am Kloster Sankt Georgen2 grad
Auf einmal mir entgegentrat
Flugs Melchior Kirchhofer, der Sohn3,
Ein Stillings-Freund4 als Jüngling schon.


Melchior Kirchhofer zeigt sich


“Ich freue mich”, sprach er zu mir,
“Dass hier nach Stein gefunden ihr.
Wisst ihr, was unsre kleine Stadt
An grossen Kostbarkeiten hat?
Natürlich: fraglos ihr es wisst,
Drum ihr ja auch die Stadt durchmisst!
Auch konnte häufig ich euch sehn
Im Chläggi5 durch die Dörfer gehen.
Von Kind auf kennt ihr in der Tat
Am Randen6 manchen Wanderpfad.

Als Alemannen-Sohn fühlt ihr
Bestimmt euch mehr zu Hause hier
Denn dort, wo Stilling ward geboren7;
Wiewohl dies Land hat GOtt erkoren,
Dass Calvins Geist8 von da strahlt aus
Zum Herzen des Westfalen-Gaus.
Doch sagt: ist noch im Gnadenstand,
In GOttes Huld das Siegerland?” —


Geistiger Zustand des Siegerlandes


“Die Antwort könnt’, Herr Kirchenrat,
Jung-Stilling geben akkurat.
Verklärten Leibes schlendert er
Durchs Siegerland noch oft einher.9
Als lebte er, viel ward ihm kund:
Jetzt sieht er gar der Seelen Grund!

Er weinte neulich, tief in Gram,
Als er vom Treiben Kenntnis nahm
Der Menschen heut im Siegerland
In leeren Dunst und Wahn verrannt:
In Habgier, Geiz und Protzerei,
Ergötzlichkeit und Tanzerei,
In Müssiggang und Toback-Sucht,
Auch Schwatz-Hang und Geklatsch verrucht,

In Lust nach Bier und Alkohol
Nebst Huren-Blättli bass frivol,
Wie auch nach Schmutz, Pornographie,
Verschickt vom Fernsehn nach allhie;
Ein eigner Sender gar strahlt aus
Gedudel, seichten Quatsch ins Haus:10
Das wirkt wie ein Narkotikum
Und hält die Hörer flach und dumm;

In Sinnes-Taumel, Schwelgerei,
Gefrässigkeit und Tafelei
In argen Spieltrieb, Lotterie,
Athleten-Kult, Astrologie,
In Nerven-Kitzel, Fernseh-Koller
Und einen Wahn, noch grauenvoller:

Motor-Manie bei jung und alt!
Die treibt die Leute mit Gewalt
Von einem zu dem andern Ort:
Bloss keine Stille, immerfort
Auf Rädern, auf der Autobahn,
Gar über Meer und Ozean,
Um etwas ‘Neues’ zu erleben
Und Gottes Anruf zu entschweben.” —


Auch in Stein am Rhein sind Glaube und Hoffnung heutigs schwach


“Fast gleichermassen schaut es drein –
Geklagt sei’s GOtt! – auch hier zu Stein.
Mit ist ein Rätsel, dass die Gnade,
Die sich in JEsu jedem nahte,
Nicht Freude für das Leben ist,
Ja: gar man solchen Schatz vergisst!

Sie wird den meisten erst bewusst,
Wenn aus dem Leibe sie gemusst.
Ihr Leben darum läuft so leer,
So freudlos, dumpf und voll Beschwer.
Sie stürzen sich nun zum Ersatz
In Traum und Trug, in Wahn und Hatz.
Doch sie sind frei: denn GOtt zwingt nicht
Zu SEiner Gnade hellem Licht.” —


Wird GOttes Güte zu wenig ins Bewusstsein gebracht?


“Herr Kirchenrat”, sprach darauf ich,
Das Jammern ist kaum förderlich.
Zu fragen ist, warum die Leute
Nicht mehr ergriffen werden heute
Als jene Menschen führer Zeit
Von GOttes Huld und Freundlichkeit?

