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Prof. Dr. Gerhard Merk, Dipl.rer.pol., Dipl.rer.oec.

Abhandlungen über Johann Heinrich Jung-Stilling

Nachtodliche Belehrungen zur Ökonomik

Nachtodliche Belehrungen zu Persönlichkeiten

Nachtodliche Belehrungen zur Philosophie

Nachtodliche Belehrungen zur Theologie

Nachtodliche Belehrungen zu verschiedenen Themen

 

Fürst-Primas Karl von Dalberg und Nuntius Testaferrata in Luzern

Eine wundersame Begegnung am Vierwaldstätter See in ihren Zusammenhängen entrollt, gedeutet und geschichtlich eingeordnet durch den Begleitengel Siona des hochgelehrten, lebenserfahrenen, kenntnisreichen und bis anhin unvergessenen Herrn

Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817),

der Weltweisheit und Arzneikunde Doktor, seit 1785 Kurpfälzischer, durch Rechtsübergang ab 1803 Badischer Hofrat und durch Verleihung ab 1808 Grossherzoglich Badischer Geheimer Hofrat,

lebzeitig bis 1803 Professor für ökonomische Wissenschaften an der Universität Marburg/Lahn, dortselbst auch Lehrbeauftragter für operative Augenheilkunde an der Medizinischen Fakultät; davor bis 1787 Professor für angewandte Ökonomik – mit Einschluss der Veterinärmedizin – an der Universität Heidelberg und vorher in gleicher Bestellung seit 1778 an der Kameral Hohen Schule zu Kaiserslautern;

ehedem Gründungsmitglied der Geschlossenen Lesegesellschaft zu Elberfeld (heute Teil der Stadt Wuppertal), dortselbst auch praktischer Arzt, Geburtshelfer, Augenarzt und seit 1775 behördlich bestellter Brunnenarzt sowie Dozent in Physiologie; der Kurpfälzischen Ökonomischen Gesellschaft in Heidelberg, der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft in Mannheim, der Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste in Kassel, der Leipziger ökonomischen Sozietät sowie auch seit 1781 bis zum Verbot der Geheimgesellschaften im kurpfälzisch-bayrischen Herrschaftsgebiet durch Erlass aus München vom 22. Juni 1784 der erlauchten Loge “Karl August zu den drei flammenden Herzen in Kaiserslautern Mitglied.

Niedergeschrieben, mit Anmerkungen versehen und gemeinen Nutzens zu Gut ins World Wide Web gestellt, alle Leser dabei mit freundwilligem Gruss gÖttlicher beständiger Obhut und Verwahrung sowie getreuen englischen Schutzes empfehlend von

Christlieb Himmelfroh

in Salen, Grafschaft Leisenburg*

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Markus-Gilde e.V., Siegen

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Mailto: info@jung-stilling-gesellschaft.de

Seltsame Begegnung am Vierwaldstätter See

Ich schreite ganz besonders gern
Am See entlang dort zu Luzern.1
Ein lieber Freund lädt oft mich ein,
Ja drängt mich gar, bei ihm zu sein.

Seit früh schon im Archiv ich sass
Und angestrengt in Akten las
Aus einer Zeit, die längst passé:
Nun taten mir die Augen weh.

Dass Körper wie auch Geist erstark’,
Ging ich den Insel-Quai zum Park,2
Genoss auf einer Bank die Ruh’
Und schaute darob seewärts zu.

Da kam zu Ohr mir eine Stimme,
Die sprach mit unterdrücktem Grimme
Französisch4 und in lauter Stärk’;
Es fiel der Name Wessenberg.5

Die Antwort jeweils gab sodann
Beschwichtigend ein zweiter Mann.
Meist sagte der zu allem “ja”;
Er schien mir willenlos beinah.

Als hinter meiner Bank sie dicht,
Bekam ich kurz sie zu Gesicht.
Die Kleidung sichtbar tat verraten,
Dass beide römische Prälaten.6

Der milde Ältre, etwas dick,
Sah meinen naseweisen Blick.
Er lächelte mich freundlich an
Und nickte mit dem Kopf sodann.

Ich spürte Strahlen seiner Güte,
Wovon mir Herz und Geist erglühte.
Ein Wunder, dachte ich bei mir:
Der wohnt im Himmel und nicht hier!

Der andre wirkte schroff und kraus;
So, wie er sprach, sah er auch aus:
Er hatte eine Haken-Nase
Und schien erregt in höchstem Masse.

Ich spürte klar, dass beide schon
Der Welt und dieser Zeit entlfohn.
Wer waren sie? Warum sah ich
Die Zwei jetzt, hier und körperlich?

 

Engel Siona erklärt das Gesehene

Vier Wochen drauf sass ich zur Rast,
Um auszuruhn von Einkaufs-Hast,
Auf dass das Gehwerk sich erstark’
Zu Siegen im Martini-Park.7

Im Weggehn ich mich dann begab
Vorbei auch am Fürst-Moritz-Grab.8
Da sass, der Platte oben nah,
Wie manchmal schon Geist Siona.9

Ich fragte ihn so allerlei;
So auch, was mit den Männern sei,
Die in Luzern ich jüngst gesehen?
Ich könnte nicht den Sinn verstehen!

Der Engel legte mir nun da,
Dass ich Testaferrata10 sah,
Wie er mit Dalberg11 im Gespräch,
Dass der mit Wessenberg ganz bräch’.

