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Prof. Dr. Gerhard Merk, Dipl.rer.pol., Dipl.rer.oec.

Abhandlungen über Johann Heinrich Jung-Stilling

Nachtodliche Belehrungen zur Ökonomik

Nachtodliche Belehrungen zu Persönlichkeiten

Nachtodliche Belehrungen zur Philosophie

Nachtodliche Belehrungen zur Theologie

Nachtodliche Belehrungen zu verschiedenen Themen

 

Errettung aus Geldnot

ERRETTUNG AUS GELDNOT

dank der entgegenkommenden Hülfe aus dem Jenseits von

Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817),

der Weltweisheit und Arzneikunde Doktor,

seit 1784 Kurpfälzischer, durch Rechtsübergang ab 1803 Badischer Hofrat, durch Verleihung ab 18o8 Grossherzoglich Badischer Geheimer Hofrat

Lebzeitig zuletzt Professor für ökonomische Wissenschaften an der Universität Marburg/Lahn, dortselbst auch Lehrbeauftragter für operative Augenheilkunde an der Medizinischen Fakultät; davor Professor für angewandte Ökonomik – mit Ein-schluss der Tiermedizin – an der Universität Heidelberg und vorher in gleicher Be-stellung an der Kameral Hohen Schule zu Kaiserslautern,

ehedem Gründungsmitglied der Geschlossenen Lesegesellschaft zu Elberfeld, dort-selbst auch Arzt für Allgemeinmedizin, Geburtshilfe, Augenheilkunde und staatlich bestellter Brunnenarzt sowie Lehrender in Physiologie; der Kurpfälzischen Ökonomi-schen Gesellschaft in Heidelberg, der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft in Mannheim, der Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste in Kassel, der Leipziger ökonomischen Sozietät sowie auch der erlauchten Loge “Karl August zu den drei flammenden Herzen” in Kaiserslautern Mitglied.


So berichtet, wie es geschehen ist, und gemeinen Nutzens zu Gut ins Inter-net gestellt, alle Leser dabei gÖttlicher Verwahrung und getreulichen engli-schen Schutzes wärmstens empfehlend,

von

Christlieb Himmelfroh

zu Lichthausen, Grafschaft Leisenburg*

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Markus-Gilde, Siegen 2009

Leicht veränderte Online-Fassung aus dem Buch “Jung-Stilling belehrt”, erschienen 1991 im AK Verlag Kirchhundem. – Copyright-Inhaber ist die Markus-Gilde, Siegen (Deutschland). Die gewerbliche Verwertung des Textes bedarf der schriftlichen Einwilligung der löblichen Markus-Gilde.

info@jung-stilling-gesellschaft.de

Himmlische Mächte gleichen das Konto aus

Mein Konto überzogen war
Gerade erst ein knappes Jahr:
Schon schrieb die Bank mir einen Brief.
Ich sei in Schulden ziemlich tief;
Die Aussicht schätze man gering,
Dass ich als frommer Dichterling
Verkaufe noch in dieser Welt,
Was ich gereimt, jemals für Geld.

Man bitte daher dringend mich,
Dass Dienstag möge kommen ich
Zur Bank, Ressort Kredit-Kontrolle,
Zu klären, wie ich tilgen wolle.
Man zählte bei mich unumwunden
Der Konten-Gruppe “faule Kunden”!

 

Beschämender Gang zur Bank

Der Dienstag kam. Ich ging zur Bank,
Vor Scham und Furcht war ich halb krank.
Man hatte mich bestellt auf drei;
Ich kam früh an, schon kurz nach zwei.

Damit nicht Unrast mich befalle,
Trat ein ich in die Schalterhalle.
Dort herrschte Treiben und Verkehr:
Es standen Leute ringsumher
Vor Schaltern und bei Automaten,
An Sichtgeräten und auch für Daten,
Die Kurse zeigten ständig an,
Wohl auch Reklame dann und wann.

Rechts seitwärts, schräg in einer Nische,
Befand sich eine Anzahl Tische,
Damit die Kundschaft schreiben könne,
Vielleicht sich auch Erholung gönne.