Ich las, dass viel wohl daran läge,
Weil Sünd’ und Schuld man bloss erwäge
In Predigt und Verkündigung,
Statt Gnade, Freude, Läuterung.
Man habe GOttes Froh-Botschaft
Zum Droh- und Furch-Wort umgeschafft.” —

“Das ist, Herr Christlieb, leider wahr!
Selbst mir ward erst im Jenseits klar,
Wie düster, grämlich, trüb und trist
Heut oft der Christen-Glauben ist.

Bei uns, in reformierten Kreisen,
Tat solches sonders sich erweisen
Schon bei den Vätern unsrer Lehre;
Als ob dies eine Erblast wäre,
Zog durch die Zeiten es sich hin
Und steckt auch tief in Stilling drin!


Melchior Kirchhofer entschwindet


Ach, bittet doch den HEilgen GEist,
Der Freuden-Spender ja auch heisst:11
Mit Stumpf und Stiel er rotte aus
Verdriesslichkeit durch SEin Gebraus!
In aller Christen Herz und Sinn,
Die Freude Wurzel tief gewinn!
Erlöst sind wir! GOtt hat uns gern!
Uns wärmt die Liebe unsres HErrn!”

Bei diesem Satz ward er entrückt.12
Ich war von alledem bedrückt,
Doch riss mich los aus Traurigkeit
Und schrieb gleich mit Behendigkeit
In Kurzschrift nieder auf ein Blatt,
Was fand an Reden vorher statt.


Kurzschrifttext findet sich übertragen und gereimt


Zwei Wochen nachher dann zu Haus,
Nahm ich das Stenogramm heraus.
Ich wollt’ in Reinschrift es nun fassen,
Und später dann auch drucken lassen.

Doch wie war mein Erstaunen gross,
Als sah ich, wie ganz zweifellos
Geschrieben war der Text in Schrift
Sehr deutlich schon mit einem Stift!
Dazu in Jamben alles schon
Stand da in edler Perfektion!
Ob Melchior Kirchhofer das tat?
Ob Siona13 in Handlung trat?


Ich hörte später nebenbei,
Dass Kirchhofer bis anher sei
Gegangen oft durch Häuser-Reihn
In seiner alten Pfarre Stein.
Auch zu Schaffhausen14 sah man ihn
GOtt preisend durch die Gassen ziehn.


Text wird öffentlich verlautbart trotz erwarteten Gemurres


Heut gab ich ein den Text komplett –
Wie er hier steht – ins Internet.
Ich hatte an den Schluss, zuletzt
Erläuterungen eingesetzt,
Damit so dunkle Wörter, Namen
Für Leser einen Sinn bekamen.

Im Ohr klingt mir auch dieses Mal
Sehr deutlich, was schon schier normal:
Von Glaubensfegern das Gemurre,
Von Besserwissern das Geknurre:
Es könne gar nicht möglich sein,
Dass Jenseitswesen treten ein
In diese Welt; drum sei Humbug
Verdummung, Schwindel, Schmu, Betrug,
Wenn hier davon berichtet werde,
Dass jemand kommt zurück zur Erde.

Ach Leute! Bitte lasst es sein,
Zu dreschen wütig, hässig ein
In Schelte, Tadel ohne Pausen,
Auf Christlieb dorten zu Lichthausen.

Ich bitte: regt euch nicht so auf!
Kehrt ihr zu eurem Tageslauf
Und schaltet flugs das Fernsehn ein,
Dass auf dem Bildschirm euch erschein
Was diesem Text ihr wohl zieht vor:
Hebt eure Stimmung hoch empor:
Der alltägliche Potpourri
Aus Jux, Klamauk, Pornographie,
Allotria und Kabbelei,
Aus Schabernack und Dalkerei.

Dass Leid und Not euch nicht umdroh,
Erbittet Christlieb Himmelfroh
Von GOtt, der SEine Gnade sende
Und jedem reichlich Segen spende,
Auch hole alle nach der Zeit
Zu sich in SEine Ewigkeit,
Wo Glück und Freud in JEsu CHrist
Allein der Kern des Lebens ist.