“Bald drauf verschied der Fürst-Primas12
Nun richtete sich voll der Hass
Auf Wessenberg, dem arg man grollte,
Zu Konstanz nicht als Bischof wollte.

Der Grossherzog13 und Stilling14 taten,
Was immer nützlich und geraten,
Dass vollauf man den Rücken stärk’
Dem frommen Ignaz Wessenberg.

Dass schliesslich dies gelungen nicht,
Man Wessenberg zwang zum Verzicht,
Bracht’ Schaden über Land und Leute,
Ja, ist ein Nachteil noch bis heute.

Im Himmel – wie auf Erden schon –
Ist Wessenberg treu wie ein Sohn
Ergeben stets dem Fürst-Primas,
Und Stilling beiden überdas.”15

Ich bat den Engel, dass er grüsse,
Statt meiner küsse auch die Füsse
Der drei genannten heilgen Männer
Im Himmel, dort, wo die Bekenner.16

 

Hässige Kommentare werden erwartet

Heut stellte ich den Text komplett
Für jedermann ins Internet,
Damit auch alle Stillings-Treuen
Sich über den Bericht erfreuen.

All jene, die empören sich,
Weil ihnen scheint es lästerlich,
Dass Himmelsgeister sichtbar werden
In unsren Tagen hier auf Erden:

 

Sie mögen bös auf Christlieb fluchen,
Als Schwindler ihn zu schelten suchen,
Doch treten mit dem Schmäh nicht nah
Auch noch an Engel Siona.

Anmerkungen, Hinweise und Quellen

* Grafschaft Leisenburg = bei Jung-Stilling das ehemalige Fürstentum Nassau-Siegen (mit der Hauptstadt Siegen); –  durch Erbfolge ab 1743 Teil der Nassau-Oranischen Lande (mit Regierungssitz in Dillenburg, heute Stadt im Bundesland Hessen); –  im Zuge der territorialen Neuordnung Deutschlands durch den Wiener Kongress ab 1815 Bezirk in der preussischen Provinz Westfalen (mit der Provinzhauptstadt Münster); –  nach dem Zweiten Weltkrieg von 1946 an bis heute Bestandteil im Kreis Siegen-Wittgenstein des Regierungsbezirks Arnsberg im Bundesland Nordrhein-Westfalen in der Bundesrepublik Deutschland (mit der Landeshauptstadt Düsseldorf). – Über 70 Prozent der Kreisfläche sind Wälder; Siegen-Wittgenstein steht damit an der Spitze der Bewaldungsdichte in Deutschland.

Salen = bei Jung-Stilling die ehemalige fürstliche Residenzstadt Siegen, heute Universitätsstadt mit etwa 110 000 Bewohnern, am Oberlauf der Sieg (dort 240 Meter über dem Meeresspiegel) gelegen. Die Sieg ist ein 155,2 Kilometer langer, rechter Nebenfluss des Rheins. – Die nächst grösseren Städte von Siegen sind, in der Luftlinie gemessen, im Norden Hagen (83 Kilometer), im Südosten Frankfurt am Main (125 Kilometer), im Südwesten Koblenz (105 Kilometer) und im Westen Köln (93 Kilometer).

Siehe Karl Friedrich Schenck: Statistik des vormaligen Fürstenthums Siegen. Siegen (Vorländer) 1820, Reprint Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1981 sowie Theodor Kraus: Das Siegerland. Ein Industriegebiet im Rheinischen Schiefergebirge, 2. Aufl. Bad Godesberg (Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung) 1969 (Standardwerk mit vielen Karten, Übersichten und Rückblenden auf den Entwicklungsverlauf; leider auch in der Zweitauflage ohne Register).

Im wirtschaftsgeschichtlich bemerkenswerten Siegerland ist der hochintelligente und vielseitig begabte Jung-Stilling (siehe Anmerkung 13) geboren, herangewachsen und hat auch seine ersten beruflichen Erfahrungen als Köhlergehilfe, Schneider, Knopfmacher, Vermessungs-Assistent, Landarbeiter, Dorfschulmeister und Privatlehrer gesammelt.

1 Luzern = schweizerische Kantonshauptstadt am Vierwaldstätter See, aus dem hier die Reuss austritt und nach knapp 160 Kilometer unterhalb von Brugg in die Aare mündet. – Die 295 km lange Aare ihrerseits fliesst bei Koblenz (Aargau, Schweiz; vis-à-vis von Waldshut) in den (Hoch)Rhein.

Siehe aus der Fülle der Literatur Kasimir Pfyffer von Altishofen: Geschichte der Stadt und des Kantons Luzern, 2. Bde. Zürich (Orell Füssli) 1850–1852 sowie Paul Letter: Geschichte und Kultur von Luzern. Anfänge und Entwicklungen einer Kantonshauptstadt. Berlin (Frieling) 2002 und die dort angegebene Literatur.

2 Park = Inselpark am Ostufer des Sees nahe der Stadt Luzern.

3 Französisch war in der Zeit von etwa 1650 bis 1900 die internationale Verständigungssprache (zuvor Latein; so wie heute Englisch).