Beschäftigt um zehn Menschen waren
Mit irgendwelchen Formularen.
Ein Fräulein sass am Aussenplatz
Und sah verliebt zu ihrem Schatz,
Der grad an einem Schalter stand
Mit einem Vordruck in der Hand.

 

Siona befindet sich in der Schalterhalle und übergibt Geld

Mit meinen Augen ich ermass,
Wer sonst noch auf den Stühlen sass.
Da fiel mir plötzlich in den Blick
Ein Herr, gekleidet fein und schick.
Als näher ich ihn mir besah,
Erkannte ich Geist Siona!1
Still schmunzelnd schaute er mich an
Und winkte mich zu sich heran.

“Herr Christlieb”, sagte Siona,
“Im Jenseits weiss man, was geschah:
Dass dieser Bank viel Geld ihr schuldet,
Auch welchen Gram ihr drum erduldet,
Obgleich ihr doch so fleissig wart
Und jeden Cent mit Umsicht spart.

Dies Hofrat Jung2 ging zu Gemüte.
Er sendet drum in dieser Tüte
Dreihundert Tausend-Dollarnoten
Durch mich als seinen treuen Boten.

Tauscht diese ein an Schalter zwei.
Der Euro-Wert gebucht dann sei
Auf euer Giro-Konto hier:
Es überweise der Kassier
Das Geld sogleich; doch nehmt auch mit
Die Quittung zum Ressort Kredit.

Herr Hofrat Jung euch grüssen lässt:
Er steht zu euch im Jenseits fest.
Auch fühlt er eurem Gram wohl mit,
Weil nieden er oft ähnlich litt.3

Die Tüte reichte Siona
Bei diesen Worten mir nun da.
Als just ihm wollte danken ich,
Der Engel aus dem Blicke wich:
Urplötzlich war Siona weg;
Dort wo er sass, war leer der Fleck;
Ich sah nur noch ein fahles Flimmern,
Das rasch jedoch war am Verschimmern.
Auch lag noch deutlich in der Luft
Ein süsslich-feiner, zarter Duft. —

 

Dreihunderttausend Doller werden eingewechselt

Bei soviel Tausend-Dollarnoten,
Schien Vorsicht dem Kassier geboten.
Er schloss den Schalter, schritt nach hinten,
Um erst darüber zu befinden,
Ob denn auch alle Scheine echt:
Die Prüfung schien mir wohl zurecht.

Er kam zurück nach langer Zeit,
Zu fragen höflich um Bescheid:
Wie ich das Geld denn haben wolle?
Ich bat, dass er es buchen solle
Aufs Konto hier in diesem Haus;
Die Nummer weiss ich frei heraus.

Ich nahm den Einzahlungs-Beleg
Und machte gleich mich auf den Weg
Zum Pförtner, der zur Seite sass
In einem Kasten halb aus Glas.
Ihm legte vor ich jenen Brief,
Mit dem man mich hierher berief.

Er wies zum nahen Aufzug mich;
In ihm zum vierten Stock fuhr ich.
Den angegebnen Raum ich fand.
An dessen Tür geschrieben stand:
Es werde jedermann gebeten,
Nur durch den Vorraum einzutreten.
Ich folgte dem und drum betrat
Zunächst das Sekretariat.

 

Sehr ungastlicher Empfang im Geschäftsbereich zahlungsunfähige Kreditnehmer

Die Frau, die am Computer sass,
Mit zugeneigtem Blick mich mass.
Doch als sie meinen Namen hörte,
Auf einmal nun sie sich empörte.
So: ich sei dieser Vers-Schmierant
Als Schuldenmacher aktsbekannt!?!
Ihr Chef schon lange freue sich,
Hier in der Bank zu treffen mich.

War diese Dame nun schon harsch:
Ihr Chef benahm grob und barsch.
Ich musste vor dem Schreibtisch stehen.
Er liess es sich jetzt nicht entgehen,
Mir vorzulegen manche Bogen,
Die hielten fest, wann überzogen
Mein Konto war in letzten Jahren,
Und ich kam in das Mahnverfahren.