 


Anmerkungen, Hinweise und Quellen


* Grafschaft Leisenburg = bei Jung-Stilling das ehemalige Fürstentum Nassau-Siegen (mit der Hauptstadt Siegen); durch Erbgang von 1743 an Teil der Nassau-Oranischen Lande (mit der Residenz in Dillenburg; heute Stadt im Bundesland Hessen); im Zuge der Neuordnung Deutschlands im Wiener Kongress ab 1815 Bezirk in der preussischen Provinz Westfalen (mit der Provinzhauptstadt Münster); nach dem Zweiten Weltkrieg von 1946 an bis heute Bestandteil des Kreises Siegen-Wittgenstein des Regierungsbezirks Arnsberg im Bundesland Nordrhein-Westfalen in der Bundesrepublik Deutschland (mit der Landeshauptstadt Düsseldorf).

Lichthausen = bei Jung-Stilling die ehemalige selbständige, durch den Bergbau geprägte Gemeinde Littfeld im vormaligen Fürstentum Nassau-Siegen; seit 1. Januar 1969 Teil der Stadt Kreuztal im Kreis Siegen-Wittgenstein. Aus Littfeld kam die Mutter Johanna Dorothea Fischer (1717-1742) von Jung-Stilling; dort wirkte auch sein Patenonkel Johann Heinrich Jung (1711-1786) als (Ober)Bergmeister. – Siehe Näheres bei Karl Friedrich Schenck: Statistik des vormaligen Fürstenthums Siegen. Siegen (Vorländer) 1820, Reprint Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1981 und zum Patenonkel Gerhard Merk: Oberbergmeister Johann Heinrich Jung (1711-1786). Ein Lebensbild. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1989.

Im wirtschaftsgeschichtlich in vieler Hinsicht bemerkenswerten Siegerland ist der hochintelligente und vielseitig begabte Jung-Stilling geboren, herangewachsen und dort hat auch seine ersten beruflichen Erfahrungen als Köhlergehilfe, Schneider, Knopfmacher, Vermessungs-Assistent, Landarbeiter, Dorfschulmeister und Privatlehrer gesammelt.

1 Burg Hohenklingen (593 m) ist ein die schweizerische Stadt Stein am Rhein überragendes Bauwerk. Die Geschichte dieser Höhenburg beginnt bereits im 11. Jahrhundert, als die Zähringer, die Schirmherren des zum Bistum Bamberg gehörenden Klosters St. Georgen, den Wohnturm für ihre Untervögte errichten liessen. Nach dem Aussterben dieses Herzogsgeschlechts im Jahr 1218 zog der deutsche Kaiser das ganze Lehen an sich. Er übertrug sodann die Vogtei über das Kloster in Stein als unmittelbares Reichslehen an die Freiherrn von Klingen. Von diesen erhielt die Burg ihren Namen. – Siehe Otto Stiefel: Burg Hohenklingen. Bern (Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte) 1954 (Reihe: Schweizerische Kunstführer) sowie Erwin Eugster: Stein am Rhein. Geschichte einer Kleinstadt. Schleitheim (Stamm) 2007 (mit ausführlichem Literatur-Verzeichnis, S. 446 ff).

2 Kloster Sankt Georgen = heute Museum der Stadt Stein am Rhein (schweizerische Bezirksstadt im Kanton Schaffhausen). – Siehe Maria Becker, Matthias Frehner: Das Kloster St. Georgen in Stein am Rhein, Kanton Schaffhausen. Bern (Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte) 1998 (Reihe: Schweizerische Kunstführer).

3 Melchior Kirchhofer jun. (1775–1853) studierte in Marburg/Lahn Theologie und trat auf Vermittlung von Johann Caspar Lavater (1741–1801) in Zürich mit Jung-Stilling und dessen Familie in enge Verbindung. Er “war in Stillings Haus so wie in seinem Elterlichen behandelt worden“, schreibt Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte. Vollständige Ausgabe, mit Anmerkungen hrsg. von Gustav Adolf Benrath, 3. Aufl., Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1992, S. 536. – Siehe auch ausführlich Ingeborg Schnack: Ein Schweizer Student in Marburg 1794/95. Das Tagebuch des Melchior Kirchhofer. Marburg (Elwert) 1988.