4 Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774–1860) war eine der bedeutenden Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Siehe über ihn Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 42, S. 147–157 (verfasst von Johann Friedrich von Schulte). — Ausführlich stellt dar Joseph Beck: Freiherr I. Heinrich von Wessenberg. Sein Leben und Wirken. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der neueren Zeit. Auf der Grundlage handschriftlicher Aufzeichnungen Wessenbergs. Freiburg (Wagner) 1862 sowie (kürzer) Karl Kühner: Ignatz (so!) Heinr. von Wessenberg und seine Zeitgenossen. Lichtgestalten aus dem Katholizismus des 19. Jahrhunderts. Heidelberg (Hörning) 1897 (Bilder aus der evangelisch-protestantischen Landeskirche des Großherzogtums Baden, Bd. 3).

Um eine eigene, die badischen Staatsgrenzen umschliessende katholische Landeskirche zu erhalten, verhandelte der intellektuell weniger bemittelte Grossherzog Ludwig von Baden (1763/1818–1830) mit dem Papst in Rom. Seinem Wunsche wurde entsprochen unter der Bedingung, dass Wessenberg abträte und nie wieder kirchliche Ämter annehmen dürfe. Ludwig ging darauf ein. – Siehe des näheren hierzu Kurt Aland (Hrsg.): Ignaz Heinrich von Wessenberg, Autobiographische Aufzeichnungen. Freiburg, Basel, Wien (Herder) 1968, S. 86 ff.

Was Bistums-Verweser Wessenberg vor allem zu erreichen trachtete (Ausmerzung der damals wirr spriessenden Andächtelei, deutsche Sprache bei allen gottesdienstlichen Handlungen, Gliederung der Kirche nach dem Subsidiaritätsprinzip und damit Kräftigung des gemeindlichen Lebens) ist grösstenteils im Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) innert der katholischen Kirche verwirklicht worden. Allein, Wessenberg gilt immer noch weithin als Unperson!

Aus der Fülle der Literatur sei herausgestellt (wegen des gründlichen Quellen-Studiums und der ausführlichen Literatur-Angaben) die Studie von Erwin Keller: Die Konstanzer Liturgiereform unter Ignaz Heinrich von Wessenberg. Freiburg im Breisgau (Herder) 1965 (Freiburger Diözesan-Archiv; 85.1965).

5 Prälaten = Titel hochgestellter Geistlicher. In der katholischen Kirche im engeren Sinne die Bischöfe bzw. ihnen gleichgestellte Amtsinhaber (wie etwa Kapitels-Vikare, Apostolische Vikare), im weiteren Sinne auch Ehren-Prälaten. Sie trugen früher violette Kleidung und waren daran als Prälaten erkennbar. Sie werden mit “Monsignore ” (= Mein Herr) angeredet.

6 Martini-Park = Grünanlage mit Kinderspielplatz an der Sankt-Martini-Kirche in der Unterstadt zu Siegen (Bundesland Nordrhein-Westfalen der Bundesrepublik Deutschland) am Unteren Schloss. – Einen Teil der Anlage hat man zum Auto-Parkplatz umgewandelt! Siehe hierzu <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling>

7 Moritz-Grab = Grab des Fürsten Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604–1697), dem Erbauer des Unteren Schlosses, der hier auch begraben und durch eine gusseiserne Platte an der äusseren Grabkammer (Sankt Martini zu) dem Gedenken der Nachwelt empfohlen ist.

Siehe Ludwig Driesen: Leben des Fürsten Johann Moritz von Nassau-Siegen, General-Gouverneurs von Niederländisch-Brasilien, dann Kur-Brandenburgischen Statthalters von Cleve, Mark, Ravensberg und Minden, Meisters des St. Johanniter-Ordens zu Sonnenburg und Feldmarschalls der Niederlande. Berlin (Decker’sche Hofbuchdruckerei) 1849 (Reprint Kleve 1979) sowie Ernst van den Boogaart (Hrsg.): Johan Maurits van Nassau-Siegen 1604–1679. A Humanist Prince in Europe and Brazil. Den Haag (The Johan Maurits van Nassau Stichting) 1979 mit vielen Abb. und Dokumenten.

Siehe auch Treugott Stillingsfreund: Erscheinungen im Siegerland. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1987, S. 68 ff. (der Fürst äussert sich gelegentlich eines Austritts aus seinem Grab recht bitter über die Undankbarkeit der Nachwelt). Nun als Download-Datei auch bei dem URL <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling> dort unter “Verschiedenes” und dann “Fürst Johann Moritz” gehen.

8 Schutzengel von Johann Heinrich Jung-Stilling. Er zeigte sich diesem zu dessen irdischer Zeit, nahm ihn von dort ins Jenseits mit und schrieb auch für ihn. – Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich, 7. Aufl. Bietigheim (Rohm) 1999, S. 220 ff. (S. 279: “Siona hat mir Lavaters Verklärung in die Feder diktiert”).

Der Name Siona bedeutet letztlich “die Himmlische”; siehe die genauere, weitläufige Erklärung dieses Namens bei Philipp Paul Merz: ONOMASTICON BIBLICUM SEU INDEX AC DICTIONARIUM HISTORICO–ETYMOLOCIUM, Bd. 2. Augsburg (Veith) 1738, S. 1161 ff. sowie bei Petrus Ravanellus: BIBLIOTHECA SACRA SEU THESAURUS SCRIPTURAE CANONICAE AMPLISSIMUS, Bd. 2. Genf (Chouët) 1650, S. 627 (hier auch einige seltenere übertragene Bedeutungen wie etwa “ORNAMENTUM TRACTUS” oder “GAUDIUM TOTIUS TERRAE” und “LOCUS PERFECTISSIMAE PULCHRITUDINIS”). Beide bis heute kaum übertroffene Werke erfuhren viele Nachdrucke und Übersetzungen.