Die Bank sich fühle sorgenfrei,
Wenn ich nicht mehr ihr Kunde sei.
Mein Konto drum sei aufgehoben!
Den Schuldbetrag sollt ich geloben
In vierzehn Tagen zu begleichen.
Man wüsste wohl es zu erreichen,
Dass sonst man gegen mich verficht
Betrugsanklage vor Gericht.
Es habe dies die Direktion
Verfügt im letzten Monat schon.

Die Schelte traf mich ziemlich hart,
Zumal es mir verständlich ward,
Dass hatte diese Bank bisher
Viel Ärger, da mein Konto leer.
Zerknirscht stand vor dem Schreibtisch ich;
Doch fand zurück allmählich mich
Aus meiner tief empfundnen Scham;
Das Wort ganz zaghaft ich nun nahm.

 

Zusage meinerseits, das Konto nicht wieder zu überziehen

“Ich weiss, dass ihnen viel Verdruss
Die Kontoführung machen muss,
Wenn laufend ich in Schulden stehe;
Ich durchaus ihren Standpunkt sehe.

Dass künftig ich mein Konto nie
Um einen Cent nur überzieh,
Verpflichte ich vertraglich mich:
Von nun im Soll befinden sich
Zumindest tausend Euro immer:
Ins Debet kommt das Konto nimmer!

Ich habe einbezahlt drum grad,
Weit mehr als zehnfach den Betrag.
Hier ist die Quittung ihrer Kasse;
Ich gern sie für die Akten lasse!”

Der Chef blickt auf zu mir mit Hohn,
Greift zweifelnd gleich zum Telefon
Und fragt, ob denn gegeben mir
Die Quittung eben der Kassier?
Er hörte, dass ich habe recht:
Der Einzahlungs-Beleg sei echt!

 

Plötzlicher Stimmungs-Umschwung

Er legt den Hörer auf im Nu,
Saust hoch, knöpft sich die Jacke zu,
Verbeugt sich, rasch zur Seite springt:
Gefällig einen Stuhl er bringt.
Er ruft dann durch die Sprechanlage:
Man schleunigst dafür Sorge trage,
Dass hier bei ihm den Tisch man deck:
Serviere Kaffee und Gebäck.

Kaum zehn Sekunden später schon
Tritt jene Dame in Aktion,
Die eben mich noch “Vers-Schmierant”
Und “Schuldenmacher” schroff genannt.
Vermutlich hat sie mitbekommen,
Was just ihr Chef von mir vernommen:
Dass meine Schulden glattgestellt,
Ja, gar ich schwimme nun in Geld.

Die beiden überbieten sich
Im Schmeicheln und becircen mich:
Ich sei ein Dichter, dessen Werke
Verstand, Gemüt und Sinne stärke:
Sie zählten stets zur Gruppe derer,
Die meine heissesten Verehrer;
Ob ihnen ich die Ehre gönne:
Zur Dichterlesung kommen könne,
Wenn nächsten Monat Feier sei?
Das gäbe dieser erst die Weih’.

Es ging so fast drei Viertelstunden,
Bis endlich sie zum Schluss gefunden.
Es mochte nun der Chef nicht leiden,
Mich bloss zu Lift hin zum begleiten:
Er fuhr auch noch herab mit mir,
Dass ja den Weg ich nicht verlier.
Erneut bedeckt mit Artigkeiten,
Konnt endlich ich nun fürbass schreiten.

 

Engel Siona zeigt sich erfreut

Im Kopf zwar noch der Beiden Phrasen,
Schritt ich erleichtert durch die Strassen.
Am Marktplatz abermals ich sah
Von weitem Engel Siona.1

Ich drehte meinen Kopf zur Seite,
Damit ich diesmal ihm entgleite.
Doch Siona kam auf mich zu,
War neben mir auch schon im Nu.

“Ihr habt Herrn Hofrat Jung gelabt,
Da ihr von eurem Gelde gabt
Den Grossteil gleich für die Mission,
Die Basel ziert vor GOttes Thron;4

Missionsdienst gleicht so wohl auch aus,
Was einst geschah an Schreck und Graus
In frevelhaftem Übermut,
Erbostheit, Raserei und Wut
Zu Basel als dem Hauptstadt-Lager
Der ungebärdigen Rauraker.5

Auf Liebesgaben ruht viel Segen:
Man wird euch mehr Geld bald noch geben.”
Kaum dass die Worte er gefunden,
War Siona auch schon verschwunden.