Melchior Kirchhofer war nach seiner Ordination 1797 von 1798 bis 1805 zunächst Vikar, dann Pfarrer in Schlatt bei Dissenhofen im Kanton Thurgau, von 1805 bis 1808 Pfarrer in Siblingen im Kanton Schaffhausen und ab 1808 Pfarrer in Stein am Rhein, seit 1833 auch Schul- und Kirchenrat.

Als Kirchen- und Landeshistoriker machte sich Melchior Kirchhofer einen Namen weit über seine Heimat hinaus. Die Theologische Fakultät der Universität Marburg/Lahn zeichnete ihn daher im Jahre 1840 mit ihrem Ehrendoktorat aus.

Melchior Kirchhofer war einmal verwitwet, zweimal verheiratet und hatte neun Kinder. Auf dessen Schweizerreisen war Kirchhofer teilweise der Begleiter von Jung-Stilling.

Mit dem Elternhaus Kirchhofer in Schaffhausen knüpfte Jung-Stilling freundschaftliche Bande. Es “hatte sich ein inniges Freundschaftsband zwischen der Kirchhoferischen und der Stillingschen Familie gebildet: die vier christlichgesinnten und sehr gebildeten Schwestern des jungen Kirchhofers, die eine große Bekanntschaft mit den wahren Verehrern und Verehrerinnen des Herrn, durch die ganze Schweiz haben, und fleißig Briefe mit ihnen wechseln, traten nun auch mit Stilling in Correspondenz, und verschafften ihm eine noch größere und sehr interessante Bekanntschaft”, bemerkt Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte, S. 536 f. – Es waren dies die älteren Schwestern von Melchior Kirchhofer namens Anna Dorothea (1767–1822), Anna Barbara (geb. 1768), Susanna Elisabetha (geb. 1770) und Christiana (1773–1847); der Vater Kirchhofer starb im 101. Altersjahr 1837; siehe später Anmerkung 14.

Im Jahr 1983 sind der evangelischen Kirchengemeinde Stein zwei Portraits von Melchior Kirchhofer geschenkt worden, die jetzt im Messmerhaus neben der Stadtkirche hängen. – Ein Gesamtverzeichnis der Schriften von Melchior Kirchhofer findet sich bei Conrad Mägis: Die Schaffhauser Schriftsteller von der Reformation bis zur Gegenwart, biographisch-bibliographisch dargestellt. Schaffhausen (Brodtmann’sche Buchhandlung) 1869. Weitere Literatur über Melchior Kirchhofer auch bei Susanne Siebert: Artikel “Dr. Melchior Kirchhofer”, in: Friedrich Wilhelm Bautz (Hrsg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 3. Hamm (Bautz) 1992, Sp. 1517 ff.

4 Stillings-Freund meint zunächst –  Gönner und Förderer von Jung-Stilling und später dann –  Verehrer oder zumindest –  dem Autor gegenüber wohlwollender Leser der Schriften von Jung-Stilling. Der Begriff wurde in diesen beiden Bedeutungen von ihm selbst eingeführt. Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 3), S. 213, S. 441, S. 513, S. 566. — Auf der anderen Seite gibt es aber auch (bis heute ) “Stillings-Feinde”; siehe ebendort, S. 316.

5 Melchior Kirchhofer sprach Hochdeutsch, und lediglich den Namen “Chläggi” mundartlich. Chläggi = Klettgau, Landschaft am Fuss des Randen (siehe Anm. 6) nördlich des Rheins, teils zur Schweiz (Kanton Schaffhausen), teils zur Bundesrepublik Deutschland (Bundesland Baden-Württemberg) gehörend. – Siehe Karl Schib: Geschichte der Stadt und Landschaft Schaffhausen. Schaffhausen (Meili) 1972 sowie Hubert Roth: Klettgau – wie es früher einmal war. Horb (Geiger) 1986.

6 Randen = Gebirge im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet (höchste Erhebung: Hoher Randen, 924 m), ein Ausläufer des Jura und vorwiegend aus Kalkstein bestehend. – Siehe vertiefend Bernhard Egli: Randen. Schaffhausen (Naturforschende Gesellschaft) 2000 (Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft, Schaffhausen, Bd. 45) sowie auch zur pflanzlichen Vielfalt Bernhard Egli: Naturschutzgebiete im Schaffhauser Randen. Schaffhausen (Pro Natura) 2005 (Neujahrsblatt der Naturforschenden Gesellschaft Schaffhausen, № 58).