Jung-Stilling fasst den Engel als weiblich auf. Er spricht Siona an als –  “unaussprechlich erhabene Tochter der Ewigkeit” (Szenen aus dem Geisterreich, S. 219),  “göttliche Freundin” (ebenda, S. 223), dankt der –  “erhabenen Dolmetscherin” (ebenda, S. 241), die ihm –  als Engel – oft ungesehen – “immer liebvoll zur Seite ist” (Johann Heinrich Jung-Stilling: Chrysäon oder das goldene Zeitalter in vier Gesängen. Nürnberg [Raw’sche Buchhandlung] 1818, 1. Gesang, Versabschnitt 3), –  den Gedankengang leitet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 282), aber –  auch vom Jenseits berichtet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 308) und –  Jung-Stilling (der im Chrysäon Selmar heisst) auf einer “Himmels-Leiter” zum Sehen führt (Chrysäon, Prolog, Versabschnitt 2; siehe auch Versabschnitt 8) sowie –  zu seiner verstorbenen Tochter Elisabeth (Lisette, 1786–1802) und zu deren Mutter (Jung-Stillings zweiter Ehefrau Selma von St. George, 1760–1790) geleitet (Chrysäon, 4. Gesang, Versabschnitt 2 ff.), –  ihn aber auch von himmlischen Höhen “in müdes Weltgewühle” zurückbringt (Chrysäon, 3. Gesang, Versabschnitt 87).

Siehe zum Verständnis der Engel im religiösen Denken von Jung-Stilling auch Gerhard Merk (Hrsg.): Jung-Stilling-Lexikon Religion. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1988, S. XX f., S. 30 ff. sowie Gotthold Untermschloss: Vom Handeln im Diesseits und von Wesen im Jenseits. Johann Heinrich Jung-Stilling gibt Antwort. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, S. 16 ff. – Vgl. zum Grundsätzlichen auch Paola Giovetti: Engel, die unsichtbaren Helfer der Menschen, 8. Aufl. Kreuzlingen, München (Hugendubel) 2003 sowie im Internet die Adresse <www.himmelsboten.de>

9 Der päpstliche Nuntius Erzbischof Fabritius (so auf den offiziellen lateinischen Dokumenten; sonst auch Fabricius geschrieben) Sceberras de Testaferrata (1757–1843); er stammte aus Valletta (Malta); siehe Jahrbuch der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bd. 11 (1897), S. 71 ff. – Das Gespräch fand im Oktober 1813 (nicht im Dezember, wie Alfons Lauter [siehe weiter unten] behauptet) in Luzern statt; siehe hierzu Kurt Aland (Hrsg.): Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg. Autobiographische Aufzeichnungen (Anm. 4), S. 65 ff. Es trennte die jahrhundertelange Bindung der Schweiz an das Bistum Konstanz. – Testaferrata wurde übrigens im Jahr 1817 zum Kardinal ernannt.

Siehe auch Alfons Lauter: Die Zusammenkunft des Fürstbischofs Dalberg mit dem Apostolischen Nuntius in Luzern im Dezember 1813 und ihre nächsten Folgen, in: Historisch-Politische Blätter, Bd.150 (1912), S. 22 ff. sowie Peter Stadler: Der Konstanzer Generalvikar Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg im Spiegel der Berichte des Luzerner Nuntius Fabricio Sceberras Testaferrata (1803-1816), in: Manfred Weitlauff (Hrsg.): Katholische Kirche und Theologie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Stuttgart-Berlin-Köln (Kohlhammer) 1990, S. 197 ff. (Zeitschrift für Kirchengeschichte 101, 2/3)

Zur Möglichkeit einer Vorausschau bzw. Rückwärtsschau von Ereignissen siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Theorie der Geister=Kunde, in einer Natur= Vernunft= und Bibelmäsigen (so) Beantwortung der Frage: Was von Ahnungen, Visionen und Geistererscheinungen geglaubt und nicht geglaubt werden müße (so). Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1808, S. 220 ff. sowie S. 30 ff. (Zeittheorie) sowie Martin Landmann: Ahnungen, Visionen und Geistererscheinungen nach Jung-Stilling. Eine ausdeutende Untersuchung. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, S. 49 ff. Dieses Buch ist (ohne die der Druckausgabe beigegebenen Bilder) kostenlos downloadbar bei der Adresse <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling>

10 Karl Theodor Anton Maria Reichsfreiherr von Dalberg (1744–1817), Erzkanzler und Primas von Deutschland, Kurfürst von Mainz, Bischof von Konstanz. Nach dem Übergang der linksrheinischen Gebiete an Frankreich durch den Frieden von Lunéville 1801 Erzbischof von Regensburg, Fürst von Aschaffenburg usw.; später Fürst-Primas des Rheinbundes und Grossherzog von Frankfurt usw.; siehe Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 24, S. 703 ff. (verfasst von Karl Georg Bockenheimer) sowie ausführlicher August Krämer: Karl Theodor von Dalberg, vormaliger Grossherzog von Frankfurt, Fürst-Primas und Erzbischof, 2. Aufl. Gotha (Becker) 1818. — Die sich stetig wechselnden politischen Rahmenbedingungen bezieht sachkundig ein Karl Freiherr von Beaulieu-Marconnay: Karl von Dalberg und seine Zeit. Zur Biographie und Charakteristik des Fürsten Primas, 2 Bde. Weimar (Böhlau) 1879.