Der Engel hatte recht: ich trat
Die Hälfte ab gleich in der Tat
Für diesen Zweck, den nannte er;
Es liegt Mission am Herz mir sehr
Doch als ich solches renkte ein,
War ganz ich mit dem Chef allein.
Woher dies Siona erfuhr?
Wie kam zu Hofrat Jung es nur?

Doch wichtig ist: ich habe Geld,
Vom Engel mir bereitgestellt.
Ich danke dafür Hofrat Jung:
Ihm bring’ ich meine Huldigung;
Mehr noch dem Himmel, der liess zu,
Dass Stilling mir hier Gutes tu.

Damit auch alle Stillings-Treuen
Mit mir vermögen sich zu freuen,
Gab ein ich den Bericht komplett
Des nächstens Tags ins Internet.

Natürlich werden welche knurren,
Und andere vernehmbar murren,
Weil es nach deren Vorurteil
Nicht sein darf, dass je wird zuteil
Den Menschen nieden eine Kunde
Aus eines Jenseits-Wesens Munde.

Die Armen ach! Sie sind verrannt
In ihren Herzen und Verstand
Ins Diesseits bloss und daher blind
Für das, was Geister wohlgesinnt
Die Erdenbürger lassen wissen:
Sie leugnen solches starr verbissen.

Euch fleh ich an: seht doch auch ein,
Dass jemand mag umgeben sein
Von Geisteswesen, die ihn lehren,
Mit Jenseitsbotschaft reichlich nähren.

Dämmt ein das böse Holdrio:
Drum bittet Christlieb Himmelfroh.

Anmerkungen, Hinweise und Quellen

* Grafschaft Leisenburg = bei Jung-Stilling das ehemalige Fürstentum Nassau-Siegen (mit der Hauptstadt Siegen; heute Universitätsstadt mit etwa 110 000 Einwohner); –  von 1743 an durch Erbgang Teil der Nassau-Oranischen Lande (mit Regierungssitz in Dillenburg, heute Stadt im Bundesland Hessen), –  im Zuge der territorialen Neuord-nung Europas im Wiener Kongress ab 1815 Bezirk in der preussischen Provinz Westfa-len (mit der Provinzhauptstadt Münster); –  nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1946 bis heute Bestandteil im Kreis Siegen-Wittgenstein des Regierungsbezirks Arnsberg im Bundesland Nordrhein-Westfalen in der Bundesrepublik Deutschland (mit der Landes-hauptstadt Düsseldorf).

Siehe Karl Friedrich Schenck: Statistik des vormaligen Fürstenthums Siegen. Siegen (Vorländer) 1820, Reprint Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1981 sowie Theodor Kraus: Das Siegerland. Ein Industriegebiet im Rheinischen Schiefergebirge, 2. Aufl. Bad Godesberg (Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung) 1969 (Standardwerk mit vielen Karten, Übersichten und Rückblenden auf den Entwick-lungsverlauf; leider jedoch auch in der Zweiauflage ohne Register).

Lichthausen = bei Jung-Stilling die bis Ende 1968 selbständige, durch den Berg-bau geprägte Gemeinde Littfeld im vormaligen Fürstentum Nassau-Siegen; seitdem Teil der Stadt Kreuztal im Kreis Siegen-Wittgenstein. Aus Littfeld kam die Mutter Johanna Dorothea Fischer (1717-1742) von Jung-Stilling; dort wirkte auch sein Patenonkel Jo-hann Heinrich Jung. – Siehe zu dieser herausragenden Persönlichkeit Gerhard Merk: Oberbergmeister Johann Heinrich Jung (1711-1786). Ein Lebensbild. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1989.

Im wirtschaftsgeschichtlich in vieler Hinsicht bemerkenswerten Siegerland ist der hochintelligente und vielseitig begabte Jung-Stilling (siehe Anmerkung 2) geboren, he-rangewachsen und dort hat auch seine ersten beruflichen Erfahrungen als Köhlergehil-fe, Schneider, Knopfmacher, Vermessungs-Assistent, Landarbeiter und Schullehrer ge-sammelt.