7 Johann Heinrich Jung-Stilling wurde im Jahr 1740 in dem Dorf Grund, Fürstentum Nassau-Siegen geboren. Der Ort ist seit 1968 Teil der Stadt Hilchenbach, Kreis Siegen-Wittgenstein im Regierungsbezirk Arnsberg des Landes Nordrhein-Westfalen der Bundesrepublik Deutschland.

Die Gegend ist ein uraltes Bergbaugebiet; bis etwa 1960 wurde dort vor allem manganhaltiger Spateisenstein abgebaut. Daneben fand man auch Kupfer, Antimon und Kobalt. – Siehe hierzu Johann Philipp Becher: Mineralogische Beschreibung der Oranien-Nassauischen Land nebst einer Geschichte des Siegenschen Hütten- und Hammerwesens, 2. Aufl. Dillenburg (Seel-Weidenbach) 1902, S. 193 ff.

8 Jean Cauvin (Johannes Calvin, 1509–1564), der längstenzeits in Genf wirkende Reformator. Er hat das Denken im Siegerland wesentlich bestimmt, nachdem die Grafschaft Nassau-Siegen infolge Konfessionswechsels des regierenden Herrschers im Juli 1578 zum Calvinismus übertrat. – Siehe hierzu Gerhard Specht: Johann VIII. von Nassau-Siegen und die katholische Restauration in der Grafschaft Siegen. Paderborn (Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Paderborn) 1964, S. 8 ff.

9 Siehe über nachtodliche Erscheinungen von Johann Heinrich Jung-Stilling in den letzten Jahren Bleibfest Stillingtreu: Wundersame Begegnung an der Saal. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 2000, S. 51 ff. (Aufzählung mit Literaturverweisen) sowie im Internet die Adresse <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling>

Grundsätzliches zum Wiedereintritt Verstorbener in diese Welt bei Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde, in einer Natur= Vernunft= und Bibelmäsigen (so!) Beantwortung der Frage: Was von Ahnungen, Gesichten und Geistererscheinungen geglaubt und nicht geglaubt werden müße (so, also mit Eszett!). Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1808 (Reprint Leipzig [Zentralantiquariat der DDR] 1987 und öfters), S. 220 ff.

Dieses Werk von Jung-Stilling wurde seit seinem Erstdruck in vielen Ausgaben veröffentlicht und auch 1812 ins Schwedische, 1815 ins Niederländische, 1834 ins Englische (durch Samuel Jackson), 1851 ins Amerikanische (durch Pfarrer George Bush) und noch 1869 ins Französische übersetzt; siehe die Zusammenstellung bei Klaus Pfeifer: Jung-Stilling-Bibliographie Siegen (J. G. Herder-Bibliothek) 1993 (Schriften der J. G. Herder-Bibliothek Siegerland, Bd. 28).

10 Das Siegerland hat mit “Radio Siegen” seit 1987 einen eigenen Lokalsender, der die Menschen unaufhörlich, andauernd und in zudringlicher Art mit Reklame, Gejaule und Gequassel beschallt und sie daran gewöhnt.

11 Siehe hierzu die Erklärung des altkirchlichen Hymnus VENI CREATOR SPIRITUS bei Nikolaus Gihr: Die Sequenzen des römischen Meßbuches dogmatisch und ascetisch erklärt, 2. Aufl. Freiburg (Herder) 1900, S. 171 ff.

12 Siehe hierzu Apostelgeschichte Kapitel 1, Vers 9.

13 Schutzengel von Johann Heinrich Jung-Stilling. Er zeigte sich diesem zu dessen irdischer Zeit, nahm ihn von dort ins Jenseits mit und schrieb auch für ihn. – Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich, 7. Aufl. Bietigheim (Karl Rohm Verlag) 1999, S. 220 ff. (S. 279: “Siona hat mir Lavaters Verklärung in die Feder diktiert”). In fast allen der in Anm. 9 aufgezählten Erscheinungs-Berichten hat sich Engel Siona dem in die Welt wiedereingetretenen Jung-Stilling als Begleiter beigesellt.