Jung-Stilling schätzte den hoch gebildeten, weit gereisten und toleranten Karl Theodor von Dalberg ausserordentlich und widmete ihm seine 1787 erschienene Schrift: Blicke in die Geheimnisse der Natur=Weisheit. – Siehe Jacques Fabry: Kosmologie und Pneumatologie bei Jung-Stilling. Der “theosophische Versuch” und die “Blicke in die Geheimnisse der Naturweisheit”. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 2006, S. 49 ff. (Jung-Stilling-Studien, Bd. 4).

Siehe auch Hans-Bernd Spies: Johann Heinrich Jung-Stilling und Carl von Dalberg, in: Siegerland, Bd. 76 (1999), S. 125 (mit reichlichen [aber nicht immer genauen!] Literatur-Verweisen, auch auf neuere Veröffentlichungen) sowie auch die grösseren Zusammenhänge betrachtend Hans-Christof Kraus: Das Ende des alten Deutschlands. Krise und Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806. Berlin (Duncker & Humblot) 2006, S. 42 ff. (Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte, Bd. 37).

Das Grabmal von Bischof Dalberg befindet sich im Dom von Regensburg; siehe hierzu http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling, dort auf “Persönlichkeiten” gehen.

11 Bischof Karl von Dalberg nahm gemäss Artikel 4 der Rheinbunds-Akte vom 12. Juli 1806 den Titel “Fürst-Primas” (Prince-Primat) an. Es heisst dort im einzelnen: “Son A. S. l’Électeur Archichancelier prendra les titre de Pince-Primat et d’Altesse Éminentissime. Le titre de Prince-Primat n’emporte avec lui aucune prérogative contraire à la plénitude de la souveraineté, dont chacun des Confédérés doit jouir.”

Man warf Dalberg nach 1814 zu Unrecht vor, der französischen Fremdherrschaft gegenüber zu nachgiebig gewesen zu sein. Die Rheinbund-Fürsten freilich verstanden es, im Wiener Kongress der Jahre 1814/15 ihre von Napoléon verliehene Macht zu behaupten (so auch im besonderen der Grossherzog von Baden; siehe auch weiter oben zu Stéphanie de Beauharnais); kaum jemand schalt sie deswegen. Dalberg hingegen, als gewesener Fürst-Primas des Rheinbunds und Grossherzog von Frankfurt, blieb Unperson.

Schon in der Wiener Kongress-Akte vom 9. Juni 1815 musste ein entsprechender Text zum Schutze Dalbergs eingefügt werden. Artikel 45, Absatz 7 sagt: “Il est entendu, qu’en vertu de cet arrangement, toute prétention qui pourroit être élevée envers le Prince-Primat (gemeint ist Fürst-Primas Karl von Dalberg und sein ihm in Artikel 4 der Rheinbunds-Akte vom 12. Juli 1806 übertragener Titel [“Son A. S. l’Électeur Archichancelier prendra les titres de Pince-Primat et d’Altesse Eminentisseme”]) en Sa qualité de Grand-Duc de Francfort, sera éteinte, et qu’il ne pourra être inquiété par aucune réclamation de cette nature”.

12 Karl Friedrich von Baden (1728/1746–1811). Er hatte Jung-Stilling 1803 nach dessen Ausscheiden aus dem Lehramt an der Universität Marburg in seine Dienste geholt und war ihm ausserordentlich gewogen. — Siehe hierzu Max Geiger: Aufklärung und Erweckung. Beiträge zur Erforschung Johann Heinrich Jung-Stillings und der Erweckungstheologie. Zürich (EVZ-Verlag) 1963, S. 237 ff. (Basler Studien zur Historischen und Systematischen Theologie, Bd. 1), Gerhard Schwinge: Jung-Stilling als Erbauungsschriftsteller der Erweckung. Eine literatur- und frömmigkeitsgeschichtliche Untersuchung seiner periodischen Schriften 1795–1816 und ihres Umfelds. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 1994, S. 364 (Register, Stichwort “Karl Friedrich von Baden) (Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, Bd. 32) sowie derselbe: Jung-Stilling am Hofe Karl Friedrichs in Karlsruhe, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 135 (1987), S. 183 ff.

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Karl Friedrich (1728/1746-1811) galt in Karlsruhe gleichsam als Heiliger. Nachdem gelegentlich eines Trauergottesdienstes am 1. Juli 1811 der hochgelehrte katholische Stadtpfarrer und (seit 1805) Grossherzoglich Badische Geistliche Rat Dr. Thaddäus Anton Dereser (1757-1827) nicht in den übertriebenen Lobgesang für den Verstorbenen einstimmen wollte, sondern am Rande einer Predigt die teilweise rohe und schamlose Ausplünderung der katholischen Einrichtungen unter seiner Herrschaft beiläufig ansprach, musste er Karlsruhe unverzüglich verlassen.

Siehe zur Person von Dereser kurz die Broschüre von Joseph Gass: Der Exeget Dereser. Eine geschichtliche Studie. Strassburg (Le Roux) 1915 (mit einem Portrait von Dereser) sowie Franz Xaver Münch: Der äußere Lebensgang des Aufklärungstheologen Thaddäus Anton Dereser. Bonn (Dissertation der Katholisch-Theologischen Fakultät) 1929 (auszugsweise im Druck).