1 Schutzengel von Johann Heinrich Jung-Stilling. Er zeigte sich diesem zu dessen ir-discher Zeit, nahm ihn von dort ins Jenseits mit und schrieb auch für ihn. – Siehe Hein-rich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich, 7. Aufl. Bietigheim (Karl Rohm Verlag) 1999, S. 220 ff. (S. 279: “Siona hat mir Lavaters Verklärung in die Feder diktiert”).

Der Name Siona bedeutet letztlich “die Himmlische” (siehe die genauere, weit-läufige Erklärung dieses Namens bei Philipp Paul Merz: Onomasticon Biblicum. Augs-burg [Martin Veith] 1738, S. 1161 ff.); und Jung-Stilling fasst den Engel als weiblich auf.

Er spricht Siona an als –  “unaussprechlich erhabene Tochter der Ewigkeit” (Szenen aus dem Geisterreich, S. 219), –  “göttliche Freundin” (ebenda, S. 223), dankt der –  “erhabenen Dolmetscherin” (ebenda, S. 241), die ihm –  oft ungesehen als Engel immer liebvoll zur Seite ist” (Johann Heinrich Jung-Stilling: Chrysäon oder das goldene Zeitalter in vier Gesängen. Nürnberg [Raw’sche Buchhandlung] 1818, 1. Ge-sang, Versabschnitt 3), –  den Gedankengang leitet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 282), aber –  auch vom Jenseits berichtet (Szenen aus dem Geisterreich, S. 308) und –  Jung-Stilling (der im Chrysäon Selmar heisst) auf einer “Himmels-Leiter” zum Se-hen führt (Chrysäon, Prolog, Versabschnitt 2; siehe auch Versabschnitt 8) sowie –  zu seiner verstorbenen Tochter Elisabeth (Lisette, 1786-1802) und zu deren Mutter (Jung-Stillings zweiter Ehefrau Selma von St. George, 1760-1790) geleitet (Chrysäon, 4. Ge-sang, Versabschnitt 2 ff.), –  ihn aber auch von himmlischen Höhen “in müdes Welt-gewühle” zurückbringt (Chrysäon, 3. Gesang, Versabschnitt 87).

Siehe zum Verständnis der Engel im religiösen Denken von Jung-Stilling auch Jung-Stilling-Lexikon Religion. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1988, S. XX f., S. 30 ff. sowie Gotthold Untermschloß: Vom Handeln im Diesseits und von Wesen im Jen-seits. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1995, S. 16 ff.; als Download-File unter <http://www.uni-siegen.de/merk/stilling> abrufbar — Vgl. zum Grundsätzlichen auch Paola Giovetti: Engel, die unsichtbaren Helfer der Menschen, 8. Aufl. Kreuzlingen, München (Hugendubel) 2003 sowie im Internet die Adresse <http://www.himmelsboten.de>

2 Hofrat Professor Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817), der Weltweisheit (= Philosophie) und Arzneikunde (= Medizin) Doktor. Dieser wurde in letzte Zeit wiederholt auf Erden gesehen. – Siehe die entsprechenden Erscheinungsberichte aufgezählt bei Gotthold Untermschloß: Vom Handeln im Diesseits und von Wesen im Jenseits. Johann Heinrich Jung-Stilling gibt Antwort (Anm. 1), S. 97 f.

Siehe auch Johann Heinrich Jung-Stilling: Lebensgeschichte. Vollständige Aus-gabe, mit Anmerkungen hrsg. von Gustav Adolf Benrath, 3. Aufl. Darmstadt (Wissen-schaftliche Buchgesellschaft) 1992. – Die “Lebensgeschichte” erschien in vielen Aus-gaben. Jedoch genügt nur die von Gustav Adolf Benrath besorgte Version den Anforde-rungen sowohl des Lesers (großer Druck, erklärende Noten, Register) als auch des Wissenschaftlers (bereinigter Original-Text; wichtige Dokumente zur Lebensgeschichte) — In kürzerer Form orientiert über das Leben von Jung-Stilling auch Gerhard Merk: Jung-Stilling. ein Umriß seines Lebens. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1989; und mehr die innere Entwicklung schildert, tief nachfühlend, Otto. W. Hahn: “Selig, die das Heimweh haben”. Johann Heinrich Jung-Stilling: Patriarch der Erweckung. Gies-sen, Basel (Brunnen) 1999 (Geistliche Klassiker, Bd.4).