Der Name Siona bedeutet letztlich “die Himmlische”; siehe die genauere, weitläufige Erklärung dieses Namens bei Philipp Paul Merz: ONOMASTICON BIBLICUM SEU INDEX AC DICTIONARIUM HISTORICO–ETYMOLOCIUM, Bd. 2. Augsburg (Veith) 1738, S. 1161 ff. sowie bei Petrus Ravanellus: BIBLIOTHECA SACRA SEU THESAURUS SCRIPTURAE CANONICAE AMPLISSIMUS, Bd. 2. Genf (Chouët) 1650, S. 627 (hier auch einige seltenere übertragene Bedeutungen wie etwa “ORNAMENTUM TRACTUS” oder “GAUDIUM TOTIUS TERRAE” und “LOCUS PERFECTISSIMAE PULCHRITUDINIS”). Beide bis heute kaum übertroffene Werke erfuhren viele Nachdrucke und Übersetzungen.

Er spricht Siona an als –  “unaussprechlich erhabene Tochter der Ewigkeit” (Szenen aus dem Geisterreich, S. 219), –  “göttliche Freundin” (ebenda, S. 223), dankt der –  “erhabenen Dolmetscherin” (ebenda, S. 241), die ihm –  als Engel – oft ungesehen –  immer liebvoll zur Seite ist (Johann Heinrich Jung-Stilling: Chrysäon oder das goldene Zeitalter in vier Gesängen. Nürnberg [Raw’sche Buchhandlung] 1818, Erster Gesang, Versabschnitt 64), aber –  auch vom Jenseits berichtet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 308) und –  Jung-Stilling (der im Chrysäon Selmar heisst) auf einer “Himmels-Leiter” zum Sehen führt (Chrysäon, Prolog, Versabschnitt 2; siehe auch Versabschnitt 8) sowie –  zu seiner verstorbenen Tochter Elisabeth (Lisette, 1786–1802) und zu deren Mutter (Jung-Stillings zweiter Ehefrau Selma von St. George, 1760–1790) geleitet (Chrysäon, 4. Gesang, Versabschnitt 2 ff.), –  ihn aber auch von himmlischen Höhen “in müdes Weltgewühle” zurückbringt (Chrysäon, 3. Gesang, Versabschnitt 87).

Siehe zum Verständnis der Engel im religiösen Denken von Jung-Stilling auch Gerhard Merk (Hrsg.): Jung-Stilling-Lexikon Religion. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1988, S. XX f., S. 30 ff. sowie Gotthold Untermschloß: Vom Handeln im Diesseits und von Wesen im Jenseits. Johann Heinrich Jung-Stilling gibt Antwort. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, S. 16 ff. – Vgl. zum Grundsätzlichen auch Paola Giovetti: Engel, die unsichtbaren Helfer der Menschen, 8. Aufl. Kreuzlingen, München (Hugendubel) 2003 sowie im Internet die Adresse <http://www.himmelsboten.de>

14 Melchior Kirchhofer war in Schaffhausen geboren. Sein Vater Melchior Kirchhofer sen. (1736–1837) studierte Theologie und amtete bis zu seinem Lebensende in Schaffhausen. Zu seinem 100. Geburtstag verfasste sein Sohn Melchior Kirchhofer jun. eine Gedenkschrift mit dem Titel: Dem besten Vater Herrn Melchior Kirchhofer, alt Conrector, Pfarrer am Spithal, zum Angebinde am hundert und ersten Geburtstag von Melchior Kirchhofer, Kirchenrath, Pfarrer zu Stein, im Namen seiner Kinder und Enkel den 26 September 1836. Diese Schrift befindet sich im Druck in mehreren Bibliotheken.

Jung-Stilling kehrte im Hause Kirchhofer zu Schaffhausen mehrmals an; siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte (Anm. 3), S. 540, 542 und 581. Zum Briefwechsel mit der Familie Kirchhofer siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und hrsg. von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen Verlag) 2002, S. 627 (Register, “Kirchhofer”).

The greatest characteristic of heaven is mercy

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