Siehe zu den unterdrückenden obrigkeitlichen Massnahmen gegen die katholische Kirche unter der Regierungsgewalt der badischen Grossherzöge näherhin (Franz Joseph Mone [1796-1871]): Die katholischen Zustände in Baden, 2 Bde. Mit urkundlichen Beilagen. Regensburg (Manz) 1841/1843 sowie Carl Bader: Die katholische Kirche im Großherzogthum Baden. Freiburg (Herder) 1860. – Sehr einseitig und unsachlich zur Predigt von Dereser auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und hrsg. von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen) 2002, S. 485.

Als Beispiel der bei Hofe zu Karlsruhe genehmen Trauerreden katholischer Geistlicher seien erwähnt –  Bernhard Boll: Trauerrede bey der kirchlichen Todten-Feyer seiner königlichen Hoheit Karl Friedrichs, Großherzogs zu Baden, Herzogs zu Zähringen, gehalten in der Haupt- und Münsterpfarrkirche zu Freyburg den 1. July 1811. Freiburg (Wagner) 1811 (der Zisterzienser und Münsterpfarrer zu Freiburg Bernhard Boll (1756-1836) wurde 1827 erster Erzbischof von Freiburg); –  [Gerhard Anton Holdermann]: Beschreibung der am 30ten Juny und 1ten July 1811 zu Ratsatt Statt gehabten Trauer-Feyerlichkeit nach dem Hintritte unsers (so!) höchstseligen Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Rastatt (Sprinzing) 1811. Holdermann (1772–1843) war katholischer Pfarrer zunächst in Heidelberg und bis 1829 in Rastatt.

Als elektronische Ressource im Rahmen der “Freiburger historischen Bestände–digitalisiert” ist einsehbar –  die in lateinischer Sprache vorgetragene, an Lobpreisungen überladen-theatralische Rede von Johann Kaspar Adam Ruef (1748-1825): JUSTA FUNEBRIA SERENISSIMO DUM VIVERET AC CELSISSIMO PRINCIPI DIVO CAROLO FRIDERICO MAGNO DUCI BADARUM … DIE 22 JULII 1811 IN TEMPLO ACADEMICO PIISSIMA ET GRATISSIMA MENTE PERSOLVENDA INDICIT JOANNES CASPARUS RUEF. Freiburg (Herder) 1811. – Ruef war Professor des katholischen Kirchenrechts an der Universität Freiburg, Oberbibliothekar und (wie Jung-Stilling seit 1806) Grossherzoglich Badischer Geheimer Hofrat. Gleichsam als Heiligen sehen den Verstorbenen –  Aloys Wilhelm Schreiber: Lebensbeschreibung Karl Friedrichs Großherzog von Baden, 1728–1811. Heidelberg (Engelmann) 1811 (Schreiber [1761–1841]) war seit 1805 Professor für Ästhetik in Heidelberg und ab 1813 bis zu seiner Pensionierung Hofgeschichtsschreiber in Karlsruhe)

Vgl. auch –  Gedächtnißreden bey dem Tode Sr. K. Hoheit des Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Gehalten von den Pfarrern der drey christlichen Confessionen zu Mannheim. Mannheim (Schwan) 1811 (Brochure), in der sich der reformierte, lutherische und katholische Geistliche an Lob auf den verstorbenen Karl Friedrich offenkundig überbieten.

Geradezu bescheiden wirken demgegenüber andere Predigten, wie etwa –  [Christian Emanuel Hauber]: Kurze Abschilderung Sr. Königlichen Hoheit Carl Friedrichs Grosherzogs (so!) von Baden. Karlsruhe (Macklot) 1811 (Brochure); –  Theodor Friedrich Volz: Gedächtnißpredigt auf den Höchstseeligen Großherzog von Baden Karl Friedrich, gehalten den 30. Junius 1811 in der Stadtkirche zu Karlsruhe. Karlsruhe (Müller) 1811 (Brochure). Volz [1759-1813]), in Jena 1778 bereits promoviert, bemüht sich erkennbar um die im Rahmen des Anlasses mögliche Sachlichkeit.

Aufgebläht, schwulstig und völlig kritiklos sind auch viele der zahlreichen Zentariums-Reden auf Karl Friedrich von Baden, wie –  Karl Joseph Beck: Rede bei der akademischen Feier des hundertsten Geburtsfestes des Hochseligen Großherzogs Karl Friedrich zu Baden … Gehalten von dem derzeitigen Prorector der Albert-Ludwigs-Hochschule. Freiburg im Breisgau (Wagner) 1828. Karl Joseph Beck (1794-1838) war Mediziner und Stifter des “Corps Rhenania” in Freiburg. Überspannt auch –  Friedrich Junker: Lobrede auf Carl Friedrich, ersten Großherzog von Baden. bei der Säcularfeier der Geburt des unvergleichlichen Fürsten den 22. November 1828 gesprochen in Mannheim / Mannheim (Schwan & Götz) 1829 (Brochure); Junker hatte sich als Interpret des Philosophen Epiktet sowie als Schriftausleger einen Namen gemacht. Geradezu als Inbegriff des heiligen Menschen stellt den badischen Herrscher dar –  Karl Wilhelm Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn: Gemälde über Karl Friedrich den Markgrafen, Kurfürsten und Großherzog von Baden. Ein Beitrag zur Säkular-Feier der Geburt des unvergeßlichen Fürsten Mannheim (Schwan und Götz) 1828 (Drais [1761–1851] ist der Erfinder des Fahrrads (Laufrads, “Draisine”); sein Vater war badischer Oberhofrichter und Karl Friedrich sein Taufpate).