Das mit dem der Verleihung des Hofrats-Titels 1784 verbundene gesellschaftli-che Ansehen war zu jener Zeit beträchtlich. Es gewährte dem Träger manche Begüns-tigungen, so auch (was Jung-Stilling als reisenden Augenarzt ganz besonders zum Vor-teil gereichte) an Posten, Schildwachen, Stadttoren, Überfuhren, Brücken, Fähren so-wie an den zu jener Zeit auch innerlands zahlreichen Schlagbäumen, Post-, Maut- und Grenzstationen.

Der Friedensvertrag von Campo Formio (7 km südwestlich von Udine in Vene-tien) vom 17. Oktober 1797 zwischen Napoléon und Kaiser Franz II., bestimmte in Arti-kel 20 den Rhein als die Staatsgrenze zwischen Frankreich und Deutschland. Dies wurde im Frieden von Lunéville (südöstlich von Nanzig [französisch: Nancy] gelegen; ehemalige Residenz der Herzöge von Lothringen) am 9. Februar 1801 bestätigt.

In Artikel 6 heisst es genauer: “S. M. l’Empereur et Roi, tant en Son nom qu’en celui de l’Empire Germanique, consent à ce que la République française possède désormais (= von nun an) en toute souveraineté et propriété, les pays et domaines situés à la rive gauche du Rhin, … le Thalweg (= die Fahr-Rinne für die Schiffahrt) du Rhin soit désormais la limite entre la République française et l’Empire Germanique, savoir (= und zwar) depuis l’endroit (= von der Stelle an) où le Rhin quitte le territoire helvétique, jusqu’à celui où il entre dans le territoire batave.”

Eine ausserordentliche Reichsdeputation, eingesetzt am 7. November 1801, be-riet daraufhin zu Regensburg (seit 1663 der Tagungsort des Immerwährenden Reichs-tags) über die Entschädigung an deutsche Fürsten, die (links der neuen Staatsgrenze zu Frankreich gelegene) Gebiete an Frankreich abtreten mussten.

Durch besondere günstige Umstände (verwandtschaftliche Beziehungen zu Frankreich: sein Enkel Karl [1786/1811–1818] heiratete im April 1806 Stéphanie de Beauharnais [1789–1860], die 17jährige Adoptivtochter von Napoléon Bonaparte) ver-grösserte Karl Friedrich von Baden (1728/1746–1811) bei dieser Gelegenheit sein Ge-biet um mehr das Vierfache; die Wohnbevölkerung stieg von ungefähr 175 000 auf na-hezu 1 Million. Die pfälzische Kurwürde ging auf ihn über; Karl Friedrich wurde damit 1803 vom Markgrafen zum Kurfürsten erhoben. – Wenig später rückte er durch den Rheinbundvertrag vom 12. Juli 1806 nach Artikel 5 gar zum Grossherzog mit dem Titel “Königliche Hoheit” auf.

Mit dem Besitzwechsel der rechtsrheinischen Gebiete der Kurpfalz (so auch der alten Residenz- und Universitätsstadt Heidelberg, der neuen [seit 1720] Residenzstadt Mannheim [mit dem grössten Barockschloss in Deutschland] und der Sommerresidenz Schwetzingen [mit dem kurfürstlichen Lustschloss samt 76 Hektar grossen Schlossgar-ten, Moschee, Badehaus und Theater]) an das Haus Baden durch den Regensburger Reichsdeputations-Hauptschluss vom 25. Februar 1803 wurde gemäss § 59, Abs. 1 (“Unabgekürzter lebenslänglicher Fortgenuß des bisherigen Rangs”) der “kurpfälzische” Hofrat nunmehr DE JURE PUBLICO automatisch zum “badischen” Hofrat.