Weithin unkritisch gegenüber den augenfälligen Schattenseiten der Regierung von Karl Friedrich neuerdings auch Annette Borchardt-Wenzel: Karl Friedrich von Baden. Mensch und Legende. Gernsbach (Katz) 2006. – Auch Gerald Maria Landgraf (Moderate und prudenter. Studien zur aufgeklärten Reformpolitik Karl Friedrichs von Baden [1728-1811] Dissertation an der Universität Regensburg 2008; im Internet abrufbar) hat für die Ausplünderung der Klöster unter Karl Friedrich und das damit einhergehende Leid vieler Menschen keinen einzigen Satz übrig.

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13 Hofrat Professor Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817), der Weltweisheit (= Philosophie) und Arzneikunde (= Medizin) Doktor. Dieser wurde in letzte Zeit wiederholt auf Erden gesehen. – Siehe die entsprechenden Erscheinungsberichte aufgezählt bei Gotthold Untermschloss: Vom Handeln im Diesseits und von Wesen im Jenseits. Johann Heinrich Jung-Stilling gibt Antwort. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, S. 97 f., als Download-File unter der Adresse <http://www.uni-siegen.de/fb5/merk/stilling> abrufbar.

Siehe auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte. Vollständige Ausgabe, mit Anmerkungen hrsg. von Gustav Adolf Benrath, 3. Aufl. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 1992. – Die “Lebensgeschichte” erschien in vielen Ausgaben. Jedoch genügt nur die von Gustav Adolf Benrath besorgte Version den Anforderungen sowohl des Lesers (grosser Druck, erklärende Noten, Register) als auch des Wissenschaftlers (bereinigter Original-Text; wichtige Dokumente zur Lebensgeschichte) — In kürzerer Form orientiert über das Leben von Jung-Stilling auch Gerhard Merk: Jung-Stilling. Ein Umriß seines Lebens. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1989, und mehr die innere Entwicklung beschreibt Otto W. Hahn: “Selig sind, die das Heimweh haben”. Johann Heinrich Jung-Stilling: Patriarch der Erweckung. Giessen, Basel (Brunnen) 1999 (Geistliche Klassiker, Bd. 4.)

Jung-Stilling erhielt als Professor für ökonomische Wissenschaften an der Universität Heidelberg durch Erlass seines Landesherrn, des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern (1724/1742-1799) vom 31. März 1785 die Ernennung zum “Kurpfälzischen Hofrat”. Ihm hatte er auch seine an der Universität Strassburg angefertigte medizinische Doktorarbeit gewidmet und auch persönlich im März 1772 bei Hofe zu Mannheim überreicht.

Das mit dem Hofrats-Titel verbundene gesellschaftliche Ansehen war zu jener Zeit beträchtlich. Es gewährte dem Träger manche Bevorzugungen, so auch (was Jung-Stilling als reisenden Augenarzt ganz besonders zum Vorteil gereichte) an Posten, Schildwachen, Schlagbäumen, Stadttoren, Fähren, Übergängen, Brücken sowie an den damals auch innerlands zahlreichen Post-, Maut- und Grenzstationen.

Der Friedensvertrag von Campo Formio (7 km südwestlich von Udine in Venetien) vom 17. Oktober 1797 zwischen Napoléon und Kaiser Franz II., bestimmte in Artikel 20 den Rhein als die Staatsgrenze zwischen Frankreich und Deutschland. Dies wurde im Frieden von Lunéville (südöstlich von Nanzig [französisch: Nancy] gelegen; ehemalige Residenz der Herzöge von Lothringen) am 9. Februar 1801 bestätigt.

In Artikel 6 heisst es genauer: “S. M. l’Empereur et Roi, tant en Son nom qu’en celui de l’Empire Germanique, consent à ce que la République française possède désormais (= von nun an) en toute souveraineté et propriété, les pays et domaines situés à la rive gauche du Rhin, … le Thalweg (= die Fahrrinne für die Schiffart) du Rhin soit désormais la limite entre la République française et l’Empire Germanique, savoir (= und zwar) depuis l’endroit (= von der Stelle an) où le Rhin quitte le territoire helvétique, jusqu’à celui où il entre dans le territoire batave.”

Eine ausserordentliche Reichsdeputation, eingesetzt am 7. November 1801, beriet daraufhin zu Regensburg (seit 1663 der Tagungsort des Immerwährenden Reichstags) über die Entschädigung an deutsche Fürsten, die (links der neuen Staatsgrenze zu Frankreich gelegene) Gebiete an Frankreich abtreten mussten.

Durch besondere günstige Umstände (späterhin traten auch noch verwandtschaftliche Beziehungen mit Frankreich hinzu: sein Enkel und Thronfolger Karl [1786/1811–1818] heiratete am 7./8. April 1806 zu Paris Stéphanie Louise Adrienne de Beauharnais [1789–1860], die knapp 17jährige Adoptivtochter von Napoléon Bonaparte, dem Kaiser der Franzosen) vergrösserte Karl Friedrich von Baden (1728/1746–1811) bei dieser Gelegenheit sein Gebiet um mehr das Vierfache; die Bevölkerung seines Landes stieg von 175 000 auf fast 1 Million Bewohner. Die pfälzische Kurwürde ging auf ihn über; Karl Friedrich wurde damit 1803 vom Markgrafen zum Kurfürsten erhoben. – Wenig später rückte er durch den Rheinbundvertrag vom 12. Juli 1806 nach Artikel 5 gar zum Grossherzog mit dem Titel “Königliche Hoheit” auf (die 1818 zur Witwe gewordene Grossherzogin Stéphanie nahm übrigens später wieder den Titel “Kaiserliche Hoheit“ an).