Anfang April des Jahres 1808 wird Jung-Stilling dann als persönlicher Berater des Grossherzogs von Baden (“ohne mein Suchen”, wie er selbst betont) zum “Gehei-men Hofrat in Geistlichen Sachen” ernannt. – Siehe Johann Heinrich Jung-Stilling: Brie-fe. Ausgewählt und herausgegeben von Gerhard Schwinge. Giessen, Basel (Brunnen Verlag) 2002, S. 404.

Beim Eintritt von Jung-Stilling in den Himmel kommt ihm Karl Friedrich von Ba-den freudig entgegen und heisst ihn in der Seligkeit als Bruder herzlich willkommen. – Siehe hierzu und überhaupt zum Übergang von Jung-Stilling in das Jenseits des nähe-ren (unbekannte Verfasserin): Sieg des Getreuen. Eine Blüthe hingeweht auf das ferne Grab meines unvergesslichen väterlichen Freundes Jung=Stilling. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1820, S. 27.

Jung-Stilling stand nach seinem, aus eigener Entscheidung gewählten Abschied von der Universität Marburg ab 1803 im Dienste des Hauses Baden. – Siehe hierzu Gerhard Schwinge: Jung-Stilling am Hofe Karl Friedrichs in Karlsruhe, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins, Bd. 135 (1987), S. 183 ff., Gerhard Schwinge: Jung-Stilling als Erbauungsschriftsteller der Erweckung. Eine literatur- und frömmigkeitsgeschichtli-che Untersuchung seiner periodischen Schriften 1795-1816 und ihres Umfelds. Göttin-gen (Vandenhoeck & Ruprecht) 1994, S. 219 ff. (Arbeiten zur Geschichte des Pietis-mus, Bd. 32) sowie zum Verhältnis zwischen beiden Persönlichkeiten auch Max Geiger: Aufklärung und Erweckung. Beiträge zur Erforschung Johann Heinrich Jung-Stillings und der Erweckungstheologie. Zürich (EVZ-Verlag) 1963, S. 237 ff. (Basler Studien zur Historischen und Systematischen Theologie, Bd. 1).

Bei nachtodlichen Erscheinungen wird Jung-Stilling gewöhnlich mit “Herr Hofrat” angeredet, seltener mit “Herr Geheimrat”; siehe die in Anmerkung 2c genannten Berich-te. Auch Siona, Schutzengel von Jung-Stilling, nennt diesen Dritten gegenüber “Hofrat Jung”. – Der Titel ist hier gleichsam als ein fester Bestandteil des Namens (ADJUNCTIO NOMINIS, wie etwa “Apostel Paulus” oder “Kaiser Karl”) zu verstehen, und n i c h t als ehrenvolle Benennung (TITULUS HONORIS, wie er zu Lebzeiten Jung-Stillings mit der Ver-leihung beabsichtigt war).

“Stilling” (= ein friedfertiger, verträglicher Mensch) ist ein individueller Beiname (APPELLATIO PROPRIA; der Sinn dieser Namenszulegung ist beinebens bis heute noch nicht eindeutig und befriedigend erklärt; Jung-Stilling äussert sich selbst dazu nicht) und wirkt sehr vertraulich

Ein jeder Christ, der in die Seligkeit eingeht, empfängt von GOtt einen neuen Namen, siehe Offenbarung 2, 17 sowie (Johann Heinrich Jung-Stilling:) Die Siegsge-schichte der christlichen Religion in einer gemeinnüzigen (so!) Erklärung der Offenba-rung Johannis. Nürnberg (Raw’sche Buchhandlung) 1799, S. 89. – Der besondere Na-me, mit dem Jung-Stilling im Jenseits beschenkt wurde, ist Ohephiah (= der GOtt liebt). Siehe [Christian Gottlob Barth:] Stillings Siegesfeyer. Eine Scene aus der Geisterwelt. Seinen Freunden und Verehrern. Stuttgart (Steinkopf) 1817.

3 Jung-Stilling litt sehr unter einer dauernden geldlichen Schuldenlast, die er seit sei-nem Medizinstudium schleppen musste. Erst im Jahre 1801 wurde er (durch Schen-kung einer Patientin in Winterthur) schuldenfrei.

Siehe Gustav Adolf Benrath: Jung-Stilling, in: Karl Corino (Hrsg.): Genie und Geld. Vom Auskommen deutscher Schriftsteller. Nördlingen (Greno) 1987, S. 137 sowie Alfred Marenbach: Jung-Stilling, die Bücherpreise und sein Honorar. Ein Versuch, in: Erich Mertens (Hrsg.): Auf den Spuren von Jung-Stilling. Studien zu Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817). Freundesgabe für Alfred Klose zum 70. Geburtstag. Siegen (Jung-Stilling-Gesellschaft) 1998, S. 187 ff.

4 Gemeint ist die “Basler Mission”. Sie wurde im Jahre 1815 gegründet und hat sich für die Ausbreitung des Christentums grosse Verdienste erworben. – Siehe ausführlich Wilhelm Schlatter und Hermann Witschi: Geschichte der Basler Mission, 5 Bde. Basel (Basileia) 1916–1970 sowie übersichtlich Paul Jenkins: Kurze Geschichte der Basler Mission. Basel (Basler Mission), 1998 (Texte und Dokumente [der Basler Mission], Bd. 11).

Am 1. Jänner 2001 ging die Basler Mission in die “mission21” auf, einer Grün-dung aus dieser zusammen mit vier anderen Missionsgesellschaften. Ein fast überall bekannter, tief eingefahrener, gar weltweit verwurzelter und allerwärts hoch geachteter Name verschwand: Musterbeispiel einer Marketing-Torheit und Zeugnis der Herrschaft der Unvernunft in hoch besetzten Entscheidungs-Gremien zu Basel!

5 In raurikiarisch-barbarischer Hemmungslosigkeit stürmte der “re-formierte” Mob an Aschermittwoch 1529 das Marien-Münster zu Basel und befreite es gründlich von “pa-pistischem Blendwerk”. Auf zwölf Scheiterhaufen wurden alle, teilweise kostbar gestick-ten und goldfadendurchwirkten Messgewänder, alle Paramente, alle Bilder, sämtliche Statuen und andere Kunstwerke unter ermunternden Zurufen der Prädikanten verbrannt und zertrümmert. –

Die Rauriker (auch: Rauraker) waren eine kleine keltische Völkerschaft südlich des Rheins um das heutige Basel und 58 v. Chr. Bundesgenossen der Helvetier gegen die Römer.

Geplünderte Stücke mit Metallwert (unter anderem eine damals weltweit bekann-te goldene Altartafel sowie eine goldene Rose) bewahrte man auf, bis 1833 bei der Tei-lung zwischen der Stadt Basel und der von ihr losgerissenen Landschaft die inzwischen vielfach wegen mangelnder Wartung und Pflege heruntergekommenen Gegenstände versteigert und buchstäblich in alle Welt – bis ins ferne Amerika – zerstreut wurden. –

Siehe Friedrich Fischer: Der Bildersturm in der Schweiz und in Basel insbeson-dere, in: Basler Taschenbuch, Bd. 1 (1850), S. 3 ff., Paul Roth: Eine Elegie zum Bilder-sturm in Basel, in: Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Bd. 42 (1943) sowie Eva Helfenstein: Der heilige Laurentius. Eine spätgotische Holzskulptur als Zeuge des Basler Bildersturms. Basel (Baumann & Cie Banqiers) 2005 (Basler Kostbarkeiten, № 26) und die dort jeweils angegebene Literatur. – Vgl. auch Lee Palmer Wandel: Vor-acious Idols and violent Hands. Iconoclasm in Reformation Zurich, Strasbourg, and Ba-sel, 2. Aufl. Cambridge (Cambridge University Press) 1995 (auch als Paperback 1999 erschienen) mit ausführlichem Literatur-Verzeichnis.

 

Prayer is the soul’s sincere desire,
Uttered or unexpressed;
The motion of a hidden fire
That trembles in the breast.

James Montgomery (1771–1854)

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