Mit dem in Verfolg dessen geschehenen Übergang der rechtsrheinischen Gebiete der Kurpfalz (so auch der alten Residenz- und Universitätsstadt Heidelberg, der neuen [seit 1720] Residenzstadt Mannheim [mit dem grössten Barockschloss in Deutschland] und der Sommerresidenz Schwetzingen [mit dem kurfürstlichen Lustschloss samt 76 Hektar grossen Schlossgarten, Moschee, Badehaus und Theater]) an das Haus Baden durch den Regensburger Reichsdeputationsschluss vom 25. Februar 1803 wurde gemäss § 59, Abs. 1 (“Unabgekürzter lebenslänglicher Fortgenuß des bisherigen Rangs”) der “kurpfälzische” Hofrat DE JURE PUBLICO automatisch nunmehr zum “badischen” Hofrat.

Im April des Jahres 1808 wird Jung-Stilling dann als Berater des Grossherzogs Karl Friedrich in Karlsruhe (“ohne mein Suchen”, wie er selbst hervorhebt) zum “Geheimen Hofrat in Geistlichen Sachen” ernannt. – Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Briefe. Ausgewählt und herausgegeben von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen Verlag) 2002, S. 404.

Beim Eintritt von Jung-Stilling in den Himmel kommt ihm Karl Friedrich von Baden freudig entgegen und heisst ihn in der Seligkeit als Bruder herzlich willkommen. – Siehe hierzu und überhaupt zum Übergang von Jung-Stilling in das Jenseits des näheren (unbekannte Verfasserin): Sieg des Getreuen. Eine Blüthe hingeweht auf das ferne Grab meines unvergeßlichen väterlichen Freundes Jung=Stilling. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1820, S. 27.

Jung-Stilling stand nach seinem, infolge ungünstiger Umstände aus eigener Initiative gewählten Abschied von der Universität Marburg ab 1803 im Dienste des Hauses Baden. Karl Friedrich besoldete ihn; von der Universität Marburg bzw. von der Regierung in Kassel erhielt Jung-Stilling kein Ruhegehalt. Auf Wunsch seines Gönners Karl Friedrich sollte er sich ganz der religiösen Schriftstellerei und der Bedienung der Augenkranken widmen.

Bei nachtodlichen Erscheinungen wird Jung-Stilling gewöhnlich mit “Herr Hofrat” angeredet, seltener mit “Herr Geheimrat”; siehe die in Anmerkung 1 genannten Berichte. Auch Siona, Schutzengel von Jung-Stilling, nennt diesen Dritten gegenüber “Hofrat Jung”. – Der Titel ist hier gleichsam als ein fester Bestandteil des Namens (ADJUNCTIO NOMINIS, wie etwa “Apostel Paulus” oder “Kaiser Karl”) zu verstehen, und n i c h t als ehrenvolle Benennung (TITULUS HONORIS, wie er zu Lebzeiten Jung-Stillings mit der Verleihung beabsichtigt war).

“Stilling” ist ein individueller Beiname (APPELLATIO PROPRIA; der Sinn dieser Namenszulegung ist beinebens bis heute noch nicht eindeutig und befriedigend erklärt) und wirkt sehr vertraulich. – “Ohephiah” (= der GOtt liebt) ist der Name von Jung-Stilling in der Seligkeit; siehe (Christian Gottlob Barth): Stillings Siegesfeyer. Eine Scene aus der Geisterwelt. Seinen Freunden und Verehrern. Stuttgart (Steinkopf) 1817.

14 Jung-Stilling schätzte den breit gebildeten, weit gereisten und toleranten Karl Theodor von Dalberg ausserordentlich und widmete ihm auch seine 1787 erschienene Schrift: Blicke in die Geheimnisse der Natur=Weisheit; siehe dazu Jacques Fabry: Kosmologie und Pneumatologie bei Jung-Stilling. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 2006, insbes. S. 101 ff. (Jung-Stilling-Studien, Bd. 4).

Siehe auch die Literaturzusammenstellung der Schriften Dalbergs sowie über ihn bei Manfred Brandl: Die deutschen katholischen Theologen der Neuzeit, Bd. 2: Aufklärung. Salzburg (Neugebauer) 1978, S. 37 f. sowie neuerdings Hans-Bernd Spies: Johann Heinrich Jung-Stilling und Carl von Dalberg, in: Siegerland, Bd. 76 (1999), S. 125 ff. (mit reichlichen Literatur-Verweisen).

15 Bekenner = in der katholischen Kirche Titel aller männlicher Heiliger, die nicht Märtyrer sind.

 

With broken heart and contrite sigh,
A trembling sinner, LOrd I cry:
Thy pardoning grace is rich and free;
O GOd, be merciful to me.

I smite upon my troubled breast,
With deep and conscious guilt opprest,
CHrist and HIs cross my only plea;
O GOd, be merciful to me.

Cornelius Elven, 1852

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